Der Gemeinde ein Segen

Grafings neuer Stadtpfarrer Anicet Mutonkole-Muyombi stellt sich vor

Das Kreisbildungswerk und Stadtbücherei luden ein zum Kennenlern-Gespräch mit dem neuen Stadtpfarrer ein.	Foto: KBW / Stadtbücherei Grafing

Das Kreisbildungswerk und Stadtbücherei luden ein zum Kennenlern-Gespräch mit dem neuen Stadtpfarrer ein. Foto: KBW / Stadtbücherei Grafing

Grafing · Seit Mitte September lebt Grafings neuer Stadtpfarrer, Anicet Mutonkole-Muyombi, nun in der Bärenstadt. Vor wenigen Tagen lud das Kreisbildungswerk Ebersberg und die Stadtbücherei Pfarrer Mutonkole im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Treffpunkt 9« zum Kennenlern-Gespräch ein.

Claudia Pfrang, Leiterin der katholischen Bildungseinrichtung für den Landkreis, zeigte sich angesichts der großen Zahl der Besucher hoch erfreut über das große Interesse der Grafinger und versprach eine spannende und erhellende Stunde. In der ersten Gesprächsrunde wollte sie Näheres darüber erfahren, wie es dazu gekommen sei, dass Pfarrer Mutonkole sich für Grafing entschieden habe und was sein erster Eindruck von Grafing sei. Bereits im Dezember 2014 habe es, so Pfarrer Mutonkole, die ersten Gespräche im erzbischöflichen Ordinariat gegeben. Damals sei man an ihn herangetreten mit der Frage, ob er es sich vorstellen könne, in Grafing als Pfarradministrator zu arbeiten.

Nach seinen ersten Internet-Recherchen sei er etwas erschrocken gewesen, so Pfarrer Mutonkole, er habe sogar ein wenig Angst gehabt. »Ich habe vieles über die damaligen Probleme mit dem Umbau der Pfarrkirche im Internet gefunden und über die daraus entstandenen Konflikte innerhalb der Pfarrei.« Dann habe er sich intensiver mit der Geschichte Grafings auseinandergesetzt, so Mutonkole weiter, und sei sofort von den sehr schönen Kirchen in Grafing und Straußdorf begeistert gewesen. »Im Januar hat es dann das erste Gespräch mit Dekan Riedl gegeben, und wir haben gemeinsam Grafing besucht. Danach hat dann mein Entschluss festgestanden, die Aufgabe in Grafing zu übernehmen.

Auch in Planegg gab es am Anfang ein paar Schwierigkeiten, aber die waren schnell ausgeräumt, also warum sollte das in Grafing nicht auch klappen.« Im Anschluss befragte Claudia Pfrang den neuen Stadtpfarrer zu seiner Kindheit und Jugend im Kongo und wollte etwas über seinen Namen wissen, da »Namen ja häufig etwas über die Person verraten, die den Namen trägt«. Mutonkole: »Ich weiß nicht genau, warum ich den Vornamen Anicet trage. Aber mein Namenspatron Anicetus ist einer der ersten Päpste gewesen, er hat im ersten Jahrhundert gelebt, stammte aus Emesa, dem heutigen Homs in Syrien und bedeutet, der Unbesiegbare und das hat mir sehr gefallen.« Die beiden Nachnamen seien die Familiennamen seiner Großeltern, so Grafings neuer Pfarrer weiter. In Afrika gäbe es keine so strikte Festlegung des Nachnames, da könne man entweder den Namen der Eltern, aber auch den Namen der Großeltern wählen.

Der Weg von Kongo nach Bayern

»Ich stamme aus der Republik Kongo, einem an Bodenschätzen sehr reichen Land, aber leider gibt es viel Korruption und durch die vielen Kriege, ist das Land sehr verarmt.« Das Land habe ungefähr so viele Einwohner wie Deutschland, eingeteilt sei die Bevölkerung aber in 200 Stämme, von denen jeder eine eigene Sprache spreche. Die Amtssprache sei aber durch die belgische Kolonialmacht französisch, so Pfarrer Mutonkole. Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist katholisch, 20 Prozent gehören zur protestantischen Kirche und zehn Prozent sind islamisch, der Rest verteilt sich auf christliche Freikirchen und sonstige Natur- oder traditionelle Religionen. »Stark zu kämpfen hat die katholische Kirche im Kongo, wie generell in Afrika, aber mit den vielen christlichen Sekten, die viel versprechen, aber leider nur wenig halten«, sagte Grafings Pfarrer.

Seine Familie sei sehr groß gewesen, von seinen zwölf Geschwistern lebten aber heute nur fünf. Sein Vater sei bereits vor acht Jahren verstorben, »meine Mutter ist in diesem Jahr gestorben. Ich hatte das große Glück, dass ich in ihren letzten Tagen noch bei ihr sein konnte«. Nach der Grundschule habe er das Gymnasium in Kipamba, in der südlichen Provinz Katanga, besucht, ganz in der Nähe eines großen Sees, des Lac Kisale, der wiederum ganz in der Nähe eines Nationalparks läge, so Mutonkole weiter. »Daher stammt auch heute noch meine Vorliebe für Fisch.« Seine Eltern seien zwar katholisch gewesen, aber die Kirche habe keine große Rolle innerhalb der Familie gespielt. Mutonkole: »Aber in meinem Dorf lebte damals ein polnischer Franziskanerpater, der hat mir sehr geholfen, durch ihn bin ich wenige Jahre später aufs Knabenseminar nach Kamina gekommen«. Dort habe er sein Abitur gemacht und anschließend in Lubumbashi, der Provinzhauptstadt und dem ehemaligen Elisabethville, das Priesterseminar besucht. »Durch einen Kontakt zwischen dem Priesterseminar und dem Bistum Fulda, habe ich ein Stipendium für die Fortsetzung meines Studiums in Fulda bekommen.«

Vier Jahre habe er in Fulda studiert, habe sein Studium mit einem Diplom abgeschlossen und sei kurz vor seinem Rückflug in die Heimat im Fuldaer Dom zum Diakon geweiht worden. Ein Jahr später wurde er in der Kathedrale von Kamina zum Priester geweiht. »Aber nach knapp zwei Jahren, nachdem ich als Kaplan in einigen Pfarreien gearbeitet habe, verließ ich wieder meine Heimat, um an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen meine Doktorarbeit im Bereich Moraltheologie zu schreiben.« Sein Ziel sei es gewesen, »eines Tages als Professor an einem Priesterseminar im Kongo zu lehren«.

Mutonkole: »Die Demokratisierung meines Heimatlandes und die Rolle der Kirche bei diesem wichtigen gesellschaftlichen Prozess war das Thema meiner Doktorarbeit. Mir ging es darum zu erforschen, wie die Kirche dabei helfen kann, diesen politischen, gesellschaftlichen Demokratisierungsprozess aktiv zu unterstützen, der von den Bischöfen schon immer positiv begleitet wurde. Nicht nur darüber schreiben und reden, sondern handeln, lautete meine Devise.« Gleichzeitig sollte man aber auch, so Mutonkole weiter, demokratische Elemente für die Kirche entwickeln, »so, um nur ein Beispiel zu nennen, eine gewisse Demokratisierung der Bischofswahl, so dass nicht nur Rom entscheidet, sondern örtliche Gremien eingebunden werden«.

Für elf Jahre in Planegg gewirkt

Nach Abschluss seiner Promotion wandte er sich wieder an seinen Bischof, um sich nach einer Aufgabe in seiner Heimat zu erkundigen. Leider habe sich in seinem Bistum der Aufbau eines eigenen Priesterseminars verzögert. Da er gleichzeitig ein Angebot vom Erzbischöflichen Ordinariat in München hatte, als Pfarradministrator die Pfarrei Planegg zu übernehmen und dort den Aufbau eines größeren Pfarrverbandes vorzubereiten, nahm er dieses Angebot an und übersiedelte im November 2004 nach Planegg, in die Pfarrei St. Elisabeth, die er elf Jahre als Pfarradministrator betreute und die Gründung des Pfarrverbandes Planegg-Stockdorf vorbereitete. Beides ist ihm nach Aussage beider Pfarreien, hervorragend gelungen. »Pfarrer Mutonkole konnte vieles auf den Weg bringen und wichtige Impulse setzen, die das Gemeindeleben entscheidend und zukunftsorientiert gestalteten«, so schrieb der Planegger Pfarrgemeinderat in seiner Verabschiedung. Der Abschied von Planegg sei ihm, so Pfarrer Mutonkole, nicht leicht gefallen, da er dort gelernt habe, eine Pfarrei verantwortlich zu leiten, denn »meine Erfahrungen in der Führung einer Pfarrei beschränkten sich zuvor ausschließlich auf Urlaubsvertretungen in vielen Pfarreien und als Aushilfe an Wochenenden«. Es sei die längste Zeit gewesen, die er je an einem Ort verbracht habe, sagte Pfarrer Mutonkole. »Viele Freundschaften sind so auch entstanden.« Auf die Frage, ob es so etwas wie einen Leitspruch in seinem Leben gäbe, antwortete Mutonkole: »Ja, meinen Primizspruch, ‚Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben’.«

Damals bei seiner Primiz habe er, so Mutonkole, »diese Aussage Christi im Evangelium noch nicht zur Gänze verstanden, aber im Verlauf der Jahre hat sich mir die Aussage immer mehr erschlossen«. Er sei der Hirte und der gute Hirte müsse wissen, »was die Schafe brauchen, er muss sie kennenlernen und wenn er weiß, was die Gemeinde braucht, dann kann man gemeinsam auch etwas erreichen«. Die Erreichung eines gemeinsamen Zieles liege ihm am Herzen, gemeinsam den Glauben im Blick haben, gemeinsam diesen Glauben leben und gemeinsam den Weg gehen, »das ist das was er sich wünsche«. »Die Kirche kann nur weiterleben, wenn sie von den Gläubigen getragen wird, insbesondere auch von den vielen Ehrenamtlichen.« Auch das Thema Ökumene, das Zusammenleben und Zusammenwirken mit den evangelischen Mit-Christen sei ihm ein großes Anliegen. Zwar gäbe es im Kongo keine große ökumenische Bewegung wie in Deutschland, »aber in meiner Pfarrei Planegg war Allen der ökumenische Gedanke und ökumenisches Handeln von großer Wichtigkeit, und dies werde ich auch in Grafing so weiterpflegen«. Natürlich kam auch die Frage zur Umgestaltung des Altarraumes auf.

Auf diese schwierige und vielen Grafingern auf den Nägeln brennende Frage antwortete Pfarrer Mutonkole sehr geschickt und diplomatisch: »Es gibt bereits eine Entscheidung. Ich möchte aber vorher die Gremien der Pfarrei und die Pfarrei selber darüber informieren.« Er bitte noch um etwas Geduld. Er möchte für die Gemeinde ein Segen sein, das wünsche er sich aber auch von allen Gläubigen: »Seien Sie für die anderen ein Segen, lassen Sie uns gemeinsam ein Segen für die Anderen sein!« kbw

Artikel vom 11.11.2015
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