Freies Netz für alle

Freifunk: Umstrittene Initiative auch in Erding aktiv

Freifunk in Erding: Im Hintergrund das Rathaus, das wohl außerhalb der Reichweite liegt. »Sicherheit: Keine« Die Warnung der Endgeräte ist unmissverständlich.	Foto: kw

Freifunk in Erding: Im Hintergrund das Rathaus, das wohl außerhalb der Reichweite liegt. »Sicherheit: Keine« Die Warnung der Endgeräte ist unmissverständlich. Foto: kw

Erding · Kostenloses Internet für alle! Im Netz kursieren in diesen Tagen viele Aufrufe, mitzumachen bei der Initiative, die sich »Freifunk« nennt, aus München kommt und in Erding massiv Fuß gefasst hat. Diese Aufrufe, vor allem in sozialen Netzwerken, haben durchaus Erfolg.

Da sitzen sie dann rund um den schon winterfest gemachten Brunnen auf dem Schrannenplatz und surfen mit ihren Smartphones im Internet, die Freifunk-Nutzer. Irgendwo in der Nähe steht ein sogenannter WLAN-Router, der so konfiguriert ist, dass ihn jeder nutzen kann. Und es werden immer mehr.

Die Freifunk-Initiative ist in Erding weiter als in der Nachbarstadt Moosburg, wo bei Redaktionsschluss gerade mal ein sogenannter »Knoten« existierte, und der ist auch noch so unglücklich postiert, dass nur wenige ihn nutzen können. Anders dagegen in Erding, wo die Redaktion das Netz testete: Auf dem Schrannenplatz ist fast überall guter Empfang. Die Freifunker haben einen Weg gefunden, die umstrittene Störerhaftung, zum Beispiel durch das Veröffentlichen rechtswidriger Inhalte in Online-Foren oder durch Verletzung von Urheberrechten, zu umgehen: Ihre Daten fließen über die Niederlande und unterliegen damit niederländischem Recht. Das hat unmittelbare Auswirkungen. Jeder, der zulässt, dass über seinen Internetzugang Verbotenes stattfindet, kann über die Störerhaftung zur Verantwortung gezogen werden. Sobald aber der Datenfluss über die Niederlande läuft, geht das nicht mehr. Und hier liegt das Problem an der ganzen Sache. Die Initiative nutzt eine Lücke im Gesetz.

Dass im Bundeswirtschaftsministerium bereits ein Referentenentwurf kursiert, der genau diese Lücke schließen will, hat schon zu massiver Kritik geführt bis hin zu der Vermutung, die Politik wolle der »Freifunk«-Bewegung den Boden entziehen und der Entwurf richte sich ausschließlich dagegen. Die Kehrseite: Derzeit ist es in Erding möglich, urheberrechtlich geschütztes Material zu verbreiten, ohne dass der Täter gefasst werden kann und der Geschädigte zu seinem Recht kommt. Oder schlimmer: Jeder kann sich illegales pornographisches Material herunterladen, ohne dass die Gefahr besteht, erwischt zu werden. Die Münchner Zentrale der Freifunker hat derartige Erfahrungen eigenen Angaben zufolge jedoch nicht gemacht: »Weiterhin sind Rechtsverletzungen in offenen WLAN-Netzen bisher nicht in nennenswertem Umfang bekannt geworden. Zusätzlich gehen die Gesetzgeber auch davon aus, dass der Zugang zum Internet grundsätzlich anonym verwendet werden kann.« So heißt es in einer Internet-Veröffentlichung der Freifunk-Macher in der Landeshauptstadt.

Und so wird in Erding also gefunkt, was die Datenleitungen hergeben. Je mehr Nutzer an einem »Knoten« hängen, desto langsamer wird das Netz, je mehr Leute einen Router zur Verfügung stellen, desto besser die Leistung. Es gibt aber auch Grenzen: Gerade wegen der bescheidenen Bandbreite ist das sogenannte Streaming von Kinofilmen technisch nicht möglich. Das Ganze taugt also eher für andere Internet-Nutzungen. Wo das geht, zeigt eine Karte, die auf der Seite von Freifunk in München eingesehen werden kann, sogar die GPS-Daten der einzelnen Knoten angibt. Nur ein Kernproblem können die Freifunker nicht lösen, und diese Warnung spucken Endgeräte sofort aus: »Sicherheit: keine« heißt es unmissverständlich auf dem kleinen Bildschirm. kw

Artikel vom 20.11.2015
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