Achtung: Literatur zerstört das Feindbild!

Lesung zum Tag der Menschenrechte mit Texten aus Israel und Palästina

Jürgen Bickhardt und Gesine Goetz lasen die Texte verschiedener Autoren.	Foto: VA

Jürgen Bickhardt und Gesine Goetz lasen die Texte verschiedener Autoren. Foto: VA

Erding · »Literatur zerstört Ihr Feindbild!« Das hätte der Warnhinweis für die Lesung zum Tag der Menschenrechte (10. Dezember) gewesen sein können.

»Darf denn überhaupt gehofft werden? – Geschichten aus Feindesland«: Unter diesem Titel hat Pax Christi Erding-Dorfen in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Erding am 1. Januar literarische Texte israelischer und palästinensischer Autorinnen und Autoren präsentiert. Es lasen Gesine Goetz und Jürgen Bickhardt. Elisabeth Ringler begleitete auf der Flöte. Vor dem Hintergrund der brutalen jahrzehntelangen Auseinandersetzung zwischen den beiden feindlichen Seiten bekommen alltägliche Szenen, wie sie in den Texten erzählt werden, schnell existenzielle Dimensionen. Die unverhoffte Begegnung von zwei Menschen kann Todesangst auslösen. Eine Liebesbeziehung zwischen einem Palästinenser und einer Jüdin ist praktisch nicht möglich, das Eindringen des Militärischen als Antwort auf die permanente Bedrohung zerstört die Intimität und den Frieden der Familie, Angst, Bedrohung und Gewalt deformieren die Wirklichkeit und zerstören alle Hoffnung. Und warum? Weil die Menschen die Fakten ablehnen und sich stattdessen auf das »Postfaktische« verlassen, das doch so trügerisch ist, weil es keiner Überprüfung standhält.

So bewirkte das Nebeneinander der Texte von Reuven Moskovitz, Sahar Khalifa, Atef Abu Saif, David Grossmann, Elias Jammal, Sayed Kashua und Dorit Rabinyan für den außenstehenden Leser oder Zuhörer ein Verschwimmen der Grenzen. Hier spricht ein Mensch, egal von welcher Seite, ein Mensch, der seine Hoffnung zum Überleben – auch dem seiner Kinder – braucht, ein Mensch, der etwas mit seinem Leben anfangen möchte, der seinen Alltag möglichst reibungslos gestalten möchte. Die Überlebens- und Gestaltungsbedürfnisse der Menschen, die hier zu Wort kamen, sind wohl universal. Leserinnen und Lesern dieser Texte kommen eventuelle Feindbilder jedenfalls schnell abhanden.

Artikel vom 04.01.2017
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