Wasserschutzgebiet im Mangfalltal: SWM sind nur Verfahrensbeteiligter, nicht Antragsteller

SWM sehen sich zu unrecht im Kreuzfeuer der Kritik

Das Wasserschutzgebiet im Mangfalltal. Zwei Landwirte in der geplanten Zone IIA (orange) wehren sich gegen die Neuausweisung wegen zu erwartender Auflagen.  Grafik: SWM

Das Wasserschutzgebiet im Mangfalltal. Zwei Landwirte in der geplanten Zone IIA (orange) wehren sich gegen die Neuausweisung wegen zu erwartender Auflagen. Grafik: SWM

München · Bei den Stadtwerken München (SWM) herrscht Unruhe. Das hängt mit der geplanten Ausweisung eines neuen Wasserschutzgebiets im Mangfalltal zusammen, wo die SWM rund 80 Prozent des Münchner Trinkwassers gewinnen. Nicht alle Menschen aus der Region nämlich sind mit den Planungen einverstanden und versuchen mit Argumenten, die nach Ansicht der SWM ins Leere zielen, diese neue Ausweisung zu verhindern.

Die SWM werden vereinzelt als Verantwortlicher für das Verfahren bezeichnet, das in Gang gekommen ist. Darin sehen die SWM eine gezielte Stimmungsmache gegen das Unternehmen, auch durch falsche Tatsachenbehauptungen. Das letzte Wort in dieser Sache hat der Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak (Bündnis 90/Die Grünen). Teil seiner Entscheidungsfindung ist ein Erörterungstermin, der vom 24. bis 26. September dauern wird. Hier kommt es auf die Argumente an.

Die SWM bewerben das Münchner Trinkwasser als eines der besten in Europa. Das weisen sie laufend durch Laboranalysen nach. Ein Großteil dieses Trinkwassers kommt aus dem Mangfalltal. Dass das Wasser aus dem Landkreis Miesbach eine so gute Qualiät hat, kommt nicht von ungefähr. Die SWM selbst haben mit ihrer Initiative für die ökologische Landwirtschaft vor fast 30 Jahren die Grundlagen für sauberes Quellwasser gelegt - Quellwasser, das im Mangfalltal mehr als reichlich vorhanden ist; Quellwasser, das die SWM nur in den Mengen aufnehmen, die der Boden hergibt.

Die ökologische Landwirtschaft fordert von den Bauern der Region ihren Preis. In den Zonen des bereits bestehenden Wasserschutzgebiets dürfen sie beispielsweise nicht mit konventionellem Wirtschaftsdünger arbeiten, sondern nur mit organischem, bakteriologisch unbelastetem Dünger. Außerdem werden in dem bestehenden Wasserschutzgebiet Regelungen verschärft. So soll die sog. »Engere Schutzzone«, die Zone II, in die zwei Teilzonen IIA und IIB aufgeteilt werden. In der neuen Zone IIA wären die Viehhaltung und Beweidung der Flächen dann untersagt, weil das Grundwasser hier nur zwei bis fünf Meter unter der Oberfläche fließt. Durch die vergleichsweise dünne Deckschicht bestünde eine größere Gefahr der Wasserverunreinigung. Die Landwirte würden durch das neue Wasserschutzgebiet also in ihrer Arbeit eingeschränkt. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.

Dass die SWM die Arbeit der rund 170 Ökobauern in der Region jedes Jahr mit 1,2 Millionen Euro fördern, wird in dieser Darstellung nicht berücksichtigt. Dass die Landwirte, die sich gegen die Ausweisung des Wasserschutzgebiets stemmen, weiterhin diese Förderung beziehen, werde nicht aus deren Antrieb heraus offengelegt. Dass die Landwirte die von den SWM angebotene Entschädigung für ihre Belastung für nicht akzeptabel halten, gehört zur aktuell bestehenden Konfrontation. Dass von den 170 Ökobauern überhaupt nur zwei gegen die SWM vorgehen, spricht grundsätzlich nicht für eine generell negative Stimmung bei den Bauern. Dass dabei behauptet wird, die SWM wollten die Ausweisung des Wasserschutzgebiets, um noch mehr Wasser zu fördern und mehr Geld zu verdienen, weisen sie als falsch in allen Punkten zurück.

Ihre Richtigstellung: Grundwasser sei in Bayern grundsätzlich kostenlos. Das Recht an der Nutzung hat ausschließlich der Inhaber des Wasserrechts. Letzteres sind die SWM im Mangfalltal seit weit über hundert Jahren. Diese Rechte sollen nicht erweitert werden und diese Rechte seien, wie bereits mehrfach bestätigt worden sei, nach wie vor gültig. Die Kosten, die die Verbraucher mit dem Wasserpreis tragen, haben ihren Ursprung in der Schaffung und Pflege der Infrastruktur, also zum Beispiel des Rohrnetzes.

Die SWM betonen, sie würden im Mangfalltal kein Wasser fördern, sondern lediglich abschöpfen. Der Unterschied: Wasser, das abgeschöpft wird, dringt in jedem Fall aus der Quelle. Wird es nicht abgeschöpft, kann daraus ein Bachlauf werden oder das Wasser versickert an anderer Stelle wieder. Wasserförderung bedeutet, das Wasser an die Oberfläche zu pumpen. Das hätte langfristig einen sinkenden Grundwasserspiegel zur Folge – anders als beim bloßen Abschöpfen des Wassers.

Entscheidend ist aber folgender Punkt: Die SWM haben nie einen Antrag auf Ausweisung des Wasserschutzgebiets gestellt. Das würde auch nichts bringen, denn die Ausweisung ist ein Verfahren, das von den Behörden auf der Grundlage geltender Gesetze in Gang gesetzt werden muss. Dabei sind diese Gesetze nicht neu, sie gelten bereits seit Jahrzehnten. Doch bisher hat sich die entsprechende Behörde, das Landratsamt in Miesbach, in dieser Sache zurückgehalten. Über die Gründe könnte man spekulieren, aber mittlerweile ist Bewegung in die Sache gekommen. Den Normen und Leitlinien entsprechend verpflichtet das Landratsamt die SWM, einen Vorschlag für die Ausweisung des Wasserschutzgebietes zu machen. Dem ist das Unternehmen nachgekommen, mit allen jetzt so unschönen Konsequenzen. Die SWM sehen sich zu unrecht an den Pranger gestellt, sind nicht Herr des Verfahrens und können auch nicht entscheiden, ob sie sich daran beteiligen wollen. Sie müssen. Dafür kritisiert zu werden, halten sie für mehr als unangebracht.

Am weiteren Engagement der SWM gibt es dann auch tatsächlich keine Kritik. So unterstützen die SWM bauliche Maßnahmen zur Sicherstellung des Trinkwasserschutzes. Sie beteiligen sich an der Vermarktung von Produkten aus der regionalen ökologischen Landwirtschaft. Sie helfen Landwirten bei der Beantragung individueller Ausnahmegenehmigungen. Letzteres hatten sie übrigens auch im Fall der beiden Landwirtschaftsbetriebe versucht, die jetzt die neue Ausweisung des Wasserschutzgebietes verhindern wollen. Das Landesamt für Umwelt hat aber die Ausnahmen nicht genehmigt.

Jetzt also geht die Entscheidung über das Wasserschutzgebiet in die nächste Phase. Bei der Erörterung werden rund hundert Einsprüche vorgetragen. An sich nichts Ungewöhnliches. Für die SWM allerdings ist es nur schwer zu ertragen, dass das Projekt auf Kosten ihres guten Rufs gekippt werden soll. Das geht so weit, dass sich ein leitender Mitarbeiter, der auch in der Region lebt, eigener Aussage zufolge Anfeidungen ausgesetzt sieht. Für die SWM ist das kein Zustand, aber hier gilt ebenso wie bei dem gesamten Vorhaben: Die SWM sind nicht Herr des Verfahrens.

Wann die Entscheidung aus dem Landratsamt verkündet wird, ist offen. Die SWM hoffen, sie möge noch vor Weihnachten kommen. Bis dahin herrschen auf allen Seiten Verunsicherung und Ungewissheit. Und je nach dem, wie die Entscheidung ausfällt, können sich die SWM auf den nächsten »Shitstorm« gefasst machen - egal, wie unberechtigt er sein mag.

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 24.09.2018
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