Die eisernen Gräber

Der Autor Klaus Willmann liest aus »Das Boot U 188«

Der junge Anton Staller nach seiner Ausbildung zum Marinesoldaten auf der »Wilhelm Gustloff«.	Foto / Repro: Otto Hartl

Der junge Anton Staller nach seiner Ausbildung zum Marinesoldaten auf der »Wilhelm Gustloff«. Foto / Repro: Otto Hartl

Grafing · Bedrückende Enge, ständige Todesangst, unbarmherzige Stürme, nervenzerreißender Hunger – das waren die ständigen Begleiter der deutschen U-Boot-Fahrer während des Zweiten Weltkrieges.

Am Ende sollte nur ein Viertel der Besatzungsmitglieder auf das Festland zurückkehren. Von den wenigen Überlebenden brachen nur die wenigsten ihr Schweigen um über den unbarmherzigen Seekrieg zu sprechen.

Einer davon war der Grafinger Orgelbauer Anton (Toni) Staller (gestorben am 6. Februar 2008), der in langen und intensiven Gesprächen Klaus Willmann seine damaligen Erlebnisse schilderte. Aus diesen Unterredungen entstand ein eindrucksvoller und fesselnder Zeitzeugenbericht über die Geschichte von Toni Staller – »Das Boot U 188«.

Die Publikation wurde zum vollen Erfolg. Im »Rosenheimer-Verlag« ist es jetzt bereits in der vierten Auflage erschienen. Zudem wurde erst kürzlich in Yorkshire eine englischsprachige Übersetzung im Verlag »Frontline-Books« unter dem Titel »U 188 – A German Submariner’s Account of the War at Sea 1941–1945« veröffentlicht. Aus diesem Anlass lädt der Autor Klaus Willmann am Mittwoch, 16. September, um 20 Uhr, zu einer Lesung aus »U 188« in die Grafinger Stadtbücherei ein. Der Eintritt ist kostenfrei. Die sehr persönlichen Erlebnisse Anton Stallers berichten von der klaustrophobischen Enge in einem U-Boot, der ständigen Bedrohung durch Wasserbomben und Fliegerangriffe einerseits und über die euphorische Freude der Besatzung, wenn ein feindliches Schiff versenkt wurde andererseits.

Zur Hilfe kam dem Autor Klaus Willmann dabei besonders das Kriegstagebuch von U 188, das zufällig nach dem Krieg als Kopie wieder nach Deutschland gelangt ist. »Diese grausamen Nächte werde ich nie vergessen«, erzählte Toni Staller, der zeitlebens das Donnern der Wasserbomben im Gehör hatte. Die britischen und amerikanischen Zerstörer haben auf der Jagd nach deutschen U-Booten tausende von Wasserbomben in die See geworfen. Die Matrosen waren Jäger und Gejagte zugleich. Überleben war eine Frage des Glücks und des Zufalls. Wurde man getroffen gab es für die Besatzungsmitglieder kaum eine realistische Flucht- und Überlebenschance.

Mit nur 18 Jahren meldete sich Staller 1942 zur Marine. In der Hoffnung nicht so brutal exerzieren zu müssen, wie er es immer beobachten konnte auf dem Platz an der Urtel. Dem Standort des heutigen Grafinger Gymnasiums. Direkt nach seiner Ausbildung auf der »Wilhelm Gustloff« ging es zur ersten »Feindfahrt« in den Nordatlantik. Später wurde U-188 mit 44 anderen Booten auf eine geheime Mission durch den Indischen Ozean nach Malaysia geschickt um wichtige Rohstoffe wie Zinn, Wolfram, Gummi, Opium und Chinin abzuholen. Von den 44 Booten wurden 34 versenkt. Dabei musste die Crew auf U 188 zusehen, wie ihr eigenes Versorgungsschiff im Ozean unterging. Noch zuvor hatte U 188 selber mehrere britische und amerikanische Frachter versenken können. Wie es der Zufall wollte, trafen sich in den letzten Kriegstagen vier Grafinger Freunde in der britischen Gefangenschaft an der Nordseeküste.

Mit dem Zug einmal quer durch das zerbombte Deutschland wurden sie nach Bad Aibling gebracht. Von dort fuhr ein Gefangenentransport mit dem Zug über Grafing nach München. Bei Elkofen sind die vier Kameraden, Toni Staller, Hermann Mayr, genannt der »Grieswirt«, Franz Pfeilschiffter und Schorsch Rauscher aus dem langsam fahrenden Zug gesprungen um endlich bei der Schloßwirtschaft Elkofen in ihrer bayerischen Heimat anzukommen. Das ist nun genau 70 Jahre her – es war September 1945. oha/red

Artikel vom 11.09.2015
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...