Das Projekt »BIWAQ«

Giesing · Breites Infrastrukturspektrum für Beschäftigung und Ökonomie

Optimistisch zeigte sich Rathaus-Vize Josef Schmid bei der Präsentation von BIWAQ in Giesing.	Foto: Harald Hettich

Optimistisch zeigte sich Rathaus-Vize Josef Schmid bei der Präsentation von BIWAQ in Giesing. Foto: Harald Hettich

Giesing · Durch Mittel aus Bundes-Projekt »BIWAQ« (Bildung, Wirtschaft und Arbeit im Quartier) sollen in den kommenden drei Jahren rund 120 Arbeitslose aus den Stadtteilen Giesing, Berg am Laim und Ramersdorf durch jeweils einjährige Berufs-Qualifizierungsmaßnahmen zum interkulturellen Pflege- und Betreuungsassistenten oder zur Hausmeister-Service-Assistenz ausgebildet werden.

Zudem sollen vom 1,6 Millionen Euro umfassenden Paket an Fördergeldern, die der Stadt aus Bundestöpfen zur Verfügung gestellt werden, auch Gelder zur Stärkung der lokalen Infrastruktur fließen, mit denen vor allem das Geschäftsleben in den Vierteln angekurbelt werden soll. Münchens Zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU) präsentierte in der vergangenen Woche als Leiter des Referats für Wirtschaft und Arbeit mit Organisations-Partnern das Projekt bei einer Pressekonferenz in der Obergiesinger Gaststätte »Edelweiß«. Im zweiten Teil der Veranstaltung besuchte Schmid mit den BIWAQ- Organisatoren Giesinger Geschäftsleute entlang des Viertel-Zentrums an der Tegernseer Landstraße , um deren Wünschen und aktuellen Nöten auf den Zahn zu fühlen und Anregungen für Projektideen im Rahmen des Förderprogramms einzuholen. »Wir wollen einen Mehrwert für die Quartiere schaffen, indem wir Arbeitslose qualifizieren und bei der Suche nach Arbeit unterstützen«, unterstrich Schmid. »Ebenso stärken wir die lokalen Netzwerke durch verschiedene Maßnahmen, so zum Beispiel durch die Vernetzung Gewerbetreibender im Quartier.« Finanziert wird die Maßnahme, an der neben München 74 weitere Kommunen ausgewählt wurden, aus Mitteln des europäischen Sozialfonds und des Bundes-Umweltministeriums.

Tatjana Ozimkovska strahlt. Gerade haben die Maßnahme-Teilnehmer von »work&act« (zu deutsch: arbeiten und Handeln) als Teil des BIWAQ-Programms vor dem Bürgermeister, der örtlichen Bezirksausschuss-Vorsitzenden Carmen Dullinger-Oßwald, Projektmachern und Zaungästen eine ganz besondere Performance mit Bravour erledigt. In einer kurzen, spielerischen Bühnensequenz streiften die Teilnehmer darstellerisch Teilaspekte ihrer Ausbildung. Das Ganze ist Teil eines Theaterprojektes als wesentlicher Baustein von »work&act«. »Die Teilnehmer sollen lernen, sich selbstsicher zu präsentieren, eigene Sprachfertigkeiten auszubauen und zu trainieren, Konfliktverhalten zu schulen, Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit verbessern«, erklärt die gebürtige Ukrainerin Ozimkovska, die als Sozialpädagogin in der Leitung des mehrgliederigen Programms wirkt. Der kurze Theaterausschnitt soll versinnbildlichen, wie die Annäherung unter den Teilnehmern und an die wechselnden Aufgaben im Rahmen der Ausbildung erfolgt. Aus einem Gewirr durcheinander sprechender und schreiender Akteure entsteht langsam und durch stetig verbesserten Dialog ein Muster der Verständigung, eine Annäherung an Probleme und interkultureller Barrierenabbau. Interkulturelle Kommunikation, Konfliktmanagement, Fachspezifisches Deutsch stehen auf dem Lehrplan einer Maßnahme mit zwei Ausbildungsrichtungen und aktuelle 40 Teilnehmern aus 22 Nationen. Maria Neusa-Gruber ist eine der Teilnehmerinnen. Die 44jährige Brasilianerin will nach dem Programm mit Qualifizierungen im Pflegebereich möglichst eine Anstellung in der Altenpflege bekommen. Der 42jährige Jesse O.Gerdes will als Hausmeister tätig werden. »Endlich einen geeigneten Job finden«, dieser Wunsch eint nicht nur diese beiden. Beim Theaterstück, das im Frühsommer auch in voller Länge einem Publikum präsentiert werden soll, wollen sie ihre Lern- und Teamfähigkeit schon einmal spielerisch unter Beweis stellen. An diesem Vormittag ist das bestens gelungen.

»Ich bin zuversichtlich, dass dieses Programm zum Erfolgsmodell wird«, gibt auch Rathaus-Vize Schmid dem Unterfangen rhetorisch Rückenwind. Ehrgeizig sind auch die Macher. »Wir wollen 60 Prozent der Teilnehmer aus den kommenden drei Jahren in den Arbeitsmarkt integrieren«, hat Katja Motschmann vom Deutschen Erwachsenen- Bildungswerk als einem der federführenden Projektpartner neben der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung die Latte des Erfolgs bewusst hoch gehängt. Bisher sehe es gut aus, so Motsch­mann. Die Teilnehmer des ersten Jahres seien nicht nur beim flankierenden Theaterprojekt mit Feuereifer dabei. Stärkung der lokalen Ökonomie haben sich die »work&act«-Macher von BIWAQ im zweiten Projektteil auf die Fahnen geschrieben. Entlang der Tegernseer Landstraße begab sich Bürgermeister Schmid mit seiner Entourage auf einen kleinen Rundgang. Alexander Felzmann, Inhaber eines alteingesessenen Schuhgeschäfts vor Ort, warb für den Erhalt gewachsener Strukturen und den Verbleib auch vertrauter kleinerer Geschäfte in einem immer schwierigen geschäftlichen Umfeld. »Die Großbaustelle TeLa war im letzten Jahr eine zusätzliche Belastung«, so Felzmann. Jetzt gelte es, die Meile noch attraktiver zu gestalten. Die Geschäftsvielfalt müsse sich noch verbessern. Der Branchen-Mix lasse noch zu wünschen übrig, so der Unternehmer. »Wir Geschäftsleute würden auch gerne Wochenmärkte organisieren«, schrieb Felzmann dem Gast aus dem Rathaus ins Tagebuch. In der nahen Buchhandlung im Umgriff klagt Gerhard Drechsler über die Laden-Leerstände und den »furchtbaren Verkehr«. Immerhin, zeigt sich BA-Chefin Dullinger-Oßwald optimistisch, habe sich die Parkplatznot durch Ausweisung weiterer Parkflächen in den Nebenstraßen etwas entspannt. Dennoch: auf notwendige, weitere Infrastrukturverbesserungen gerade im nördlichen Bereich der Tegernseer Landstraße weisen auch die beiden örtlichen Quartiermanager Anna Canins und Torsten Müller als intime Kenner der Szenerie vor Ort hin.

»Im Kern geht es um eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität, der Verkehrssicherheit und der Erreichbarkeit als Basis für eine erfolgreiche Geschäftsstraße«, fassen sie die Ansprüche der Menschen vor Ort zusammen. »Dazu gehört auch eine Aufwertung des Tegernseer Platzes«, so Canins. Immerhin habe die Wiedereröffnung des Kaufhauses dort eine Belebung für die Geschäfte darum herum gebracht. Das reicht aber noch nicht, durfte Rathaus-Vizechef Schmid erfahren. »Wir werden die Vorschläge prüfen«, versprach er. In welche Kanäle die für die Stärkung der lokalen Ökonomie veranschlagten Fördergelder exakt strömen, sei aber noch nicht geklärt. Mögliche Verwendungszwecke scheinen sich aber allein schon in Obergiesing vielseitig anzubieten.

Harald Hettich

Artikel vom 18.03.2016
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