Nachbarschaftsaktion »Hinsehen-Helfen-Hilfe holen

Aktiv gegen Männergewalt

München · Vergangenen Freitag startete Bürgermeisterin Dr. Gertraud Burkert die Nachbarschaftsaktion »Hinsehen-Helfen-Hilfe holen« in der Nordheide.

In Deutschland fliehen jedes Jahr cirka 45.000 Frauen mit ihren Kindern vor den Miss-handlungen ihrer Ehemänner, Partner oder Freunde in Frauenhäuser. In verschiedenen Untersuchungen wurde ermittelt, dass fast jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt von ihrem Partner oder Ehemann erfährt.

Nach deutschen und internationalen Studien sind in sogenanten Familienstreitigkeiten 90 Prozent der Täter Männer. Der Haupttatort ist dabei nicht der öffentliche Raum, sondern die eigene Wohnung. Meist müssen Kinder die Misshandlungen der Mutter miterleben. Sie sind daher mitbetroffen, auch wenn sie nicht selbst geschlagen werden.

Im Rahmen der Kampagne »Aktiv gegen Männergewalt« 1998 wurde die Thematik Gewalt gegen Frauen in München breit diskutiert. Dabei war deutlich geworden, dass viele Menschen in ihrer Umwelt von Gewalt wissen, aber unsicher sind, wie sie darauf reagieren sollen. Die Nachbarschaftsaktion hat das Ziel, Zivilcourage zu fördern.

Mit den von der Frauengleichstellungsstelle entwickelten informationsmaterialien »Hinsehen-Helfen-Hilfe holen« soll eine Perspektive eröffnet werden, wie Nachbarschaften Frauen, die in Gefahr durch gewalttätige Partner sind, hilfreich unterstützen können. Insbesondere sollen Wege aufgezeigt werden, wie zusätzliche Gefahr für die Betroffenen oder die Helferinnen und Helfer vermieden und einer Eskalation von Gewalt entgegengewirkt werden kann. Den betroffenen Frauen soll damit signalisiert werden, dass sie das Recht haben, sich Hilfe zu holen und sich und ihre Kinder zu schützen.

Eine unterstützende Nachbarschaft, die nicht wegsieht, kann dazu beitragen, dass Frauen eher den Entschluss fassen, den gewalttätigen Partner zu verlassen, als dies sonst häufig der Fall ist. Viele Jahre des Leides und mehrere erfolglose Trennungsversuche gehen meist einer dann schließlich endgültigen Trennung voraus. mit der Aktion sollen die Einrichtungen, die in München Schutz, Hilfe und Beratung für Frauen bieten, bekannt gemacht werden. Vor allem den Beratungsangeboten im unmittelbaren Nahbereich kommt große Bedeutung zu.

Die Hilfsangebote sind auf einer Postkarte zusammengefasst. Diese Auflistung gibt es auch als Din-A-5-Aufkleber, der im Gebiet der GWG in allen Hauseingängen hängt. Ein kleiner Aufkleber ist für Briefkästen, Wohnungstüren vorgesehen. Eine Broschüre und ein Faltblatt mit einer Kurzfassung der Informationen daraus enthalten Tipps und sollen Nachbarschaften ermutigen, hinzusehen, zu helfen oder Hilfe zu holen.

Weder das Material noch die personellen Voraussetzungen reichen derzeit für einen flächendeckenden Einsatz in ganz München. Durch die enge Zusammenarbeit der vor Ort tätigen Dienste – der GWG-Sozialarbeit, des Allgemeinen Sozialdienstes der Stadt, der Frauenhäuser und der Polizei – soll rasche Hilfe ermöglicht werden.

Die Beratungsangebote vor Ort sind entscheidend für das Gelingen der Aktion im Sinne einer raschen und kompetenten Beratung sowohl für die Betroffenen als auch für die – potentiellen – Helferinnen und Helfer. Durch die Bereitschaft der GWG-Sozialarbeit in der Nordheide an der Nachbarschaftsaktion mit zu wirken, bestehen gerade für dieses Gebiet die Voraussetzungen, dem Beratungsbedarf nachzukommen. Insbesondere Probleme, die in Zusammenhang mit der Wohnung stehen, können duch die gesellschaftseigene Sozialberatung unmittelbar gelöst werden.

Bürgermeisterin Dr. Burkert: »Entscheidend ist auch, dass Frauen und Kinder, die Gewalt in ihren Familien erfahren, mit Achtung und Freundlichkeit begegnet wird und sie nicht ausgegrenzt werden. Die Nachbarschaftsaktion soll auch ein Zeichen setzen gegen die immer stärker sich ausbreitende Haltung des Wegsehens, wenn Menschen Hilfe brauchen.«

Artikel vom 19.09.2001
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