Keine Macht den Drogen

Ottobrunn ·Kinder stark machen gegen Drogen

Inge Geißler, Referent Kriminalhauptkommissar Nicolo Witte und Ingrid Wiegand (v. l.).	Foto: VA

Inge Geißler, Referent Kriminalhauptkommissar Nicolo Witte und Ingrid Wiegand (v. l.). Foto: VA

Ottobrunn · »Hasch macht doch nicht süchtig«. Kaum eine Droge wird so unterschiedlich beurteilt wie dieses zu Platten oder Klumpen gepresste Harz, das im Wesentlichen aus den Blütenständen der weiblichen Hanfpflanze gewonnen wird. »Cannabis« ist der lateinische Begriff für die Hanfpflanze; Oberbegriff für Haschisch und Marihuana.

Bereits 600.000 vorwiegend junge Menschen weisen in Deutschland einen missbräuchlichen oder abhängigen Cannabiskonsum auf. Aber wir haben auch 16 Millionen Nikotinabhängige und als Folge davon 120.000 Tote jährlich und 2,7 Mio. Alkoholiker, von denen jedes Jahr 73.000 an ihrer Sucht sterben. Dazu kommen 1,4 Mio. Medikamentenabhängige, sowie 275.000 anderweitig Suchtkranke. Der wichtigste Grund für den immensen Konsum von Drogen aller Art ist die Tatsache, dass diese viel zu leicht verfügbar sind. Es zeigt sich, dass in liberalen Ländern besonders viel Cannabis konsumiert wird. Die Tabak- und Alkoholindustrie (z.B. mit Alkopops) hat bereits die Zwölfjährigen in ihrer Werbung im Blick. Das waren harte Fakten, die Kriminalhauptkommissar Nicolo Witte, Ansprechpartner für Sucht- und Drogenprävention vom Münchner Kommissariat 105, bei einem Vortrag in Ottobrunn präsentierte. Die Frauenunion hatte ihn dazu eingeladen. Hauptaugenmerk wurde dabei auf das Verhalten Jugendlicher gelenkt, deren Probierkonsum aus Neugier schnell zu einem schädlichen Dauerkonsum wird, wie Ingrid Wiegand, Apothekerin und Mitglied im FU-Vorstand, in ihrer kurzen Einführung sagte.

Die Gefahren von Alkohol und Nikotin sind bekannt, aber bei Cannabis sind die Folgen des Konsums umstritten. Suchtmediziner warnen eindringlich, dass jugendlicher Cannabiskonsum die Entwicklung des heranwachsenden Gehirns beeinträchtigt und bleibende Schäden nicht auszuschließen sind. Vor allem im Jugendalter begonnener hochdosierter langjähriger Cannabiskonsum kann zu kognitiven (Aufmerksamkeit, Konzentration und Lernfähigkeit) Einbußen führen, bis hin zu einer schizophrenen Psychose, Lungen- und Bronchialerkrankungen, einschließlich Lungenkrebs (ein Joint entspricht fünf starken Zigaretten), sowie Herz-, Kreislauf- und Hormonstörungen. Cannabis ist der häufigste Grund, weswegen junge Menschen erstmalig eine Suchttherapie beginnen. In der Drogenkonvention der Vereinten Nationen haben sich 184 Staaten (darunter Deutschland) verpflichtet, den Umgang mit Cannabis und anderen Drogen ausschließlich zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken zuzulassen. In Deutschland werden etwa 500 Schmerzpatienten mit Cannabis therapiert. Nun gibt es Bestrebungen, vor allem von der sog.

»Hanfgemeinde«, deren Protagonist auch anwesend war, Cannabis zu legalisieren, bzw. zu entkriminalisieren, ihr Motto »Freiheit auf Rausch«. Als wichtigste Argumente gegen die bisherige »Prohibitionspolitik« wird die hohe Anzahl der Konsumenten genannt und die Belastung der Behörden durch die Verfolgung des Besitzes kleiner Mengen Hasch. Der nicht unerhebliche Schwarzmarkt (Jahresumsatz bis zu 2 Milliarden Euro) würde dadurch eingedämmt. Es entwickelte sich zwischen einem anwesenden Jugendrichter, einem Arzt, Suchtberatern und dem Referenten eine Diskussion unter Experten. »Eine repressive Methode hilft nicht, den Konsum einzudämmen, da ständig neue Rauschcocktails auf den Markt drängen«, »Prävention ist nicht finanzierbar«, »Wenn wir zwei Übel haben (Rauchen und Alkohol) müssen wir nicht noch ein drittes tolerieren«, »Unser Ziel muss es sein, die Gesellschaft von allen Drogen zu befreien.« Das waren nur einige Argumente in der fair geführten Debatte. Nicolo Witte, der eine Legalisierung von Cannabis ablehnt, betonte, wie wichtig die Vorbildfunktion der Eltern ist. Liebe, Zärtlichkeit und Zuwendung mache Kinder stark, ggf. nein zu sagen. Kinder müssten an die Hand genommen und zu einer sinnvollen Lebensgestaltung angeleitet werden, z.B. Sport zu treiben, ein Musikinstrument zu lernen. Er meint: »Man muss nicht Cannabis rauchen, um ein interessantes Leben zu führen«.

Barbara Doenecke

Artikel vom 12.02.2016
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