Unter einem guten Stern

Gottesdienst am 1. Advent mit dem Herrnhuter Stern in der St.-Paulus-Kirche. Foto: oh

Perlach · In der Adventszeit leuchtet in der St.-Paulus-Kirche unterhalb des neugotischen Rippenbogens ein orangefarbener Herrnhuter Stern. Jeden Morgen geht eine von unseren Mitarbeiterinnen aus dem Pfarrbüro in die dunkle Kirche und schaltet die Lampe im Herrnhuter Stern an. Und jeden Abend gehe ich noch mal in die Kirche und sorge dafür, dass über Nacht die Kirche wieder dunkel ist.

Wer geschickt ist, kann diesen Herrnhuter Stern auch aus Papier basteln. Ein solcher Stern baumelt im Wohnzimmer unserer Familie das ganze Jahr. Er besteht aus einem „Rhomben-kub-okta-eder“ mit aufgesetzten drei- und vierseitigen Pyramiden. In der Herrnhuter Brüdergemeinde hatte ein Mathematiklehrer sich diesen Stern für das Üben und Einprägen geometrischer Berechnungen ausgedacht.

Und auch heute noch stehen mit mir handwerklich begabte Männer vor dem 1. Advent in der Kirche und studieren genau die Gebrauchsanweisung beim Zusammenbau von Grundkörper und Zacken. Vom Dachboden wird ein Kabel durchs Kirchendach gelassen und ein Stecker montiert. Das Einschalten erfolgt zum Glück über den Schaltkasten in der Sakristei. Sonst wäre es für unsere Mitarbeiterinnen vom Pfarrbüro auch jedes Mal eine sportliche Herausforderung, die Leiter durch das Einmannloch hinauf zum Glockenstuhl zu erklimmen.

Der Herrnhuter Stern ist übrigens nicht der einzige Stern in unserer Kirche. An der Orgel ist ein sogenannter „Zimbelstern“ angebracht. An Heilig Abend, wenn „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen wird, klingt er, als würden kleine Glöckchen bimmeln. Die St.-Paulus-Kirche im dörflich geprägten Stadtteil Perlach ist übrigens die älteste evangelische Kirche Münchens. Sie wurde 1849 von dem evangelischen Architekten der Grablege von Ludwig I., Georg Friedrich Ziebland, parallel zu St. Bonifaz geplant und gebaut. In Auftrag gegeben hatten die Kirche von Königin Caroline nach München geholte Pfälzer Einwanderer. Mangels Geld damals ist der Aufgang zum Dachstuhl der Kirche nicht gerade komfortabel, aber immerhin eine kleine Mutprobe für die Konfirmandinnen und Konfirmanden von St. Paulus.

Weihnachten steht unter einem guten Stern, nein, unter vielen guten Sternen, unter dem Herrnhuter Stern und dem Zimbelstern in der Kirche. Unter dem Zimtstern zu Hause. Harmonie für alle Sinne, Geschmack und Geruch, für Ohr und Auge. Nicht zu vergessen die Strohsterne am Weihnachtsbaum, die an das auf Stroh liegende Kindlein erinnern. Alle Sterne in diesen Tagen sind inspiriert vom Stern von Bethlehem, von dem der Evangelist Matthäus berichtet.

Stand das Leben Jesu unter einem guten Stern? Der Stern führt zwar die Gelehrten aus dem fernen Osten zum Stall mit dem Jesuskind. Aber der gute Stern war wohl phasenweise desorientiert. Warum lässt er die Männer einen Umweg gehen zu dem misstrauischen und gefährlichen König Herodes. Nur durch ihre Flucht nach Ägypten entgeht die Heilige Familie seiner Verfolgung. Verfolgt und am Kreuz zu Tode gebracht wurde Jesus später. Dazu erzählt der Evangelist Matthäus, dass unser Stern, die Sonne, sich verfinsterte.

Aber auch durch die Finsternis hindurch steht Jesu Leben unter einem guten Stern. Der Dichter und Pfarrer Kurt Marti spielt in einem Gedicht mit dem Wort Ostern und beginnt es so: „ostern o stern“. Ostern ist unser aller guter Stern, unter dem wir leben. Und ein weiteres schlichtes Wortspiel, das uns diese Botschaft einprägt, dieser Stern leuchtet auch im Fin-stern. Und wo wir schon dabei sind: Auch in meinem Ge-stern leuchtet der Stern, und so ist es mit Morgen. In manchen Chorälen besingen wir den Morgen-Stern.

An Weihnachten sehen wir in den vielen Lichtern und Sternen auf den einen Stern von Bethlehem, auf Jesus Christus, das Licht der Welt.

Ihnen wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr 2019.
Ihre Pfarrerin, Susanne Trimborn

Artikel vom 24.12.2018
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen

Südost-Kurier (weitere Artikel)