Demenzen: Prävention und Information

Zorneding · Darauf weist Neurologin Dr. Julia Hartmann zum Welt-Alzheimertag hin

Dr. Julia Hartmann. Foto: privat

Dr. Julia Hartmann. Foto: privat

Demenz kann viele Ursachen haben. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache und trotz anhaltender, intensiver Forschungsarbeit noch immer nicht heilbar. Umso mehr Bedeutung käme daher der Prävention zu, betont Dr. Julia Hartmann anlässlich des Welt-Alzheimertages am Samstag, 21. September.

Die Neurologin und Palliativmedizinerin mit Praxis in Zorneding berät in ihrer Demenzsprechstunde auch Angehörige oder klärt über medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien auf. Ihr liegt ein sorgsamer Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen und deren Angehörigen am Herzen.
Frau Dr. Hartmann, wie ist der aktuelle Wissenstand zum Thema Demenz-Prävention?
Dr. Julia Hartmann: Wir wissen heute, dass es neben dem Alter und der genetischen Veranlagung weitere Umstände gibt, welche die Wahrscheinlichkeit, eine dementielle Erkrankung zu erleiden, erhöhen. Dies sind insbesondere die Gefäßrisikofaktoren. Dazu zählen zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen. Wer hierunter leidet, riskiert, früher an einer Demenz zu erkranken. Die Symptome der Alzheimer-Krankheit treten nämlich früher und ausgeprägter auf, wenn zusätzlich Durchblutungsstörungen des Gehirns vorliegen.

Wie beugt man einer Demenz also am besten vor?
Dr. Hartmann: Die konsequente Behandlung und Vermeidung der genannten Gefäßrisikofaktoren ist wichtig. Es ist erwiesen, dass Menschen, die geistig, sozial und körperlich rege sind und sich ausgewogen ernähren, ihr Risiko für eine Demenzerkrankung senken. Dass Prävention wirkt, zeigt INVADE. Dies steht für Intervention gegen vaskuläre Hirnerkrankungen und Demenz im Landkreis Ebersberg und ist ein wissenschaftlich begleitetes Präventionsprojekt im Rahmen der hausärztlichen Versorgung. Die Pflegebedürftigkeit im Landkreis Ebersberg konnte nachweislich um zehn Prozent gesenkt werden.

Dem Thema Pflege messen auch Sie eine große Bedeutung zu?
Dr. Hartmann: Ja, denn für Menschen mit Demenz ist eine qualifizierte pflegerische Versorgung daheim und im Heim enorm wichtig. Eine kontinuierliche Begleitung im Verlauf der fortschreitenden Erkrankung ist ganz entscheidend. Der Pflegeberuf muss meiner Meinung nach deutlich attraktiver werden. Daher begrüße ich die von der Alzheimer Gesellschaft Ebersberg auf breiter Ebene angestoßene Diskussion zur Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für Pflegekräfte im Landkreis Ebersberg.

Was umfasst die Therapie einer Demenzerkrankung?
Dr. Hartmann: Die Behandlung von Demenzerkrankungen umfasst ein breites Spektrum, das idealerweise verbunden und koordiniert ist. Die Basis ist eine allgemeine medizinische Grundbehandlung mit dem Ziel einer möglichst guten körperlichen Verfassung des Betroffenen. Daneben gibt es die sogenannten Antidementiva, also Medikamente für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit. Bei ausgeprägten Verhaltensänderungen kommen manchmal auch andere Medikamente, zum Beispiel Neuroleptika, zum Einsatz. Allerdings gilt hier: Weniger ist mehr. Nicht-medikamentöse Angebote wie Logopädie für den möglichst langen Erhalt der Kommunikationsfähigkeit oder Krankengymnastik für Fitness und Alltagsfertigkeiten haben viel mit Lebensqualität zu tun. Dazu gehört natürlich auch ein einfühlsamer Umgang mit den an Demenz Erkrankten. Erfahrungsgemäß möchten die meisten Patienten zu Hause bleiben, sind aber im Verlauf der Erkrankung oft nicht mehr in der Lage, eine Arztpraxis aufzusuchen. Sie profitieren dann davon, dass ich unter bestimmten Voraussetzungen zu ihnen nach Hause komme.

Was bedeutet die Erkrankung für Angehörige?
Dr. Hartmann: Sie sind in vielfacher Weise von der Erkrankung mitbetroffen. Wie es ihnen geht, wird selten gefragt. Die Angehörigen haben nicht nur eine Menge Fragen rund um das Thema, sondern oft auch den Wunsch nach Entlastung. Ihre Beratung und Unterstützung sind mir sehr wichtig, daher verweise ich gerne auf die regionalen Alzheimer-Gesellschaften oder andere Beratungsstellen. Ein Austausch unter Betroffenen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen, kann hilfreich und entlastend sein. Informationen einzuholen ist schon beim Verdacht auf eine Demenz ratsam: Wer beunruhigt ist über seine kognitive Leistungsfähigkeit oder die eines Angehörigen, sollte darüber mit seinem Hausarzt sprechen. Dieser kann dann an einen Psychiater, Neurologen oder, für eine erweiterte Diagnostik, an eine Gedächtnisambulanz überweisen. Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist im Fall einer Demenz für Betroffene wie Angehörige gleichermaßen wichtig. Das gilt zum Beispiel auch für den Umgang mit Demenzbetroffenen: Dazu referiere ich im Rahmen des nächsten Treffens der Alzheimer Gesellschaft Ebersberg am Montag, 16. September, ab 18.30 Uhr im AWO-Seniorenzentrum „Gertrud-Breyer-Haus“ in Kirchseeon.

Artikel vom 12.09.2019
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