Zankapfel Elisabethmarkt

Schwabing · In der Seidlvilla trafen sich die Sanierungsgegner

Schwabing · Unter dem Titel »Bleibt alles anders« berichtete der Münchner Wochenanzeiger zuletzt ausführlich über die Kontroverse um die Sanierung des Elisabethmarktes. Das Thema entwickelt sich immer mehr zu einer »unendlichen Geschichte« und nun fand in der Schwabinger Seidlvilla die nächste Fortsetzung statt.

Nämlich eine Veranstaltung, bei der u.a. Hubertus von Medinger, Initiator der Bürgerinitiative sowie CSU-Bundestagsabgeordneter Wolfgang Stefinger das Wort ergriffen. Zahlreiche Bürger besetzten bereits Minuten vor Beginn die letzten Plätze, was vielleicht auch ein wenig daran lag, dass der Schwabinger Kabarettist Helmut Schleich zu den Gästen gehörte, was eine launige Note versprach.

Vergleiche mit dem Wiener Platz

Zunächst aber fasste Hubertus v. Medinger seine Bemühungen für den Erhalt des bestehenden Marktes zusammen. Er verwies anhand zahlreicher Beispiele aus Presseveröffentlichungen und Antworten des Bezirksausschusses Schwabing West, auf die sich wiederholenden Hinweise zu den vermeintlichen Verfehlungen der Brandschutz- und Hygienevorschriften. Dabei zitierte er die seiner Meinung nach parteilichen und zweifelhaften Expertisen der Branddirektion und des Amtes für Hygiene zum vergleichbaren Vorgang zum Markt am Wiener Platz. Auch Dr. Wolfgang Stefinger bezog sich in seiner Rede auf den Wiener Platz, wo sich die wiederholt vorgetragenen Argumente der Markthallenbetreiber in puncto Hygiene- und Brandschutzmängel der Stände als unbegründet erwiesen hätten. Er berichtete, dass er die Hygienefragen überprüfen ließ und vergeblich die Rechtsgrundlagen in der EU Hygieneverordnung gesucht habe, die für jeden Marktstand Toiletten und Waschbecken vorschreiben würden. Auch habe er diese Vorschriften weder im Bundesjustiz-, noch im Bundesbau- oder im Bayerischen Staatsministerium gefunden. Stefinger verwies auch darauf, dass er selbst auf mehrfache Nachfrage noch immer kein Protokoll über die wichtige Sitzung bezüglich des Markts am Wiener Platz erhalten habe. Darin wären die Gründe für das Scheitern des Abrissbegehrens der Markthallenbetreiber zu finden. Dass Oberbürgermeister Dieter Reiter das Unterfangen stoppte, spräche da für sich. Helmut Schleich näherte sich dem Thema, wie zu vermuten, mit viel »Bauchgefühl«. Er erzählte, wie ihm von Abrissbefürwortern vorgebetet werde, dass der Markt nach dem Umbau so unglaublich schön aussehen und überall in München alles schön und noch so viel schöner würde.

Der Senf, der wieder in die Schüssel kam

Er dagegen wolle es gar nicht schöner haben, sondern so wie es sei. Mit seiner Empfindung, dass München gravierende Fehler in der Stadtentwicklungsplanung mache und bei weitem nicht alles schöner werde, sondern (nicht nur) Plätze ihre Seele verlören und steril würden, steht der Kabarettist wohl nicht gerade allein, aber vielleicht auf der Seite der Bürger, die schweigen. »Man wird durch eine kalte Architektur entwurzelt, man fühlt sich nicht mehr zu Hause«, sagte Helmut Schleich. Deshalb würde er sich wünschen, dass gewachsene Oasen, wie der Elisabethmarkt so bleiben könnten, wie sie immer waren und heute auch noch sind. Als Schwabinger kenne er den Flecken seit seiner Schulzeit am Giselagymnasium. Er erzählte, wie sie sich damals Würstel gekauft haben und der übrige Senf von der Standlfrau vom Teller wieder in die Schüssel zurück gestrichen wurde. Als er lachend meinte, dass dies nach den heutigen Hygienebestimmungen nicht mehr möglich sei, war ihm der Applaus sicher.

Das Ende der alten Verträge

Die Teilnehmer brachten in der folgenden Diskussion ihre Meinung zum Ausdruck, dass es den Markthallenbetreibern bei der »behutsamen Sanierung« um den Totalabriss und ums Geld, nicht aber um Brandschutz oder Hygiene gehe. Der Stadtsparkasse solle dabei ihrem an den Markt angrenzenden Grundstück das höchst mögliche Baurecht für die von ihr geplanten 200 Wohnungen eingeräumt werden, mit einer Feuerwehrzufahrt auf einem Grundstück, das ihr nicht gehöre. Außerdem würden die alten Verträge, die den Standlbesitzern teilweise lebenslange und vererbbare Nutzungsrechte garantieren, durch einen kompletten Abriss ihre Gültigkeit verlieren. Ein Teil des Publikums befürchtete durch ein erzwungenes Ende der »Altverträge« auch freie Bahn für eine Privatisierung mit der Folge, dass Einzelhändler dann von Ketten und Filialisten verdrängt würden, auch wenn dies im Moment noch entrüstet bestritten würde. Ein Ende der »unendlichen Geschichte« scheint jedenfalls noch nicht in Sicht.

Artikel vom 08.11.2016
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