Fliegender Retter

Modernste Technik und weniger Emissionen für neue Herausforderungen

Der neue »Star« der Luftrettung in Harlaching: die H 145 hatte schon bei der offiziellen Präsentation viele Fans in den Hangar gelockt.	Foto: Hettich

Der neue »Star« der Luftrettung in Harlaching: die H 145 hatte schon bei der offiziellen Präsentation viele Fans in den Hangar gelockt. Foto: Hettich

Harlaching/Giesing · Besonders leistungsstark, auf lange Flugstrecken ausgerichtet und in puncto Sicherheit nicht zu toppen: Beim Blick auf die neue H 145 der ADAC Luftrettung kommen nicht nur ausgesprochene Hubschrauber-Experten ins Schwärmen.

Bei der Präsentation des neuen fliegenden Retters in der vergangenen Woche war der schmucke wie neue »Christoph 1« im Hangar der Münchner Flugrettung auf dem Gelände des Harlachinger Klinikums erklärter Hauptdarsteller und im Mittelpunkt des Besucherinteresses. Nach über 30 Jahren löst die neue H 145 die alte BK 117 ab. Das Vorgänger modell stand bei der Präsentation vor dem Hangar schon fast ein wenig traurig im Abseits. Die BK 117 wird demnächst eine weite Reise antreten und künftig in Neuseeland eingesetzt werden. Mit dem Erwerb des neuen Modells setzt die ADAC Luftrettung dagegen ihren umfangreichen Flottentausch fort – bei dem bis 2018 stolze 17 Helicopter der neuen Generation die Vorgängermodelle ablösen.

Rund 130 Millionen Euro umfasst das Projekt. Allein etwa 8,5 Millionen Euro kostet die Münchner H 145 in spezieller Flugrettungsausführung und mit einer zusätzlichen Rettungswinde. »Mit diesem modernen, leistungsstarken und leisen Hubschrauber gehen wir einen großen Schritt in die Zukunft. Die H 145 ist ein enormer Gewinn für Patienten, Crew und Umwelt«, unterstrich Thomas Burkhardt in seiner Funktion als Technik-Vizepräsident des ADAC bei der festlichen Übergabe. »Sieht er nicht gut aus«, strahlte auch ADAC-Luftrettungs-Geschäftsführer Frederic Bruder dem neuen Star der Flotte entgegen. Im Hangar freilich wird die neue Rettungs-Wunderwaffe nicht lange zubringen. Rund 1.400 Einsätze pro Jahr absolviert ein Rettungs-Helicopter durchschnittlich. »Die wichtigste Zahl dabei ist bisher die Null«, unterstich Bruder mit Blick auf die bislang einwandfreie Verkehrsbilanz der Münchner Retter ohne einen Unfall in den vergangenen 45 Jahren der Flugrettung.

Beim neuesten Wunderkind der Flugrettung lohnt auch ein intensiverer Blick unter die »Haube«. Besonders auch in Sachen Lärmbelastung entspricht der »Neue« steigenden Ansprüchen. Durch einen ummantelten Heckrotor verursacht die neue Maschine nur noch einen Schalldruck von 70 Dezibel bei Start und Landung. Beim Vorgängermodell war die Lärmemission noch deutlich höher ausgefallen. Immer wieder in der Vergangenheit hatten gerade Anwohner in Harlaching über die Lärmbelastung geklagt. Doch die Rotoren-Ummantelung hat auch sicherheitstechnisch einen wichtigen Aspekt. Bisher zählten gerade die Heckrotoren zu den größten Gefahrenquellen für Personen am Boden. Glänzen kann die H 145 aber auch in Sachen medizinischer Ausstattung. Durch eine Verlagerung der Trage müssen Notarzt und Rettungsassistent künftig nicht mehr »über Kreuz arbeiten«.

Drehbare Sitze und ein flexibles Schienensystem zur Befestigung der medizinischen Gerätschaften an der Decke erleichtern das »Handling« für das Rettungspersonal zusätzlich. Auch die Maschinen-Power lässt sich sehen: zwei Turbinen mit je 1.083 PS sorgen für enorme Triebkraft und dafür, dass der Hubschrauber auch im Gebirge über genügend Leistung beim Einsatz mit der Rettungswinde verfügt. Gleichzeitig ist die H 145 auch in der Lage, etwa im Falle von Intensiv-Patientenverlegungen auch weite Strecken zurückzulegen. Modernste Funk- und Navigationsanlagen im ebenso modernen Glas-Cockpit bieten dem Piloten in seiner Kommandozentrale besten Blick auf alle Überwachungssysteme und auch ein weiter verbessertes Handling in der Navigation. Ein Kolisions-Warnsystem sorgt für zusätzliche Sicherheit. Der neue »Rettungs-Riese« ist zudem in der Lage, ohne Sicht in den Wolken zu fliegen. Lange Historie der Lebensrettung

Die Geschichte der ADAC-Luftrettung reicht lange zurück. Bereits 1968 charterte der ADAC in einem Pilotprojekt einen Hubschrauber, der unter dem Funkrufnamen »Kolibri« vom damaligen Flughafen München-Riem zu Einsätzen im südbayerischen Raum startete. Die Bilanz der ersten vier Wochen: Insgesamt 48 Mal brachten die Besatzungen schnelle Hilfe aus der Luft. Am 1. November 1970 startete nach erfolgreicher Testphase zum ersten Mal ein Rettungshubschrauber »Christoph 1« von München-Harlaching aus zu seinen Einsätzen. Es war die eigentliche Geburtsstunde der Luftrettung in Deutschland. Mit der legendären »BO 105« war die Luftrettung zunächst in die Flotte des Bundesgrenzschutzes eingegliedert. Nach dem Rückzug des Bundes aus der zivilen Luftrettung hob »Christoph 1« ab 1984 unter der Flagge des ADAC ab. Zusammen mit Rettungszweckverband München stellte der Automobilclub den ersten Rettungshubschrauber vom Typ BK 117 in Dienst.

Die zusätzliche Rettungswinde für alpinen Einsatz markierte ab 1995 einen weiteren, wichtigen Aktionspunkt. Seit 2008 verkehrt »Christoph 1« vom neu und modern ausgestalteten Luftrettungszentrum mit eigener Kommando­zentrale aus zu seinen Einsätzen. Mit stolzen (Rettungs)Zahlen: Heute betreibt allein der ADAC 37 Luftrettungsstationen und kann auf insgesamt rund 52.000 Einsatzflüge sowie 47.000 Patiententransporte im Jahr verweisen.

Der neue Flotten-Star H 145 wird dabei künftig selbst kräftig mit anpacken. Harald Hettich

Artikel vom 02.12.2015
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