Auf d’Nacht beim Wirt

Wirtshaussterben erreicht Erding in abgeschwächter Form

Ein Bild aus besseren Zeiten: 2009 konnte der »Bayerische Frühschoppen« noch beim Kratzerwirt in Berglern stattfinden.	Foto: kw

Ein Bild aus besseren Zeiten: 2009 konnte der »Bayerische Frühschoppen« noch beim Kratzerwirt in Berglern stattfinden. Foto: kw

Kreis Erding · »Wenn das Gasthaus stirbt, stirbt das Dorf« – Der Hotel- und Gaststättenverband hat für den Kreis Erding Zahlen heraus gegeben, die in der Tendenz nicht wirklich überraschen, aber doch zugleich einen Rückgang der Betriebe auch für den Kreis Erding dokumentieren.

Wo immer plötzlich ein Gasthaus schließt, vor allem dann, wenn es das einzige oder letzte im Ort ist, werden die politisch Verantwortlichen phantasievoll. Das geht bis hin zu Übernahmen durch Gemeinden oder Vereine. So beispielsweise in Berglern im Norden des Kreises. Dort hat der »Kratzerwirt« dicht gemacht, dem Sportheim blieb das einzige Berglerner Gasthaus. Hierher verlegte Bürgermeister Simon Oberhofer sogar seinen Neujahrsempfang. Das hat was, denn das beschert dem Wirt einen guten Umsatz, erinnert die Menschen an die Existenz dieses Gasthauses, das im konkreten Fall über einen Saal verfügt, in dem sich sogar Theater spielen lässt. Das geschieht aktuell sogar wieder. Kulturveranstaltungen, die früher beim Kratzerwirt stattfanden, laufen jetzt hier. Bei einem Pächterwechsel gibt es immer bange Augen, ob der auch gelingt. Oberhofer sprach das bei seinem Neujahrsempfang auch an. Längere Schließungszeiten der einzigen Gaststätte im Ort gefährden deren Existenz grundsätzlich. Bayernweit sind nach einer Studie der Universität Eichstätt, die der Verband der Redaktion übermittelt hat,4.359 Schankbetriebe gemeldet. Die Zahlen stammen von 2011, neuere sind nicht verfügbar. Das bedeutet einen Rückgang um fast 30 Prozent seit dem Jahr 2000. In 500 bayerischen Gemeinden gab es kein Wirtshaus mehr. Im Kreis Erding mag man noch einigermaßen zufrieden sein mit einem Rückgang von »nur« zehn Prozent bei den Betrieben, die vom Verband als »speiseorientiert« bezeichnet werden. Bei den getränkeorientierten Betrieben steht der Kreis Erding mit einer ausgeglichenen Bilanz sogar recht gut da.

Der Blick auf die Karte zeigt: In der wirtschaftlich enorm starken Region rund um München geht man offenbar gern zum Wirt. Aber es gibt Entwicklungen im Kreis Erding, die auch den Verband alarmieren. So haben sich unter anderem im Zusammenhang mit dem Rauchverbot private Clubs etabliert, die von den Wirten drastisch als »Schwarzgastronomen« bezeichnet werden, und deren Betreiber tatsächlich zuweilen massiv auftreten. Das geht nach dem Bericht von Zacharias Schönberger (»Hinterhof-Zache«, Wartenberg) so weit, dass diese in den Gaststätten auftauchen und verkünden, dass man bei ihnen rauchen dürfe und das Bier billiger sei. Der Fall ist bei der Polizei aktenkundig, denn nur mithilfe der Uniformierten sei er diesen Störenfried wieder los geworden, so Schönberger. Der Gemeinde sind oft die Hände gebunden, denn diese Schwarzgastronomen bezeichnen ihre Veranstaltungen als »geschlossene Gesellschaften«, was sie möglicherweise aber nur formell sind, denn die Einladungen erfolgen über Rund-SMS. Der Hotel- und Gaststättenverband weiß das auch und Pressesprecher Frank-Ulrich John konnte seine Mitglieder nur ermuntern, sich an den Verband zu wenden, damit dieser auch tätig werden könne.

kw

Artikel vom 11.03.2016
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