Noch sind viele Fragen offen, doch grundsätzliches Interesse ist da

Grünwald · Diskussion um Isarbrücke

So könnte die neue Isarbrücke für Fußgänger und Radfahrer aussehen – zumindest nach der Expertise eines studentischen Teams der TU München. Grafik: TU München

So könnte die neue Isarbrücke für Fußgänger und Radfahrer aussehen – zumindest nach der Expertise eines studentischen Teams der TU München. Grafik: TU München

München/Grünwald · Bisher quälen sich Radfahrer und Fußgänger zwischen Pullach und Grünwald über die bestehende Isarbrücke, die zwischen Brückenwirt und unterhalb der Grünwalder Burg vor allem aber vom Autoverkehr dominiert wird.

Die TU München hat nun im Rahmen der Masterarbeit eines Studenten eine Studie entwickelt, wie und wo für Radler und Fußgänger ein eigenes, barrierefreies Brückenbauwerk über die Isar zwischen den beiden Gemeinden entwickelt werden könnte. Die Vorstellung der Projektidee, die auf einem Grünen-Antrag aus dem Jahr 2015 fußt, stieß jetzt in beiden Gemeinderäten auf großes Interesse.

Ein eigenes Brückenbauwerk für den unmotorisierten Verkehr ist deshalb seit vielen Jahren steter Wunsch der Menschen beiderseits des Flusses. Professor Oliver Fischer von der TU München und sein studentisches Team sind diesen Wünschen entschlossen näher getreten und haben Möglichkeiten eines solchen Brückenbaus im Rahmen einer Studienarbeit intensiv ausgelotet. Herausgekommen ist der Entwurf einer über 400 Meter langen, barrierefreien Bogenbrücke über die Isar.

Vier Querungsalternativen hatte Drilon Gubetini vom Lehrstuhl für Massivbau an der Technischen Universität München und das Team um Professor Fischer untersucht. Die am südlichsten gelegene Variante zwischen dem Kriegerdenkmal in Pullach und der Professor-Ernstperger-Straße auf Grünwalder Seite gefiel dem Expertenteam am besten. Grundsätzlich sei die Brücke aber auch auf weiteren Wegerouten möglich, so Fischer.

In beiden Gemeinderäten bedankte man sich für die Projekt-Mühen der Baufachmänner. Doch die Isar wird noch viel Wasser herunterfließen, ehe – wo auch immer – der erste Brückenpfeiler ins Hochufer gerammt und die Spannbauwerke an beiden Seiten errichtet werden. Der Grünwalder Gemeinderat jedenfalls will nach einstimmigem Votum erst einmal eine Bedarfsanalyse vorschalten und auch seine Bürger meinungsbildend mit ins Boot holen.

Die Pullacher Räte erteilten ihrer Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) einmütig die Erlaubnis, „Brücken-Gespräche“ mit ihrem Grünwalder Amtskollegen Jan Neusiedl (CSU) aufzunehmen. Während aber in Pullach das Wohlwollen über die Studie und ihre Inhalt dominierte, gab es in Grünwald auch viele kritische Stimmen besonders zur möglichen Standortwahl, zum Naturschutz und Ausgestaltung.

Auch die Kosten machten manchen Rat hellhörig. 15 bis 20 Millionen Euro könnte nämlich so ein Brückenbauwerk verschlingen. Da drängte sich bei manchem Rat in Grünwald durchaus die alternativ genannte Idee auf, eine weit kürzere, nur rund 50 Meter lange und mit geschätzten Kosten von rund 1 Million Euro weit günstigere Überführungslösung beim Isarkraftwerk zu vollziehen.

Wichtig ist gerade den Grünwaldern offenbar aber die Standortfrage. TU-Absolvent Gubertini hatten klar herausgearbeitet, dass nur die Konstruktion einer Bogenbrücke auf der südlichsten der vier Routen zwischen den genannten Anschlusspunkten im wahrsten Wortsinn auch „tragfähig“ sei. Schwingende Hängebrücken und andere Konstrukte hatten die Experten rasch verworfen.

Weitere Standortprüfungen weiter südlich, wie man sie sich insbesondere im Grünwalder Rat offenbar gewünscht hätte, wurden vom Expertenteam nicht unternommen. Zuviel Erosionsgefahr an den Uferhängen der Isar im südlicheren Bereich und insbesondere auf Pullacher Flur hatten Fischer, Gubetini und Co. hier ausgemacht. Zudem wäre ein Brückenschluss dort noch teurer, weil die Entfernungen zwischen beiden Uferseiten größer seien.

Grünwalds Gemeinderätin Ingrid Reinhart (Grüne), eine der Mitinitiatorinnen des Brückenschlags, war von der Präsentation angetan. „Die Idee von der Brücke für Fußgänger und Radler ist kein Hirngespinst“, unterstich sie. Unterstützung fand sie bei CSU-Rat Thomas Bühler. „Analysiert man Nutzen und Kosten sowie den Eingriff in die Natur, dann ist für mich die Bogenbrücke durchaus eine mögliche Lösung“.

Doch von anderen Räten im Grünwalder Rat kam auch viel Skepsis zum Tragen. „So ein Projekt muss erst viele, viele Jahre gären“, äußerte Thomas Lindbüchl (CSU). Es gebe noch „zu viele No Gos“ in der Planung. Fraktionskollege Alexander Steininger empfand das Vorhaben in der aufgezeigten Tendenz als schlicht „nicht realistisch“. Fraktionskollege Wolfgang Kuny störte sich an der möglichen, aus seiner Sicht unmöglichen Optik. „Undenkbar“ aus seiner Sicht sei aufgrund der räumlichen Nähe ein gleiches Höhenniveau von Brücken-Spannwerken und Grünwalder Burg.

Standort-Probleme mit der vonseiten der TU favorisierten Querungsbeziehung an der Professor-Ernstperger-Straße offenbarten im Grünwalder Rat fraktionsübergreifend mehrere Räte. „Da entsteht doch eine Brücke von der Diaspora Pullachs in die Diaspora Grünwalds“, kritisierte Matthias Schröder (FDP).

Weiter nördlich an der Ebertstraße, etwa beim Freizeitpark, sei eine bessere Alternative. Zudem seien bei der Expertise auch nicht die Wegebeziehungen zu Schulen und S-Bahnstationen auf Pullacher Seite gewürdigt worden. „Ich habe auch ein Problem mit diesem Standort“, gestand Joachim Zeppenfeld (SPD). Auch fehle ihm hier eine konkrete Nutzeranalyse. „Zu wenig Nutzer“ sah auch seine Fraktionskollegin Edith Wassermann als Problem.

Warum könne man nicht die bestehende Autobrücke zwischen Burg und Brückenwirt unten mit einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke erweitern? wollte Zeppenfeld wissen. Da könne man doch Synergien nutzen. „Technisch durchaus möglich, aber für die Optik im Isartal mit dann sehr viel Verbauung im Tal wohl eher problematisch“, lautete die Expertise von Professor Fischer.

Noch revolutionärer geriet der Ansatz von Thomas Bühler (CSU). Warum nicht mit der neuen Bogenbrücke die heutige Autobrücke ganz ersetzen? „Dann müssen sie das ganze Konstrukt in die gesamte Südring-Debatte mit aufnehmen“, warnte der Professor.

Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) gehörte ebenfalls zu den Kritikern einer allzu schnellen Lösung. Er wünschte sich eine „geeignetere Situierung“ – etwa auf Höhe der S-Bahn Höllriegelskreuth drüben in Pullach oder näher am Grünwalder Ortskern. Dazu gelte es die Notwendigkeiten des Naturschutzes zu beachten, so der Rathauschef. Wegen der Brutzeit der Vögel habe er vom Bund Naturschutz erfahren sei nur eine Winter-Brückenbaustelle möglich. „Machbar“, gab Professor Fischer zurück. „Dennoch ist eine Bedarfsanalyse unumgänglich“, beharrte Neusiedl. „Umfangreich und vorab die Bürger mit ins Boot holen“ lautete auch das Credo von Oliver Schmidt (PWG).

Sehr viel positiven Widerhall fand die Prüfung der „kleinen ÖLösung“ einer Querung am Pullacher Kraftwerk. Dafür und für einen dann schnellen „Klein-Brückenschluss“ könnten sich auf beiden Isarseiten vergleichsweise rasch deutliche Mehrheiten abzeichnen. Für die Bogenbrücke dagegen deuten sich noch schwierige Vorberatungen ab. Die Isar bleibt Dominante. Aber immerhin hat Drilon Gubetini seinen Studienabschluss und den Räten beiderseits des Wassers eine gute Grundlage geliefert. RedH

Artikel vom 13.03.2019
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...