Erinnern für den Frieden

Die Spendensammler der Deutschen Kriegsgräberfürsorge sind unterwegs

Damit die Soldatengräber, die vom Volksbund der Deutschen Kriegsgräberfürsorge auch weiterhin gepflegt aussehen, sind Freiwillige wie Herbert Scholl wie hier am Futa-Pass im Einsatz. Foto: VA

Damit die Soldatengräber, die vom Volksbund der Deutschen Kriegsgräberfürsorge auch weiterhin gepflegt aussehen, sind Freiwillige wie Herbert Scholl wie hier am Futa-Pass im Einsatz. Foto: VA

Unterhaching-Oberhaching-Miesbach · Noch bis zum 4. November finden die Haus- und Straßensammlungen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräber-Fürsorge e.V. im Landkreis Miesbach und im Landkreis München statt. Mit von der Partie ist auch der Miesbacher Herbert Scholl, der sich für die wichtige Sache mit viel Herzblut engagiert.

Seit vielen Jahren sammelt er gemeinsam mit anderen Reservisten-Kameraden vor allem am 1. November auf den großen Friedhöfen in Schliersee Geld für die gute Sache. Darüber hinaus begleitet er seit rund 15 Jahren die Fahrten des Volksbundes, da die Soldaten-Friedhöfe, die in ganz Europa verstreut liegen, nicht nur Geldspenden, sondern auch Pflege brauchen. „Wir unterstützen bei diesen Einsätzen die hiesigen Friedhofsgärtner bei ihrer Arbeit“, erklärt Herbert Scholl. Der Kontakt zu Einheimischen ist dabei ausdrücklich gewünscht und Teil der Aufgabe. Der Dialog soll eine Brücke bauen zwischen den Menschen und Völkern. Viele bewegende Treffen habe es während dieser Arbeitseinsätze gegeben, erinnert er sich.

Bei einem Besuch auf einem Soldatenfriedhof in der Normandie haben er und seine Kameraden einen französischen Geschichtslehrer getroffen, der mit seinen Schülern im Rahmen des Unterrichts über den 2. Weltkrieg den Soldatenfriedhof besuchte. Zwischen den Schülern, dem Lehrer und den ehrenamtlichen Helfern entstanden intensive Gespräche über die Schrecken des Krieges, ein Erlebnis unter vielen, das sich eingebrannt hat in Herbert Scholls Gedächtnis. Der gemeinsame europäische Gedanke gewinnt in Anbetracht der vielen viel zu früh gefallenen Menschen enorm an Bedeutung, betont Herbert Scholl. Auch an einen österreichischen Offizier erinnert er sich, der im Zuge eines Besuchs eines Soldatenfriedhofs im ehemaligen Ostblock, erstmals am Grab seine Vaters stehen konnte. „Der Mann hatte seinen Vater nie kennengelernt, für ihn war das ein bewegender Moment, ihm zumindest so nahe sein zu können“, schildert Herbert Scholl seine Erlebnisse.

Die Pflege der rund 830 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten kostet Geld, die staatlichen Zuschüsse reichen bei weitem nicht aus. Man schätzt, dass in diesen Grabstätten rund 2,7 Millionen Opfer der beiden Weltkriege ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Am Volkstrauertag, 18. November, wird bayernweit gemeinsam mit den Kommunen und Pfarreien vor Ort der Gefallenen der Weltkriege gedacht. Die Arbeit des Volksbunds Deutscher Kriegsgräber-Fürsorge soll daran erinnern, welche schrecklichen Folgen kriegerische Auseinandersetzungen haben und damit zum Frieden gemahnen. Das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt von damals und heute wach zu halten ist das erklärte Ziel, den Frieden ist kostbar und leider bis heute keine Selbstverständlichkeit.

Dennoch wird es immer schwieriger Geld für diese wichtige Arbeit zu sammeln, weil viele um die Bedeutung der Arbeit nicht mehr wissen. Um die Bevölkerung auf die Arbeit und was dahinter steckt, aufmerksam zu machen, fährt auch jedes Jahr eine Delegation des Volksbundes an eine der Kriegsgräberstätten, um aufzuzeigen, wozu das Geld der Spender verwendet wird. Der Grafinger Otto Hartl, ebenfalls engagierter Sammler und Mitarbeiter des Volksbundes, begleitet eine Reise nach Bulgarien. Der Volksbund bemüht sich damit, die Geschichten hinter den Grabsteinen sichtbar zu machen, die Verstorbenen dem Vergessen zu entreißen. Zu diesen, meist jungen Männern, die viel zu früh ihr Leben lassen mussten, gehört Johannes Uhlig: Es ist der 16. April 1941, ein Kampfflugzeug vom Typ Ju 88A der Luftwaffe des Deutschen Reiches wird über griechischem Territorium von der dortigen Flugabwehr angeschossen. Die zweimotorige Maschine mit vier Mann Besatzung wird schwer getroffen und kommt in Schwierigkeiten, ein Absturz ist nicht zu vermeiden.

Nach etwa 20 Minuten kommt die schwer getroffene Maschine in einem unwegsamen bewaldeten Gelände im Südwesten Bulgariens in den Ausläufern des Piringebirges zum Absturz, genau am 29. Geburtstag von Pilot Johannes Uhlig. Auch diese Delegation stand im engen Kontakt zur hiesigen Bevölkerung, die sich unterm Jahr um die Grabstelle kümmert. In dem kleinen nahe liegenden Dorf Roshen, in dem nur wenige Menschen leben, sahen die Einwohner einen Feuerball und aufsteigenden Rauch an der Absturzstelle. „Einige Tage nach dem Absturz kamen deutsche Soldaten auf Pferden. Ich kann mich noch gut erinnern, denn sie schenkten uns Kindern Süßigkeiten“ erinnerte sich Iwan Kadiev. „Die Soldaten haben die Überreste der vier toten Flieger geborgen und an der Absturzstelle begraben.

Die Kinder aus dem Dorf spielten mit Wrackteilen der Maschine und aus den Fallschirmen haben die jungen Frauen im Dorf Mützen geschneidert.“ Iwan Kadiev und Blagoika sind die Eltern von Ludmilla Karaiwanowa, die aus dem Dorf Rohsen stammt und seit 1998 Jugendbegegnungen in der Region betreut und deutsche Soldatenfriedhöfe pflegt und die Gräber schmückt. Auch Baba Lenka, die älteste Bewohnerin im Dorf erzählte 1998, dass sie sich noch genau erinnern kann, „...da ich in diesem Jahr geheiratet habe und mein Mann zum Militär musste. Wir hörten ein ungewöhnliches Geräusch wie ein Donnerschlag und dann stieg hinter den Hügeln Rauch auf, der Wald brannte, es war ein schreckliches Erlebnis. Das Grab der vier Soldaten geriet später fast in Vergessenheit, die Einwohner des Dorfes haben es aber doch immer wieder freigelegt und geschmückt“.

Es gibt noch viele Geschichten wie diese, was es auf lange Sicht braucht sind Mitstreiter und Spender, um die Schrecken des Krieges nicht verblassen zu lassen. hw/oh

Artikel vom 30.10.2018
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