Mit Haidhausen verbunden

Haidhausen · Gedenktafeln für jüdische Brauereifamilie Schülein enthüllt

Kulturreferent Hans-Georg Küppers (re.) enthüllte die Gedenktafel für die jüdische Brauereifamilie Schülein. Hermann Wilhelm (Mitte) vom Bezirksausschuss Au-Haidhausen hatte sich mit dafür eingesetzt. Bildhauer Toni Preis (li.) gestaltete die Tafel. F:bs

Kulturreferent Hans-Georg Küppers (re.) enthüllte die Gedenktafel für die jüdische Brauereifamilie Schülein. Hermann Wilhelm (Mitte) vom Bezirksausschuss Au-Haidhausen hatte sich mit dafür eingesetzt. Bildhauer Toni Preis (li.) gestaltete die Tafel. F:bs

Haidhausen · Das Unionsbräu in der Einsteinstraße dürfte den meisten Haidhausern ein Begriff sein, die Geschichte der Gründerfamilie Schülein wohl weniger. Zunächst als erfolgreicher Unternehmer und Wohltäter angesehen, dann wegen seines jüdischen Glaubens ausgegrenzt, emigrierte Hermann Schülein in die USA. Jetzt erinnern zwei Gedenktafeln an das Schicksal der Schüleins. Enthüllt wurden sie am geschichtsträchtigen 9. November.

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Als Nachbarn einfach verschleppt wurden

Genau 80 Jahre nach dem Schrecken der Pogromnacht, euphemistisch oft als "Reichskristallnacht" bezeichnet, kamen in Haidhausen Politiker, Künstler, Schüler und Nachbarn zusammen, um den Menschen zu gedenken, die zu Opfern des Rassenwahns der Nationalsozialisten wurden. Schüler der Mittelschule an der Wörthschule verlasen die Namen der über 1000 jüdischen Mitbürger aus Au und Haidhausen, die im November 1938 ermordet, ins KZ Dachau verschleppt oder in den Suizid getrieben wurden. "Menschen aus der Nachbarschaft sind damals einfach verschwunden", betonte Adelheid Dietz-Will, Vorsitzende des Bezirksausschusses Au-Haidhausen (BA 5), die von einem "Schicksalstag für Deutschland" sprach.

Dass selbst großes gesellschaftliches Engagement keinen Schutz vor den Nazis bot, zeigt das Schicksal der Familie Schülein. An dieses erinnern nun zwei Gedenktafeln in der Einsteinstraße 42, darunter eine große am ehemaligen Hauptgebäude der Unionsbrauerei im Hinterhof. 1885 hatte Josef Schülein das Areal an der heutigen Einsteinstraße (damals Äußere Wiener Straße) erworben und die "Unionsbrauerei Schülein & Co." gegründet. 1921 erfolgte die Fusion mit Löwenbräu, Schüleins Sohn Hermann wurde Vorstandsvorsitzender. Die Familie war stark mit Haidhausen verbunden, engagierte sich im Viertel stark im sozialen und kulturellen Bereich.

Doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Schüleins wegen ihres jüdischen Glaubens systematisch aus ihren Ämtern und Funktionen gedrängt. Wie die Diskriminierung im Laufe der Jahre zunahm, belegte Hermann Wilhelm, Gründer des Haidhausens-Museums, eindrucksvoll, indem er aus zeitgenössischen Briefen des Finanzamts zitierte. Waren diese zunächst an "Herrn Brauereidirektor Hermann Schülein" adressiert, wandelte sich die Anrede bald in "Herrn Hermann Israel Schülein". Am Ende waren die Schreiben an "den Juden Schülein" gerichtet. Hermann Schülein verließ Deutschland 1936. Auch in den USA sollte er als Brauereiunternehmer Erfolg haben. Sein Vater Josef starb am 9. September 1938. Seiner Heimat blieb Hermann Schülein zeitlebens verbunden: Nach dem Krieg schickte er Care-Pakete und unterstützte den Wiederaufbau Münchens.

Ein geschichtsträchtiger Ort

Das Brauereigebäude in der Nähe des Max-Weber-Platzes steht heute unter Denkmalschutz. Der Ort sei für Haidhausen und ganz München geschichtsträchtig, meinte Kommunalreferentin Kristina Frank. Durch die Tafeln, die der Bildhauer Toni Preis gestaltet hat, soll das Anwesen für immer mit der Familie Schülein verbunden bleiben. Jahrelang hatte sich der BA 5 für die Tafeln eingesetzt, vor allem Hermann Wilhelm, der ein Buch über die Schüleins verfasst hat. 2015 beschloss der Stadtrat, künftig mit Stelen und Wandtafeln an die Opfer der Nazis zu erinnern, um den Verfolgten einen Namen und ein Gesicht zu geben. Schließlich steckt hinter jedem Namen ein menschliches Schicksal, ein weggenommenes Leben. Benjamin Schuldt

Artikel vom 14.11.2018
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