Hasan Ismaik fordert Rücktritte en gros

Rundumschlag im Investoren-Interview

Business as usual: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

Business as usual: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Ein in Los Angeles geführtes Interview der Abendzeitung mit Hasan Ismaik sorgt in München für Kopfschütteln. Darin fordert der Jordanier mit Geschäftssitz in Abu Dhabi die Vereinsvertreter – wieder einmal – zum Rücktritt auf und kritisiert ihr Wirken mit drastischen Worten. Ihre Ämter zur Verfügung zu stellen, hätten nach Meinung Ismaiks der gesamte neunköpfige Verwaltungsrat des Vereins, die Präsidiumsmitglieder Robert Reisinger, Heinz Schmidt und Hans Sitzberger sowie der amtierende kaufmännische Geschäftsführer der Profifußball-Tochter Michael Scharold.

Sie alle lassen seiner Ansicht nach die Leidenschaft für den Klub und Zukunftsvisionen vermissen. Mit Ausnahme von Ex-Präsident Peter Cassalette hätten sich zudem seit seinem Einstieg 2011 »mehrere Präsidenten, Funktionäre und Vereinsmitglieder« ihm gegenüber rassistisch gezeigt. Belege für seine Behauptung bleibt Ismaik im Interview schuldig, bekräftigt aber, es handele sich dabei um eine Tatsache. Wörtlich heißt es: »Ich fordere Reisinger, das ganze Präsidium, den Verwaltungsrat und Geschäftsführer Michael Scharold auf: Sie sollen alle zum Wohle von 1860 zurücktreten.«

Wer ihn kenne, so Ismaik, der wisse: »Ich akzeptiere keine Niederlage!«. Und weiter: »Ich muss aus dem Investment bei den Löwen mit einem Sieg herauskommen.« Ob ein Verkauf seiner Anteile mit Gewinn ein Sieg für ihn wäre? Ismaik: »Das ist nicht das Thema. Ich kann auch warten bis die 50+1-Regel fällt.« Diese gilt dem Gesellschafter der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA bekanntermaßen als ein Hemmnis, das er gerne beseitigt sähe. Er behalte sich vor, dagegen zu klagen, erklärt Ismaik im Interview und fragt den Reporter der AZ: »Ich werde die Gesetze akzeptieren, aber ist es gerecht, dass ich für eine Klage den Verein brauche?«

Damit spricht der Klubinvestor erstmals aus, dass es ihm offenbar bislang an der erforderlichen Klagebefugnis fehlt. Viele Verfahrensarten kennen die Klagebefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung. Sie bedeutet, dass die Klage bei fehlender Klagebefugnis abgewiesen wird, ohne dass überhaupt zur Sache verhandelt wird. Sowohl den letzten Wahlen zum Verwaltungsrat des Vereins wie auch den jüngsten Wahlen zum Präsidium des TSV 1860 München waren harte, von investornahen Kandidaten mit aggressiver Rhetorik geführte Wahlkämpfe vorausgegangen. Sie erscheinen rückblickend vor dem Hintergrund der fehlenden Klagebefugnis Ismaiks noch einmal in einem anderen Licht.

Ismaik hält es in seinen Worten zudem für »eine Schande«, dass seine regelmäßigen Social-Media-Postings zu klubpolitischen Themen nur auf geringes Echo stoßen. Zuletzt hatte Ismaik sich via Facebook an die Stadt München und Oberbürgermeister Dieter Reiter gewandt, um öffentlich zu erklären, er habe kein Interesse an einem möglichen Ausbau des Grünwalder Stadions. Stadtverwaltung und Politik sollten ihm stattdessen bei der Suche nach einem Grundstück für einen Neubau behilflich sein. Bei der Diskussion im Stadtrat zur Machbarkeitsstudie fanden jedoch weder Ismaik namentlich noch sein Vorstoß inhaltlich auch nur Erwähnung. Der Investor glaubt zu wissen, woran das liegt. Er hält »Verstrickungen der Münchner Politik« für ursächlich dafür.

Der Rundumschlag Ismaiks im Interview trifft so ziemlich jeden im Umfeld des Klubs. Von Präsident Reisinger (Ismaik: »Was glaubt er, wer er ist?«) über Geschäftsführer Scharold (Ismaik: »Ein liebenswerter Mensch, wir haben ihn damals geholt. Aber er ist ein Buchhalter, kein Geschäftsführer«) bis zum Haupt- und Trikotsponsor »Die Bayerische« (Ismaik: »1860 braucht kein Konsortium, sondern leistungsstarke Unternehmen«). Auch für die Ultra-Fans der Münchner Löwen hat Ismaik eine Botschaft. Sie möchten sich doch bitte an den Ultras des FC Bayern ein Beispiel nehmen, denn diese würden »die Partner ihres Vereins« niemals so »respektlos behandeln«, wie er sich behandelt fühlt. Überhaupt wünsche er in München »mit Anstand und Respekt empfangen zu werden«. Das sei derzeit nicht der Fall, weshalb er auf Besuche verzichte. Zu einem Meisterschaftsspiel im Jahr 2018 habe er kommen wollen, »aber meine Sicherheitsleute meinten, es sei zu gefährlich«.

Allein Trainer Daniel Bierofka findet Gnade vor den Augen Ismaiks: »Neben seiner sportlichen Kompetenz ist er ein herzensguter, erfolgsorientierter und strebsamer Mensch (…) und daher will ich ihn nochmal unterstützen.« Den ersehnten zusätzlichen Stürmer will Ismaik finanzieren (»Ich werde für die Verpflichtung dieses Spielers aufkommen«). »Vielleicht merken noch einige Menschen, dass ich nicht der böse Onkel aus Abu Dhabi bin, sondern ein Löwe mit Leib und Seele.« Weshalb er nicht einfach die Wandlung seiner Alt-Darlehen vornimmt, damit der Klub die gebildete Rücklage für bevorstehende Strafzahlungen an den Verband auflösen kann und den gewünschten Stürmer selbst finanzieren, verrät das Interview (www.abendzeitung-muenchen.de) nicht.

(as)

Artikel vom 19.08.2019
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