Inklusion im Kindergarten Schnirkelschnecke – Nachgefragt

Ottobrunn · »Jeder bekommt, was er braucht«

Marion Jahn mit Kindern der Gänseblümchen-Gruppe beim Spielen im Bewegungsraum. 	Foto: privat

Marion Jahn mit Kindern der Gänseblümchen-Gruppe beim Spielen im Bewegungsraum. Foto: privat

Ottobrunn · Seit fast 20 Jahren ist Marion Jahn Leiterin des Kindergartens Schnirkelschnecke; sie hat nun eine Weiterbildung zur Inklusionsfachkraft abgeschlossen. Elternbeirätin Katrin Dittmann hat sie zum Stand der Inklusion in der Schnirkelschnecke befragt.

Katrin Dittmann: Frau Jahn, der Kindergarten Schnirkelschnecke beherbergt mittlerweile drei integrative Gruppen. Nun sind Sie auf dem Weg von einer integrativen zu einer inklusiven Pädagogik. Was heißt das konkret?

Marion Jahn: Inklusion umfasst die Vorstellung, dass Kinder heterogen, also in gemischten Gruppen miteinander leben und lernen. Die Heterogenität bezieht sich jedoch nicht nur auf Kinder mit unterschiedlichen körperlichen, geistigen und seelischen Besonderheiten bzw. Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen. Auch verschiedene Kulturkreise und Religionen, unterschiedliche Lebensumstände, das Alter und das Geschlecht der Kinder werden bei der inklusiven Pädagogik berücksichtigt. Ebenfalls spielt die Zusammenarbeit mit den Eltern eine große Rolle. Bei der Inklusion wird das Diversitäts-Prinzip angewendet, das besagt, dass die Vielfalt der Kinder in einer Gruppe als Chance betrachtet und genutzt wird. Jedes Kind wird mit seinen Kompetenzen geachtet.

Katrin Dittmann: Das hört sich nach einer großen Chance, aber auch nach einer umfangreichen Aufgabe an. Wie werden Sie dem gerecht?

Marion Jahn: Inklusion ist ein weites Feld. Wir geben uns große Mühe, inklusiv zu arbeiten und die Anforderungen zu erfüllen. Hierzu gehören neben laufender Fortbildung des Teams auch die barrierefreie Ausstattung der Einrichtung und die Schaffung zusätzlicher Räumlichkeiten für individuelle Therapien, was wir im Rahmen unserer Sanierung 2013 realisieren konnten. Zudem wurde der Betreuungsschlüssel erhöht: Es steht mehr Fachpersonal zur Verfügung, um den individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Durch eine fest angestellte Heilpädagogin können Therapien in den Gruppenalltag eingebunden werden. Außerdem gehört die Zusammenarbeit mit externen Therapeuten sowie Sozialeinrichtungen zum Alltag in einer inklusiven Einrichtung. Das Motto ist: Jedes Kind soll bekommen, was es braucht.

»Es ist normal, verschieden zu sein.«
Richard von Weizsäcker

Katrin Dittmann: Sie haben die Zusammenarbeit mit den Eltern angesprochen. Wie unterstützen Sie Eltern, deren Kinder eine spezielle Förderung benötigen?

Marion Jahn: Eltern haben oft Angst davor, dass ihr Kind »einen Stempel« bekommt, wenn es einen Inklusionsplatz in einer pädagogischen Einrichtung einnimmt. Hier helfen wir mit persönlichen Gesprächen, in denen wir beispielsweise über den Ansatz von Diversität aufklären und die individuellen Hilfen für die einzelnen Kinder erläutern. Wichtig ist ein laufender intensiver Austausch über die Entwicklung des Kindes anzubieten, um Unsicherheiten entgegenzuwirken.

Katrin Dittmann: Frau Jahn, seit Anfang dieses Jahres sind Sie Inklusionsfachkraft. Was haben Sie aus der Weiterbildung persönlich mitgenommen?

Marion Jahn: Bei allen Diskussionen über die Definition von Inklusion darf man nicht vergessen, welche Chancen inklusive Gruppen bieten. Sie können hier schon früh erfahren, dass es Kinder gibt, die anders sprechen, denken, lernen oder spielen. Die Kinder erleben verschiedene Menschen und erfahren, dass auch sie in ihrer Individualität gesehen und wertgeschätzt werden. Katrin Dittmann

Artikel vom 12.09.2016
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