Für die Menschen da sein

Erfahrungsbericht: Mit der Ebersberger Krankenpflegeschule ans Ziel

Praxisanleiter Horst Mauerer (li.) zeigt Pflegeschüler Raphael Dörrer, wie ein Zentraler Venenkatheter aufgebaut ist.	Foto: kk

Praxisanleiter Horst Mauerer (li.) zeigt Pflegeschüler Raphael Dörrer, wie ein Zentraler Venenkatheter aufgebaut ist. Foto: kk

Ebersberg · »Meine Hände sind etwas feucht, aber zum Glück zittere ich nicht«, sagt Raphael Dörrer und lächelt. Vor ihm auf einem Rollwagen liegen fein säuberlich sortiert steril verpackte Pinzetten, Kompressen und weiteres Verbandsmaterial.

Der 17-Jährige ist im zweiten Ausbildungsjahr an der Ebersberger Berufsfachschule für Krankenpflege an der Kreisklinik Ebersberg und darf heute zum ersten Mal bei einer Patientin einen »ZVK ziehen«. ZVK steht für »Zentraler Venenkatheter«, ein Zugang, über den Patienten mit Infusionen und Medikamenten versorgt werden. »Das A und O ist immer eine hygienische Arbeitsweise«, sagt Praxisanleiter Horst Mauerer mit Nachdruck zu Raphael, als sie vor der Tür der Patientin stehen. »Wenn du ins Zimmer gehst, als erstes die Hände desinfizieren!«

Kurz darauf kommt der Schüler strahlend wieder aus dem Patientenzimmer. Dank der Hilfestellung durch den Praxisanleiter hat er die Aufgabe gut gemeistert. Während seiner Zeit in der chirurgischen Abteilung wird er noch vieles mehr lernen, etwa intramuskuläre Injektionen setzen, Verbände wechseln, Umgang mit der Pflegedokumentation oder die Körperpflege der Patienten. Die neu geübten Pflegehandlungen und seine Entwicklung dokumentiert Raphael in seinem Praxisbegleitbuch.

Während ihrer dreijährigen Ausbildung zum examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger durchlaufen die Schülerinnen und Schüler zwischen den theoretischen Unterrichtsblöcken sämtliche Stationen der Kreisklinik Ebersberg, um ein möglichst breit gefächertes, praktisches Know-how aufzubauen – 2500 Stunden insgesamt. Sind es im ersten Jahr eher Bereiche für die allgemeine Pflege wie etwa die Chirurgie, so stehen bereits im zweiten Schuljahr auch die Intensivstation oder die Schlaganfalleinheit auf dem Plan. Hinzu kommen Außeneinsätze wie zum Beispiel in der Pädiatrie oder der ambulanten Krankenpflege, die bei Kooperationspartnern abgeleistet werden. Ein Vorzug für die Ebersberger Klassen ist das Lernen in Fachbereichen, die über die gesetzlich vorgegebenen Pflichteinsätze hinausgehen. Dazu gehören zum Beispiel die Endoskopie, das Herzkatheterlabor oder die onkologische Tagesklinik.

»Die Klinik- und Außeneinsätze entscheiden wir so weit möglich individuell, je nach Reife und Alter der Schüler«, erklärt Gaby Stadler, Leiterin der Ebersberger Berufsfachschule. Dadurch, dass die Einrichtung mit insgesamt 75 Ausbildungsplätzen überschaubar ist, kennen sie und die anderen Lehrkräfte jeden einzelnen Schüler – nicht nur den Namen, sondern auch seine Stärken und Schwächen. »Damit können wir eine sehr persönliche Betreuung und Begleitung durchführen«, so Stadler. Sechs festangestellte Lehrkräfte sowie freiberufliche Dozenten wie etwa Rechtsanwälte und Psychologen sorgen für eine fundierte theoretische Ausbildung nach modernen Unterrichtsmethoden. Ein weiterer Pluspunkt: Es gibt keine Sprechstunden der einzelnen Lehrkräfte, sondern jeder kann bei Fragen oder Probleme jederzeit seinen Lehrer oder die Schulleitung aufsuchen. »Offenheit und Transparenz sowie ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern – das ist der Geist in unserer Schule«, sagt die Leiterin.

Auch die Zusammenarbeit mit der Klinikleitung ist nach Einschätzung von Gaby Stadler eng und unkompliziert: »Über kurze Wege erarbeiten wir mit der Pflegedirektion und der Personalabteilung neue Lösungen zur Optimierung der Ausbildung.« Erst im Dezember wurden fünf Praxisanleiter etabliert, erfahrene examinierte Krankenpflegerinnen und -pfleger, die freigestellt sind, um sich ausschließlich den Auszubildenden auf den Stationen zu widmen. Einer von ihnen ist Horst Mauerer. Rund 20 Jahre lang arbeitete der heute 44-Jährige auf der Intensivstation, bevor er sich für diese neue Aufgabe entschied: »Ich kann mich voll auf den Schüler konzentrieren und bin nicht gleichzeitig in den Stationsablauf eingebunden, wie es meist üblich ist.« Eine Besonderheit, mit der Ebersberg Pionierarbeit leistet.

Raphael ist glücklich mit seiner Ausbildung. »Eigentlich wollte ich Elektroniker werden, habe aber schnell gemerkt, dass mir das nicht liegt. Ich arbeite lieber mit Menschen«, erzählt der 17-Jährige. Bei einem Praktikum in der Handchirurgie »funkte« es, sofort danach bewarb er sich um eine Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger. Seine bisherige Bilanz: »Der Beruf ist total abwechslungsreich und das Team hier ist super!«

Artikel vom 05.04.2016
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