Der Druck nimmt zu

Milchbauern im Landkreis kämpfen gegen düstere Zukunft

Um sie dreht sich die ganze Debatte: die Kuh und ihre Milch. Für die Erdinger Milchbauern geht es um die Existenz, und das schon seit längerer Zeit.	Foto: Sportfood4you, CC0

Um sie dreht sich die ganze Debatte: die Kuh und ihre Milch. Für die Erdinger Milchbauern geht es um die Existenz, und das schon seit längerer Zeit. Foto: Sportfood4you, CC0

Erding/Landkreis Erding · Die Milchbauern im Kreis Erding können etwas aufatmen. Das Milchwerk Jäger kündigte einen Preis von 34 Cent pro Liter an. Das werde derzeit und bis auf Weiteres bezahlt.

Das ist zwar gegenüber den 28 Cent vom vergangenen Jahr eine klare Verbesserung, aber noch weit entfernt von dem, was noch vor einigen Jahren gezahlt worden ist und auch von dem, was ein Milchviehbetrieb braucht, etwa um investieren zu können. Zudem sind die politischen Risiken nicht zu übersehen, und auf die machte Geschäftsführer Hermann Jäger bei der Generalversammlung der Molkereigenossenschaft Erding unmissverständlich aufmerksam.

So sind es nach seinen Erfahrungen nationalistische Tendenzen, die für die auf Exporte angewiesene bayerische Milchwirtschaft gewaltige Unsicherheiten bedeuten können. Er nannte hier Frankreich und wurde klar politisch: »Hoffen wir, dass die Le Pen nicht gewinnt.« Und aus den USA erwartet er auch nichts Gutes. Das amerikanische Handelsbilanzdefizit ist erneut gestiegen.

Die lautstark propagierte »America first«-Strategie könnte das ändern. Die Zahlen aus den USA, über die man sich jetzt auch in Erding den Kopf zerbrechen muss, wurden erst nach der Rede Jägers vor den versammelten Milchbauern bekannt, und eben diese Zahlen untermauerten die Befürchtungen Jägers, der mit einem amerikanischen Markt nicht kalkulieren mochte: »Du weißt ja bei diesem Trump nicht, was kommt«, formulierte er und meinte, nun allgemeiner: »Wir haben ein großes Problem mit dem Rechtspopulismus.«

Tatsächlich konnte er solche Tendenzen, die die Exportwirtschaft allgemein gefährden, auch in Italien ausmachen, dem bisher noch wichtigsten Exportmarkt für Milch aus Bayern. Fast die Hälfte der Exporte werden über die Alpen geschickt, in großen Containern mit der Aufschrift »Tras­porto latte«. Die Krise des vergangenen Jahres aber hat massive Bremsspuren hinterlassen: So ist die Zahl der Milcherzeuger in der Genossenschaft auf unter 200 gesunken. Diese aber haben einen neuen Rekord aufgestellt bei der Milchanlieferung. Dabei geht es dem Milchwerk Jäger noch gut, denn es ist ein Käsespezialist, und bei Käse sind die Nachfragemengen noch einigermaßen im Lot, auch wenn hier der Markt ebenfalls schwierig geworden sei, wie Jäger anhand aktueller Zahlen nachwies.

Die Milchbauern kämpfen nicht nur mit dem Markt, sondern auch weiterhin gegen eine überbordende Bürokratie, ständig neue Zertifizierungsforderungen und Auflagen, die immer weniger von der Politik als vielmehr vom Handel kommen. Die großen Handelsketten würden ihre Marktmacht nach seinem Bericht voll ausspielen. Und dann natürlich das alte Thema »Anbindehaltung«. Jäger berichtete, ein Lebensmittelhändler fordere ein Anbindehaltungsverbot, was sich aber kurzfristig gar nicht umsetzen lasse.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft, Josef Eicher, und die Vorsitzende, Eva Brielmair, hatten hinsichtlich der Konzentration im Lebensmittel-Einzelhandel auch schon deutliche Worte gefunden. Die billigen Verkaufspreise im Handel würden die deutsche Milchwirtschaft ruinieren. Für die Vorsitzende liegt hier auch ein Versagen der Kartellbehörden vor.

Der Verbraucher freut sich über niedrige Preise. Aber dass das Problem jetzt so hartnäckig auch direkt im Landkreis wirkt, das kann den Erdingern nicht gefallen. kw

Artikel vom 07.04.2017
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