Die Bücher, die aus dem Feuer kommen

Lesung gegen das Vergessen der Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933

In München gibt es am 10. Mai mehrere Veranstaltungen, so auch Lesungen am Odeonsplatz vor der Theatinerkirche (auf dem Foto: Gerd Schmitt-Thiel). Foto: privat

In München gibt es am 10. Mai mehrere Veranstaltungen, so auch Lesungen am Odeonsplatz vor der Theatinerkirche (auf dem Foto: Gerd Schmitt-Thiel). Foto: privat

München-Altstadt-Freimann · Eine Lesung gegen das Vergessen, zur Erinnerung und zur Mahnung - Der 10. Mai 1933 war für viele Menschen in Deutschland ein lebensentscheidender Schicksalstag. Von heute auf morgen verloren sie ihre Lebensgrundlage.

Denn am 10. Mai 1933 verbrannten Professoren und Studierende auf lodernden Scheiterhaufen Bücher von Hunderten von Autoren. Deutschlandweit organisierten die Nazis diese Feuer auf großen Plätzen – wie in München auf dem Königsplatz – als „Gesamtaktion“ gegen den intellektuellen „Zersetzungsgeist“.

In vielen Orten in Deutschland werden am Freitag, 10. Mai daher Lesungen organisiert. Die Lesungen aus den „verbrannten Büchern“ finden am Odeonsplatz von 12 bis 14.30 Uhr statt.

Denn da, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen, warnte schon Heinrich Heine. Etwa 25 kurze Beiträge mit ganz unterschiedlichen Inhalten sind zu hören: mal fröhliche, mal ironische, lustig-komische oder dramatische Zitate von verbrannten Schriftstellern wie Bertolt Brecht, Erich Kästner, Mascha Kaléko, Erich Mühsam und Kurt Tucholsky. Eine vollständige Liste der Lesenden ist auf www.buecherlesung.de zu finden. Der Eintritt ist frei und es gibt Bänke zum Sitzen vor der Bühne.

Initiator und Verantwortlicher Organisator ist Gerhard Schmitt-Thiel, in Zusammenarbeit und mit Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München. Ihm zur Seite stehen das Paul Klinger Künstlersozialwerk und der Verein Mohr-Villa Freimann sowie Global Understanding e.V.

Interview mit Gerd Schmitt-Thiel:

Welchen Sinn macht es, nach 86 Jahren durch eine öffentliche Lesung an die Bücherverbrennung von 1933 zu erinnern?

Gerd Schmitt-Thiel: Bücher zu verbrennen gehört wohl zu den schändlichsten und schädlichsten Aktionen totalitärer Regime, die es seinen Künstlern antun kann. In vielen Ländern Europas ist in der letzten Zeit ein starker Rechtsruck in den politischen Parteien zu beobachten. Erinnern wir uns an die Warnung von Erich Kästner, dessen Bücher 1933 auch verbrannt wurden: „Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten - Die Lawine hält keiner mehr auf“

Warum beteiligt sich die Mohr-Villa an der Leseaktion?

Gerd Schmitt-Thiel: Die Mohr-Villa ist ein engagiertes Kulturzentrum in Freimann. Sie hat meine Lesungen von Beginn an durch personelle Unterstützungen begleitet, kümmert sich um die Pressearbeit und organisiert auch eigene Veranstaltungen zu diesem Thema.

Was waren besondere Momente im Rahmen der Lesungen?

Gerd Schmitt-Thiel: Es gab viele besondere Momente. Besonders war ein Auftritt von Dieter Hildebrandt, der mit seiner bekannt-markanten Stimme extrem laut mit provokanten Aufrufen weit über den Odeonsplatz zu hören war, so dass viele unbeteiligte Menschen verdattert stehen blieben. Sehr bewegend sind für mich auch immer wieder die Beiträge von Studierenden, aber auch ganz besonders die Beiträge von sehr jungen Schülerinnen und Schülern aus der Mittelschule an der Situlistraße, die sich ernsthaft und voller Empathie oft zum ersten Mal mit dem Thema auseinandersetzen – Erinnerungskultur pur ...

Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei, Spenden willkommen.

Info: www.buecherlesung.de Mohr-Villa, 089 324 32 64, treffpunkt@mohr-villa.de www.mohr-villa.de

Artikel vom 07.05.2019
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