Eine hitzige Debatte

Erding · Verkaufsoffene Sonntage: OB Max Gotz wagt den Spagat

An verkaufsoffenen Sonntagen ist die Innenstadt von Erding schwarz von Menschen. Änderungsbedarf lassen Bilder wie diese jetzt erst mal nicht erkennen. 	Foto: kw

An verkaufsoffenen Sonntagen ist die Innenstadt von Erding schwarz von Menschen. Änderungsbedarf lassen Bilder wie diese jetzt erst mal nicht erkennen. Foto: kw

Erding · Nur noch ein verkaufsoffener Sonntag im Jahr? Der Vorstoß von Oberbürgermeister Max Gotz schlug ein wie eine Bombe. Zustimmung kam, wie nicht anders zu erwarten, von der katholischen Kirche und den Gewerkschaften, aber eben auch aus Teilen der Partei des OB, der CSU. Die ist in dieser Frage jetzt vor eine echte Herausforderung gestellt. Soll sie sich als Wahrer christlicher Werte und damit auch der Feiertagsruhe profilieren oder als Sachwalter der Interessen des Mittelstandes, zu dem der Einzelhandel selbstverständlich auch gehört?

Beide Seiten haben sich in der Partei schon zu Wort gemeldet, aber die CSU in Erding kann die Entscheidung nicht alleine treffen. Die SPD mischt auch mit und die hat das gleiche Problem: einerseits die Gewerkschaftsvertreter, denen diese Frage schon lange auf den Nägeln brennt, andererseits jene Genossen, die genau verstanden haben, dass das Geld ja irgendwie verdient werden muss. Auch hier haben sich beide Richtungen schon geäußert, die Debatte ist voll entbrannt. Dabei hat Max Gotz bei Licht betrachtet ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts genau studiert: Die sogenannten Marktfestsetzungen sind nicht mehr unproblematisch. Ein paar Stände aufzubauen, um einen Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag zu schaffen, reicht halt nicht mehr. Das ist in einem Fall im Nachbarkreis Freising entschieden worden, und da war es die Gewerkschaft, die sich letztinstanzlich durchgesetzt hat, teilweise sogar gegen erklärte Interessen mancher Arbeitnehmer.

Rund um Ikea in Eching geht nichts mehr. Das Gericht hatte genauso argumentiert, wie es Gotz jetzt tut: Da werden mit teilweise erheblichem Aufwand Anlässe geschaffen, um die Gewerbegebiete außerhalb der Altstadt von den verkaufsoffenen Sonntagen in der Innenstadt nicht abzuhängen. Der Zweck ist klar: Der Anlass dient der Geschäftsöffnung, und nicht etwa die Geschäftsöffnung einem traditionellen Markt mit überlokaler Bedeutung. Genau das aber hatte das Gericht moniert, und daran konnte auch etwa Harald Irl (Semptpark) nicht vorbei, auch wenn dieser mit Recht festgehalten wissen wollte, dass die gerade im Semptpark organisierten Märkte eine erhebliche Anziehungskraft ausüben und sich gut etablieren konnten. Hintergrund ist eine von Christine Haderthauer seinerzeit durchgesetzte Regelung, wonach Marktfestsetzungen nicht das ganze Stadtgebiet betreffen dürfen, sondern klar begrenzt sein müssen. Damals schon hatte die CSU-geführte Landesregierung ihr eigenes Klientel, eben den Mittelstand, nicht unerheblich vergrätzt. Genau diese Regelung hat auch zu den vielen Anlässen in den Gewerbegebieten geführt, die Gotz jetzt zum Thema gemacht hat. Bei Ardeo konnte man der ganzen Sache sogar etwas Positives abgewinnen. Hier sieht man den Vorstoß des Oberbürgermeisters als Weckruf an und fühlt sich angesprochen, sich des Themas »verkaufsoffener Sonntag« mit mehr Liebe anzunehmen. Schon gibt es die ersten, die in dasselbe Horn blasen und den Spieß umdrehen, den Gewerbegebieten viel Phantasie bei der Gestaltung dieser Tage bescheinigen, eine Phantasie, die der Innenstadt abgehe. Aber auch diese Kritik würde bedeuten, das Kind mit dem Bade auszuschütten, denn die Innenstadt ist an verkaufsoffenen Sonntagen oft genug derart voll, dass mehr fast nicht geht. So könnte die Auffassung aufkommen, dass es gar nicht nötig ist, was zu ändern. Die Leute mögen das so und gut ist es.

Was allerdings unwidersprochen blieb, war eine Befürchtung, die sofort gekommen ist: Wenn Erding hier einen Alleingang bei der Reduzierung macht, ist Kaufkraftabfluss in die Nachbarstädte nicht zu vermeiden.

kw

Artikel vom 19.02.2016
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