Alkohol, Drogen, Medien

Die Suchtberatungsstelle Ebersberg hilft Auswege zu finden

»Die Grenzen zur Abhängigkeit sind oft fließend«, erklärt  Sozialpädagogin Anja Röhrig.	Foto: sd

»Die Grenzen zur Abhängigkeit sind oft fließend«, erklärt Sozialpädagogin Anja Röhrig. Foto: sd

Ebersberg · Wann wird man von einer Substanz abhängig? Der Prozess ist meist schleichend und gar nicht so leicht zu beantworten. Vor allem der Moment, sich selbst seine Sucht einzugestehen.

Eine Anlaufstelle für Suchtprobleme ist die Suchtberatungsstelle im Gesundheitsamt Ebersberg, an der Eichthalstraße 5. Hier können Betroffene, Angehörige, Partner und Freunde sich vertraulich, kostenlos, anonym und unabhängig von Nationalität und Konfession beraten lassen. »Neben der individuellen Beratung in Fragen zur Sucht ist ein sehr wesentlicher Teil der Aufgaben vor allem die Durchführung suchtpräventiver Vorträge, Veranstaltungen und Projekte«, erklärt Anja Röhrig, die für die Suchtberatung zuständige Sozialpädagogin im Gesundheitsamt Ebersberg. Dabei muss es sich nicht immer um ein Alkoholproblem handeln: »Suchtprobleme tauchen in allen Altersgruppen und Einkommensgruppen auf. Neben stofflichen Süchten wie zum Beispiel Alkohol- oder Drogensucht kann auch eine nichtstoffliche Sucht vorliegen, wie beispielsweise Glücksspielsucht oder Computer- und auch Smartphonespielsucht«, so Röhrig.

Da sich viele direkt Betroffene häufig nicht selbst an die Suchtberatung wenden, findet ein großer Anteil der »Beratungsarbeit« im Umfeld dieser Personen statt. Besorgte Ehepartner, Eltern, Geschwister, Freunde oder auch Personen aus anderen Hilfesystemen werden aktiv eingebunden. »Im Rahmen der Suchtberatung geht es in Erstgesprächen oft darum, bei den Klienten zunächst ein Problembewusstsein, ebenso Motivation und Zuversicht in Bezug auf eine mögliche Veränderung zu erreichen«, sagt Anja Röhrig. »Bei Bedarf werden die Klienten direkt bei der Auswahl ambulanter und stationärer Therapieeinrichtungen unterstützt. Sie erhalten Hilfestellung bei der Klärung der Kostenübernahme und bei den notwendigen Anträgen«, so Röhrig. »Viele Klienten werden nach ersten Abklärungs- und Motivationsgesprächen aber auch an geeignete Stellen weitervermittelt, insbesondere an die dafür vorgesehene Fachambulanz für Suchterkrankungen der Caritas.«

Gerade im so trinkfesten und bierseligen Bayern macht die Alkoholsucht den Großteil der Beratungsfälle aus. So auch in Ebersberg. Denn Alkohol nimmt in der Gesellschaft nach wie vor einen hohen Stellenwert ein. Er ist fest integriert bei Stammtischen, Volksfesten, Brauchtumsveranstaltungen und auch in Verbindung mit einem guten Essen. Doch wann ist es zu viel? »Wenn nicht mehr der Genuss des Alkohols, sondern dessen Wirkung im Vordergrund steht, ist die Gefahr einer Suchterkrankung schon gegeben«, sagt die Sozialpädagogin Röhrig. »Die Grenzen zwischen Missbrauch und Abhängigkeit sind dann fließend.«

Als Anhaltspunkte, die auf eine Suchterkrankung hindeuten können, hat die Suchtberatungsstelle folgende Punkte ausgearbeitet:

  • Ein starker Wunsch oder sogar Zwang Alkohol zu konsumieren oder ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, auch wenn keine oder noch keine körperliche Abhängigkeit vorliegt bzw. keine körperlichen Symptome beim Entzug auftreten.
  • Ein Kontrollverlust darüber, wann getrunken, wann mit dem Trinken aufgehört und wie viel Alkohol konsumiert wird. Süchtige werden auch bei finanziellen Schwierigkeiten weiter Substanzen konsumieren bzw. entsprechendes Verhalten zeigen.
  • Die Unfähigkeit zur Abstinenz, das heißt nicht auf den Konsum oder das Verhalten verzichten zu können, obwohl bereits gesundheitliche und soziale Auswirkungen deutlich sichtbar sind.
  • Die Bildung einer zunehmenden Toleranz gegenüber Alkohol oder dem Verhalten, das heißt, es werden immer größere Mengen davon benötigt, um die gleichen Effekte zu erreichen.
  • Es sind Entzugserscheinungen erkennbar wie schwitzen, zittern usw.
  • Auch bei nicht körperlich abhängig machenden Suchterkrankungen könne Entzugserscheinungen auftreten wie Nervosität, Aggressionen etc.
  • Das Interesse an bisherigen Unternehmungen und sozialen Kontakten geht verloren, bis hin zur Vernachlässigung oder sogar dem Verlust des Jobs.

»Wie bei allen Veränderungen braucht auch der Weg aus einer Sucht Zeit und Geduld. Die eigene Rückfallgefährdung wird oft unterschätzt, darum ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen«, weiß Anja Röhrig aus Ihrer Erfahrung in der Suchtberatungsstelle. Denn bei allen stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen wird im Gehirn des Betroffenen bei erneutem Suchtmittelkonsum das so genannte Suchtgedächtnis sofort wieder aktiviert, das erlernte Suchtverhalten wird wieder abgerufen. Alkoholismus ist daher eine unheilbare Suchtmittelerkrankung, die im Idealfall zum anhaltenden Stillstand gebracht werden kann.

Hilfreich haben sich hier nach einer Entgiftung und Entwöhnungstherapie zur Unterstützung einer Abstinenz der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe erwiesen. Dadurch kann der Betroffene in der Gruppe unter anderem Feedback in Bezug auf seine Person, seine Lebenssituation und sein Verhalten, ebenso Hilfe beim Aufbau von Bewältigungsstrategien zur Vermeidung von Rückfällen erhalten.

Die Suchtberatungsstelle ist persönlich und telefonisch unter 0 80 92 / 832-362 von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr zu erreichen.

­Weitere Infos bekommt man außerdem per E-Mail unter suchtberatung@lra-ebe.de oder unter www.suchtlos-ebe.de im Internet.

Von Stefan Dohl

Artikel vom 12.08.2016
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