Franziska Niedermayr blickt auf 106 Lebensjahre zurück

Kirchseeon · Über eine, die niemals aufgab

Geburtstagskind Franziska Niedermayr (mitte) mit ihrer Tochter Rosemarie, Urenkelin Johanna und Enkel Thomas (hinten von links). Außerdem gratulierten Barbara Burgmayr-Weigt (vorne links) und Magdalena Föstl (vorne rechts). F: Stefan Dohl

Geburtstagskind Franziska Niedermayr (mitte) mit ihrer Tochter Rosemarie, Urenkelin Johanna und Enkel Thomas (hinten von links). Außerdem gratulierten Barbara Burgmayr-Weigt (vorne links) und Magdalena Föstl (vorne rechts). F: Stefan Dohl

Kirchseeon · Sie ist eine der letzten Zeitzeuginnen aus einer längst vergangenen Zeit. Franziska Niedermayr erblickte im Deutschen Kaiserreich am 13. März 1913 - einem Donnerstag - in Gelsenkirchen das Licht der Welt. Letzte Woche feierte sie im AWO-Seniorenheim in Kirchseeon im Beisein ihrer Familie ihren 106. Geburtstag.

Trotz ihres schlechten Gehörs und schwächer werdender Augen war die Jubilarin bei bester Laune. Ein Sekterl ließ sie sich zu ihrem Ehrentag ebenso gut schmecken, wie eine Scheibe Leberkas bei der anschließenden Brotzeit.

Drei nachfolgende Generationen aus der Familie Niedermayr zählten zu den Gratulanten: ihre Tochter Rosemarie, mittlerweile selbst 77, ihr Enkel Thomas und ihre Urenkelin Johanna. Die stellvertretende Landrätin Magdalena Föstl, Barbara Burgmayr-Weigt, 2. Bürgermeisterin Kirchseeons, und Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger überbrachten Blumensträuße und ein Geschenk des Ministerpräsidenten. Eine Frage stellt sich natürlich gleich. Wie erreicht man so ein stolzes Alter? "Durch arbeiten, arbeiten, arbeiten" sagt die 106-Jährige.

Und untätig war sie in ihrem langen Leben selten. Bis ins hohe Alter wohnte Franziska Niedermayr eigenständig in ihrer Wohnung am Fuchsweg in Baldham. Erst nach einem schweren Sturz zog sie im 102. Lebensjahr schließlich nach Kirchseeon ins Altenheim.

Als Niedermayr vor 106 Jahren geboren wurde, stand Europa an der Schwelle zum Ersten Weltkrieg. Während auf den Schlachtfeldern Europas Millionen von Soldaten verbluteten, nahm auch Franziskas Leben eine tragische Wende. Im Alter von nur fünf Jahren wurde sie 1918 zur Vollwaise. Sie verließ das Ruhrgebiet und kam als Kind zu einer Pflegefamile nach Meran. Hier war sie fortan als Dienstmagd beschäftigt und fand ihre neue Heimat in den Bergen Südtirols. Eine arbeitsreiche aber glückliche Zeit, an welche sie noch immer gerne zurückdenkt.

1939 endete ihre Südtiroler Zeit. Grund war das sogenannte „Hitler-Mussolini-Abkommen“, das die deutschsprachigen Südtiroler vor die Wahl stellte, entweder ins Deutsche Reich auszuwandern oder als Italiener in Südtirol zu verbleiben. Im Alter von 26 Jahren kam Niedermayr über Innsbruck schließlich nach München. Hier durchlebte sie eine kurze, glückliche Zeit. Sie fand eine Anstellung als Verkäuferin und lernte die Liebe ihres Lebens kennen. 1941 heiratete Franziska Andreas Niedermayr. Im Folgejahr kam ihre Tochter Rosemarie zur Welt. Doch erneut schlug das Schicksal unerbittlich zu und zeriss ihr kleines Familienglück, als ihr Mann 1943 an der Ostfront in Russland den Tod fand.

Franziska Niedermayr musste daraufhin den Hof ihres Mannes in Harthausen verlassen und in Zeiten von Bombenkrieg, Vertreibung und Hungersnöten alleine ihre kleine Tochter groß ziehen.

Zum Glück hat die Kleinfamilie diese entbehrungsreiche Zeit gut überstanden. Franziska Niedermayr arbeitete über 20 Jahre am Münchner Stachus als Verkäuferin und verdiente so ihren Lebensunterhalt. In den 1970er Jahren kam die Familie in den Landkreis Ebersberg. Hier lebte Franziska Niedermayr, weitestgehend selbstständig, bis 2016. Seitdem erhält sie in Kirchseeon wöchentlich Besuch von ihrer immer größerer werdenden Familie. Neben ihrer Tochter gehören nun zwei Enkel, sechs Urenkel und zwei Ururenkel dazu. Zu ihrem 106. Geburtstag wünschte sich Franziska nur eines: "Gesundheit". Auf dass sie noch viele schöne gemeinsame Momente mit ihrer Familie wie in der letzten Woche verbringen kann. Stefan Dohl

Artikel vom 20.03.2019
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