Revolutionäre Zeiten

Neue Sonderausstellung im Museum der Stadt Grafing

Archiv- und Museumsleiter Bernhard Schäfer eröffnet am kommenden Donnerstag die neue Sonderausstellung über die Revolution 1918/19 in Bayern.	Foto: Stefan Dohl

Archiv- und Museumsleiter Bernhard Schäfer eröffnet am kommenden Donnerstag die neue Sonderausstellung über die Revolution 1918/19 in Bayern. Foto: Stefan Dohl

Grafing · Wer denkt, das Wahlergebnis bei der Landtagswahl am Sonntag kommt einer »politischen« Revolution gleich, relativiert seine Meinung wahrscheinlich bei einem Blick in die Geschichtsbücher. Oder eben ins Grafinger Museum. Am Donnerstag, 25. Oktober, um 19.30 Uhr findet hier die Eröffnung der Sonderausstellung »Das Alte stürzt, es ändern sich die Zeiten« statt.

Die Ausstellung kann bis zum 10. Februar besucht werden und thematisiert ein spannendes Kapitel der bayerischen Vergangenheit: Denn vor nunmehr 100 Jahren ereignete sich im damaligen Königreich Bayern eine bis heute unvergleichbare Revolution, als der »Freistaat Bayern« proklamiert wurde und mit der Absetzung Ludwig III. die 738 Jahre währende Herrschaft der Wittelsbacher Dynastie endete. Doch wie konnte es dazu kommen? Ein Rückblick: Wir schreiben das Jahr 1918. Das Deutsche Reich steht vor den Scherben eines verlorenen Weltkrieges.

In Bayern herrschen Hungersnöte, Krisenstimmung und Desillusionierung, ob des verlorenen Krieges. Seit Kriegsbeginn im August 1914 waren rund 200.000 Bayern gefallen oder vermisst, Hunderttausende wurden verwundet und litten teilweise ein Leben lang an den Folgen. Kaiser Wilhelm II und der bei vielen als »preußenfreundlich« geltende bayerische König Ludwig III. hatten ihre Autorität eingebüßt. Genauso wie die das Kaiserreich tragenden Eliten des Landes.

Am 7. November 1918 veranstalteten die SPD, Gewerkschaften und die USPD eine Friedenskundgebung auf der Münchner Theresienwiese, der sich etwa 60.000 Demonstranten anschlossen. Am selben Abend rief Kurt Eisner in der ersten Sitzung der Arbeiter- und Soldatenräte im Mathäserbräu die Republik Bayern als Freistaat aus und erklärte das herrschende Königshaus der Wittelsbacher für abgesetzt. Der König und seine Familie mussten am selben Abend unerkannt die Stadt verlassen. Am 11. November erfolgte die Unterzeichnung des Waffenstillstandabkommens des Deutschen Reiches mit den Westmächten in der Compiènge. Was folgte war eine mehrmonatige, blut- und gewaltreiche Umbruchszeit in Bayern, in welcher sich sich die Gegensätze zwischen den Anhängern einer parlamentarischen Demokratie und denen einer radikalen sozialistischen Räterepublik zunehmend verschärften.

Auch auf die Bevölkerung des Grafinger Raumes blieben die turbulenten Ereignisse der Revolutions- und Rätezeit in und um München nicht ohne negative Auswirkungen. Als Ende April 1919 schließlich die SPD geführte bayerische Regierung unter Johannes Hoffmann nach Freikorps-Mitglieder für eine Niederschlagung der kommunistischen Rätediktaturen in München, Bad Aibling, Kolbermoor und Rosenheim suchte, schlossen sich auch viele Grafinger Bauern dieser »Gegenrevolution« an.

Bei der Eröffnung wird Archiv- und Museumsleiter Bernhard Schäfer etwas genauer auf diese dramatischen Ereignisse eingehen. Zusätzlich wurde ein Begleitprogramm mit fünf separaten Geschichtsvorträgen über die Sonderausstellung auf die Beine gestellt. Den Anfang macht der Vortrag von Dr. Bernhard Grau, Direktor des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München, über »Kurt Eisner und die Revolution in Bayern.

Dieser findet am Donnerstag, 8. November, um 19.30 Uhr im Museum der Stadt Grafing statt. Am Donnerstag, 29. November, um 19.30 Uhr spricht Bernhard Schäfer im »Kastenwirt« über die Revolution 1918/19 in ihren Auswirkungen auf den Ebersberger und Grafinger Raum. »Vom Mainstrand bis zum Alpenrand – Revolution im Bayernland« ist das Thema des Vortrags von Günter Baumgartner am Donnerstag, 24. Januar, um 19.30 Uhr im Museum Grafing. Eine Lesung von Franz Frey zum Thema »Wie mit Blindheit geschlagen ist der ganze Mensch! – Dichter auf der Suche nach einer menschlichen Welt« gibt es ebenfalls im Museum am Sonntag, den 3. Februar, um 14 Uhr zu hören. Den Abschluss der Vortragsreihe ist ein Singabend mit Volksmusiker Ernst Schusser am Donnerstag, den 7. Februar um 19.30 Uhr im Museum. Thema des Abends ist »Kriegsende, Revolution und Rätezeit im Spiegel von Arbeiter- und Soldatenliedern«.

Der Eintritt zur Ausstellung und zum Begleitprogramm ist kostenfrei. Das Grafinger Museum ist immer sonntags, 14 bis 16 Uhr und donnerstags, von 18 bis 20 Uhr geöffnet. Führungen durch die Ausstellung für Besuchergruppen und Schulklassen sind nach vorheriger Anmeldung unter Telefon 0 80 92/7 03-59 oder unter b.schaefer@grafing.bayern.de per E-Mail möglich. Von Stefan Dohl

Artikel vom 19.10.2018
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