»Vater des Transrapid«: Hans Georg Raschbichler feierte seinen 75sten

»Magnetschwebe-Technik hat Zukunft«

Hans Georg Raschbichler mit einem Modell »seiner« Magnetschwebebahn.	Foto: MO

Hans Georg Raschbichler mit einem Modell »seiner« Magnetschwebebahn. Foto: MO

Ottobrunn · Sachen erfunden und entwickelt hatte Hans Georg Raschbichler schon als kleiner Junge. Der 1941 geborene Ottobrunner baute in seiner Jugend einen Morseappartat, ein Detektorradio und legte zusammen mit seinen Freunden eigene Telefonleitungen mit umgebauten Kopfhörern als Mikrofone.

So war es kein Zufall, dass er als junger Diplom-Ingenieur in der Entwicklungsabteilung der Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) landete. »Wir beschäftigten uns mit Entwicklungen aller Art: Es ging um Elektrofahrzeuge, Kranhubschrauber und Kartoffelschälauto- ­maten«, erinnert sich Rasch­bichler.

Anfang im Haidgraben

Im Jahr 1966 gab ihm sein Chef Ludwig Bölkow einen folgenschweren Auftrag, der sein gesamtes Berufsleben entscheidend prägte: Er sollte das über 30 Jahre alte Patent für einen Schwebezug auf Umsetzbarkeit überprüfen. Bölkow hatte dessen Erfinder Wilhelm Kemper bei einer Kur im Allgäu kennengelernt. Raschbichler besuchte Kemper, dessen Idee bisher nur auf dem Papier existierte; ihm fehlte die Elektronik und die elektrische Antriebstechnik. Die Frage war vor allem: Ist die Magnetschwebetechnik bei 400 km/h stabil?

Raschbichler und sein Team entwarfen den ersten schwebenden Magneten. Auf der 660 Meter langen Teststrecke im Haidgraben auf dem MBB-Gelände schwebte Ende der 1960er Jahre der erste Transrapid mit Heißwasserdampf als Antrieb. »Wenn der Transrapid startete, tat die Heißwasserrakete einen Schlag, eine Dampfwolke zischte und los ging es mit 100 bis 150 km/h«. Doch erst auf der Teststrecke in Manching (1.600 Meter) wurden Anfang der 1970er Jahre 400 km/h erreicht. An der Frage, ob der Motor weiterhin im Fahrzeug oder im Schienenweg eingebaut werden sollte, zerbrach Raschbichlers Zusammenarbeit mit MBB. 1974 wechselte er zu Thyssen, um eine Magnetschwebebahn mit neuer Antriebstechnik im Fahrweg zu bauen, die sogenannte Langstatortechnik.

1982 begann der Bau einer fast 22 Kilometer langen Teststrecke im Emsland. In den 1980ern entstand auch eine letztlich nie realisierte Vision für den Einsatz des Transrapid: »das große C«. Dabei handelte es sich um eine Nord-Süd-Trasse, die sieben westdeutsche Großflughäfen zwischen Hamburg und München verbinden sollte – eine C-förmige Spange, die eine Alternative zu Inlandsflügen werden sollte. 1994 beschloss der Bundestag eine Transrapid-Linie von Hamburg nach Berlin, die im Jahr 2000 aus Kostengründen aufgegeben wurde. Ähnlich endete 2008 das Projekt in München, das Hauptbahnhof und Flughafen in zehn Minuten verbinden sollte.

Transrapid in Shanghai

Schweben sollte der Transrapid dann doch noch. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde der Fahrbetrieb in Shanghai zwischen Stadtzentrum und dem internationalen Flughafen Pudong eröffnet – in der Silvesternacht 2002. »Meine Frau und ich haben uns für die Jungfernfahrt ganz hinten in den Zug gesetzt. Ich wollte es in Ruhe genießen, dass wir endlich zu einer kommerziellen Anwendung gekommen sind mit 430 km/h. Das war schon ein erhebendes Gefühl«, erinnert sich Raschbichler. Er bedauert allerdings, dass heute der Fahrkomfort nicht mehr so gut sei. »Da fehlt ein wenig fachmännische Überprüfung.«

Auch wenn der Transrapid mit dem Schließen der Teststrecke im Emsland 2011 in Deutschland nirgends mehr schwebt und Raschbichler das betroffen macht, glaubt er dennoch an dessen Zukunft. »Ich bin überzeugt, dass sich die Transrapid-Technologie durchsetzen wird.« MO

Artikel vom 24.08.2016
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