Am 26. Juli 2018 wurden in Maxvorstadt und Bogenhausen die ersten Gedenktafeln angebracht

München geht im Gedenken an Nazi-Opfer einen eigenen Weg

Anders als die in vielen Städten üblichen Stolpersteine werden die Erinnerungstafeln an der Wand angebracht. 	Foto: Robert Bösl

Anders als die in vielen Städten üblichen Stolpersteine werden die Erinnerungstafeln an der Wand angebracht. Foto: Robert Bösl

München · Mit den Stolpersteinen tut sich München schwer. Jetzt gedenkt die Stadt auf andere Weise den Opfern des NS-Terrors. Am Donnerstag, 26. Juli, wurden die ersten Erinnerungszeichen angebracht.

Gedenktafeln erinnern an die Opfer des Nazi-Regimes

Zwischen 1933 und 1945 wurden in München etwa 10.000 Frauen, Kinder und Männer aus politischen und rassistischen Motiven, wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihres Glaubens, ihrer unangepassten Lebensweise und aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen oder Behinderungen verfolgt und ermordet. Viele dieser Menschen gerieten in den Jahrzehnten nach Kriegsende in Vergessenheit, ihr Schicksal hatte keinen Platz im kollektiven Gedächtnis.

An den einstigen Wohnorten dieser Menschen werden künftig Erinnerungstafeln und -stelen errichtet – auf Wunsch von Angehörigen oder auf Anregung aus der Stadtgesellschaft. Die Erinnerungszeichen zeigen – falls vorhanden – ein gerastertes Bild der Person und enthalten wesentliche Lebens- und Verfolgungsdaten. Erinnerungstafeln werden am Haus, Erinnerungsstelen vor dem Haus angebracht, in dem die Menschen gelebt und gearbeitet haben. Die Stadt München hat 150.000 Euro bereitgestellt, um in den nächsten zwei Jahren Erinnerungszeichen realisieren zu können.

Oberbürgermeister Dieter Reiter: »Es ist mir wichtig, dass wir in München Formen des individuellen Gedenkens an die Opfer der NS-Zeit finden. Mit den Erinnerungsstelen und -tafeln wird uns das in angemessener Weise gelingen. Ich wünsche mir, dass die Erinnerungszeichen ihrem Namen gerecht werden. Sie sollen an die Ermordeten erinnern und ein Zeichen setzen: ›Nie wieder!‹«

Die erste Erinnerungstafel wurde im Beisein von Marian Offman, Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und Rechtsanwalt Uri Siegel für die Familie Landauerin der Königinstraße 85 in der Maxvorstadt angebracht. Sie erinnert an Franz und Tilly Landauer. Dem jüdischen Ehepaar war 1939 nach Drangsalierungen durch die Nazis die Flucht nach Amsterdam geglückt. 1942 wurden sie dort von den deutschen Besatzern verhaftet. Franz Landauer starb 1943 in Westerbork, seine Frau wurde 1944 nach Au­schwitz deportiert und dort unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.

Eine weitere Erinnerungstafel wurde am Donnerstag in der Mauerkircherstraße 13 in Bogenhausen angebracht. Sie erinnert an Paula und Siegfried Jordan. Die Betreiber einer Kunstgalerie wurden 1937 von den Nazis zur Geschäftsaufgabe gezwungen. Siegfried Jordan wurde 1938 im KZ Dachau interniert. 1941 wurde das Ehepaar nach Kaunas (Litauen) deportiert und dort von SS-Einsatzgruppen erschossen.

Artikel vom 30.07.2018
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