Zwischen arm und reich

Stadt stellt Broschüre »Günstiger leben in München« vor

Bürgermeisterin Christine Strobl (re.) und Sozialreferentin Dorothee Schiwy werfen einen ersten Blick in die zweite Auflage.	Foto: Landeshauptstadt München,Michael Nagy

Bürgermeisterin Christine Strobl (re.) und Sozialreferentin Dorothee Schiwy werfen einen ersten Blick in die zweite Auflage. Foto: Landeshauptstadt München,Michael Nagy

München · München ist eine wohlhabende, ja: eine reiche Stadt. Nicht ausschließlich in materieller Hinsicht, aber wenn das Thema zur Sprache kommt, ist durchaus erst mal von Geld die Rede.

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Die Kaufkraft je Einwohner – und das sind inzwischen immerhin 1,53 Millionen – lag 2015 bei stolzen 30.786 Euro. Im Vergleich dazu liegen andere deutsche Metropolen meilenweit dahinter. Frankfurt am Main (Platz 2): 24.688 Euro, fast 20 Prozent hinter München!

Doch die Sache hat einen Haken: Der Wohlstand ist nur sehr ungleichmäßig über die Münchner verteilt. Mancher hat mehr Geld zur Verfügung, mancher wiederum muss Monat für Monat zusehen, wie er über die Runden kommt – selbst wenn er einer Vollzeittätigkeit nachgeht! Ganz deutliches Signal für diesen Missstand: Die Münchner Tafel versorgt eigenen Angaben zufolge jede Woche 20.000 Münchner mit kostenlosen Lebensmitteln. Das sind immerhin fast 1,5 Prozent der Bevölkerung. Wer gut haushalten muss, der hat mit der Zeit gelernt, wo er sparen kann. Gönnen kann man sich dann aber trotzdem kaum noch was. Dennoch: Günstiger leben in München ist möglich. Das ist die Botschaft der Stadtverwaltung, die jetzt in Person von Bürgermeisterin Christine Strobl und Sozialreferentin Dorothee Schiwy die zweite Auflage der Broschüre »Günstiger leben in München« vorgestellt hat.

München wächst in großen Schritten, jedes Jahr um die Größe einer Kleinstadt. Jährlich nimmt die Bevölkerungszahl um rund 20.000 Einwohner zu. Bürgermeisterin Strobl: »Das bleibt nicht ohne Folgen für die Menschen, die in unserer Stadt leben. So werden zum Beispiel die ständig höher werdenden Miet- und Lebenshaltungskosten in München ein immer drängenderes Problem.« Vor allem Familien mit Kindern, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose und ältere Menschen seien betroffen. »In München leben 260.000 Menschen unterhalb der sogenannten ›Armutsschwelle‹. Alleinlebende haben weniger als 1.350 Euro netto, Familien mit einem Kind unter 14 Jahren weniger als 2.430 Euro netto im Monat zur Verfügung«, erläutert Strobl die prekären Einkommensverhältnisse, von denen rund 18 Prozent der Münchner betroffen seien.

Oft genug bliebe nach dem Decken der Grundbedürfnisse nichts oder nur sehr wenig übrig um zum Beispiel am gesellschaftlich-kulturellen Leben in der Stadt teilzuhaben, erläuterte Strobl die Probleme der Betroffenen. »Um diesen Menschen das Leben leichter zu machen, hat die Stadt München die Broschüre herausgegeben. Wir wollen Orientierung geben und haben Tipps, Adressen und Informationen über die Angebote zusammengefasst.«

Auf mehr als 140 Seiten gebe es Informationen über kostengünstige oder kostenfreie Dienstleistungs- und Freizeitangebote. Die Broschüre enthalte eine vielfältige Angebotspalette und detaillierte Informationen für Menschen mit geringem Einkommen. Gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen, Unternehmen, Organisationen und vielen engagierten Bürgern habe die Stadt München ein breites Spektrum an sozialen Dienstleistungen und Unterstützungsangeboten für bedürftige Menschen geschaffen, das weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Für dieses Engagement dankte die Bürgermeisterin ausdrücklich und betonte, wie wichtig dies Engagement für eine soziale Stadt sei.

Die neue Broschüre hat eine Auflage von 60.000 Exemplaren und ist kostenlos erhältlich in der Stadtinformation im Rathaus, in den Sozialbürgerhäusern, in den Stadtteilbibliotheken, in den Alten- und Servicezentren und in vielen weiteren sozialen und kulturellen Einrichtungen. Die Broschüre ist außerdem im Internet unter www.muenchen-gegen-armut.de abrufbar.

Beispiele des vielfältigen Angebots: Die Familien- und Ferienpässe des Stadtjugendamtes bieten zahlreiche Ermäßigungen und Gutscheine für Freizeitaktivitäten. Familien mit niedrigem Einkommen erhalten diesen Pass kostenlos in ihrem Sozialbürgerhaus. Den »München Pass« gibt es für alle Menschen mit geringem Einkommen. Anspruchsberechtigt sind insbesondere Personen, die Arbeitslosengeld II beim Jobcenter, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, aber auch Personen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst leisten. Der »München Pass« beinhaltet Vergünstigungen für Museen, städtische Theater, Schwimmbäder, einige Kinos, nicht verschreibungspflichtige Medikamente und den öffentlichen Nahverkehr. Erhältlich ist der »München Pass« in den Sozialbürgerhäusern und beim Amt für Wohnen und Migration.

Des Weiteren finden sich in dieser Broschüre zahlreiche kostenlose Beratungsangebote, die von allen Münchner Bürgern genutzt werden können. Dazu zählen Beratungsstellen für Eltern und Kinder, aber auch für ältere Menschen und Pflegebedürftige. Speziell für Haushalte mit geringem Einkommen werden Energieberatung und Haushaltsbudgetberatung kostenlos angeboten. Zudem sind Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung aufgeführt.

Die Broschüre enthält auch viele praktische Tipps – beispielsweise zu günstigen Einkaufsmöglichkeiten für Kleidung oder Möbel, oder dazu, wie man beim Telefonieren Geld sparen kann, wo es kostenlose und ermäßigte Kulturveranstaltungen gibt und was man in seiner Freizeit auch mit einem kleinen Budget unternehmen kann. Nicht zuletzt findet sich in der Broschüre auch eine Zusammenstellung, wer Anspruch auf gesetzliche Leistungen und finanzielle Unterstützung hat und bei welchen Stellen die entsprechenden Anträge gestellt werden können.

Ob es nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist, dass die »Halle 2« so gut angenommen wird? Tatsache ist: Das Gebrauchtwarenkaufhaus der Landeshauptstadt in Pasing-Obermenzing verfügt sowohl über Angebot wie auch über Nachfrage. Dort gibt es gut erhaltene Waren, zum Beispiel Möbel, Bücher und Spielsachen) günstig zu kaufen. Die Waren stammen von den Münchner Wertstoffhöfen und können im Sinne der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung so weiter verwendet werden. Das ist jedoch »nur« der Nebeneffekt. Das Gebrauchtwarenkaufhaus ermöglicht auch Menschen mit geringem Einkommen den Erwerb von hochwertigen Möbeln oder Spielsachen.

Die Versteigerungen des Münchner Fundbüros und der »Halle 2« sind ebenfalls hilfreich, um Gutes und Nützliches für wenig Geld zu finden. Ansonsten sind auch die zahlreichen Flohmärkte und Basare in München und dem Umland brauchbare Anlaufstellen. Wo es gut Gebrauchtes gibt, finden Sie auch hier: www.wochenanzeiger.de/flohmarkt

Bei der Unterscheidung, was man zum Leben braucht, erhält materielles Gut in der Regel den Vorzug vor immateriellem Gut. Wer über weniger Geld verfügt, der verkneift sich oft den Besuch von Kulturveranstaltungen. Doch auch der Geist will und muss gefüttert werden. Dazu gibt es in der Broschüre einige Hinweise, unter anderem den auf das Projekt KulturRaum. Der gleichnamige Trägerverein arbeitet wie die »Tafeln«, nur dass anstatt Lebensmittel kostenfreie Tickets für Kulturveranstaltungen an Menschen mit geringem Einkommen vermittelt werden. Dadurch wird diesen Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben in München ermöglicht.
Günstiger leben in München ist möglich. Man muss nur wissen, wie. cr/red

Artikel vom 09.12.2016
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