Neuer Roman der Ottobrunner Autorin Ruth Eder

Ottobrunn · »Alles geht kaputt durch Krieg«

Ruth Eder (l.) und ihre Verlegerin Karin Timme bei der Frankfurter Buchmesse, auf der Eder eine Lesung hielt.	F.: privat

Ruth Eder (l.) und ihre Verlegerin Karin Timme bei der Frankfurter Buchmesse, auf der Eder eine Lesung hielt. F.: privat

Ottobrunn · Der neue Roman der Ottobrunner Autorin und Journalistin Ruth Eder ist ganz anders als seine heiteren Vorgänger. Im Mittelpunkt steht ein amerikanischer Kampfpilot, der traumatisiert aus dem Vietnamkrieg zurückkehrt.

Mein Ottobrunn sprach mit Ruth Eder über ihren Anti-Kriegsroman, den sie allen Kriegsinvaliden widmet.

MO: Frau Eder, wieviel Autobiographisches enthält Ihr neuer Roman?

Ruth Eder: Das Buch hat autobiographische Züge. Wie Don im Roman war mein erster Mann amerikanischer Kampfpilot; wir haben uns kennengelernt, da war ich 19. Vieles von dem, was Judith im Buch als junge Ehefrau eines Soldaten erfährt, habe ich selbst erlebt. Auch ich habe Briefe über schreckliche Erlebnisse von der Front erhalten. Durch meinen Mann hatte ich viel Kontakt zu Vietnam-Veteranen.

MO: Wie lange haben Sie zum Schreiben gebraucht?

R.E.: Ich habe über ein Jahr täglich intensiv an der Geschichte geschrieben. Ich war oft so versunken, das war fast unheimlich. In diesem Zustand esse ich nichts, trinke nichts und habe feuerrote Backen. Auf neudeutsch würde man sagen, dass ich im »flow« bin.

MO: Wo gibt es im Roman Unterschiede zu Ihrer eigenen Geschichte?

R.E.: Ab der zweiten Hälfte ist der Roman erfunden; ich wollte bewusst eine andere Story. Während ich wieder geheiratet habe, wurde Judith bei einem One-Night-Stand schwanger. Ich bekam meine Tochter mit 34 und lebte mit meiner Mutter und meiner Oma unter einem Dach.

Die Geschehnisse in Finnland sind frei erfunden; ich selbst war noch nie dort. Interessanterweise sagen viele, dass das Finnland-Kapitel am stärksten sei. Dagegen ist das Kapitel über den Tod meiner Oma durch und durch authentisch. Auch der Brief meines Opas aus dem ersten Weltkrieg mit erschütterndem Inhalt ist echt.

MO: Weshalb haben Sie den Roman gerade jetzt geschrieben?

R.E.: Im vergangenen Jahr sind zwei sehr enge Freunde in meinem Alter gestorben. Ich wollte diesen Roman schon länger schreiben; und diese Todesfälle haben es noch dringlicher gemacht: Ich will diese Geschichte nicht mit ins Grab mitnehmen.

MO: Diesen Roman zu schreiben, war Ihnen sehr wichtig. Welche Botschaft möchten Sie Ihren Lesern mitgeben?

R.E.: Alles geht kaputt durch Krieg! Das Posttraumatische Syndrom, das viele Soldaten vom Krieg mitbringen, wird immer noch totgeschwiegen. In den USA gibt es mittlerweile Statistiken: 90 Prozent aller älteren Obdachlosen waren in Vietnam; 90 Prozent aller jüngeren Obdachlosen waren im Irak oder in Afghanistan. Ich habe gehört, dass es in Deutschland eine Vereinigung für kriegsgeschädigte Soldaten geben soll, zu der ich Kontakt aufnehmen möchte. Vielleicht können wir zusammen Lesungen machen.

MO: Momentan stehen einige Lesungen auf Ihrem Plan. Arbeiten Sie schon an einem neuen Buch?

R.E.: Dieser Roman war ein enormer Kraftakt, der mich bis ins Tiefste bewegt hat. Zur Erholung habe ich einen heiteren Roman angefangen: Mit 70 hat man noch Träume.

MO

Artikel vom 28.11.2018
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...