Neustart für »Halle 2«

Giesing/Harlaching · Gebrauchtwarenhaus in der Sachsenstraße 29 öffnet wieder seine Pforten

An der Sägebank der neuen Bastler-Ecke legt auch der Chef gleich mal Hand an: Kommunalreferent Axel Markwardt freut sich über die Neuerung in dem  Gebrauchtwarenhaus »Halle 2«.	Foto: HH

An der Sägebank der neuen Bastler-Ecke legt auch der Chef gleich mal Hand an: Kommunalreferent Axel Markwardt freut sich über die Neuerung in dem Gebrauchtwarenhaus »Halle 2«. Foto: HH

Giesing/Harlaching · Münchens Kommunalreferent Axel Markwardt ist an diesem Tag erkennbar gut aufgelegt, lacht in die Objektive der Fotografen und verzieht bei Serien von Knipsereien keine Miene.

»Heute ist ein erfreulicher Tag«, kleidet der SPD-Mann an der Spitze der städtischen Mammutbehörde seine gute Laune auch in entsprechende Worte. Als Kommunalreferent ist der graumelierte Herr nicht nur für die städtischen Immobilien, sondern auch für deren Abfallwirtschaft zuständig. Am letzten Dienstag führte Markwardt in dieser Funktion die Presse durch die »Halle 2« der Abfallwirtschaftsbetriebe München (AWM) an der Sachsenstraße 29.

Nach einer wegen eines Hehlerskandals von wenig schmeichelhaften Schlagzeilen begleiteten Schließung im März 2014 öffnete das Gebrauchtwarenhaus der AWM jetzt wieder seine Pforten. Dienstags bis freitags zwischen 15 und 18 Uhr sowie samstags in der Zeit von 9 bis 13 Uhr können Bürgerinnen und Bürger hier wieder gebrauchte, aber gut erhaltene Gegenstände zu günstigen Preisen erwerben.

Die Palette ist dabei breit gefächert: In der rund 800 Quadratmeter großen Halle in Untergiesing wird der Suchende nach preiswerten Gebrauchtmöbeln, Geschirr oder Spielzeug ebenso fündig wie der Sportaffine, der ein gebrauchtes Trimmgerät oder den Fahrrad-Hometrainer fürs heimische Wohnzimmer für möglichst kleines Geld erwerben will. Jede Menge an Büchern, Bildern und neuerdings auch Bastlerwerkzeug findet der geneigte Besucher in dem riesigen Hallenflur. Stolz sind die Abfallwirtschaftsbetriebe auch auf die neue Bastlerecke. Jede Menge Ersatzteile, Bau- und Bastelmaterialien zu kleinen Preisen finden sich hier.

Aktuell wird etwa für 30 Euro eine gut erhaltene Kettensäge feilgeboten. Im Riesensofa für 80 Euro kann man das Angebot aus der Ruheposition erst einmal in Augenschein nehmen, den singenden Fisch gibt es bereits für sechs Euro und die Hoffnung auf einen schneereichen Restwinter wächst beim Erwerb eines formschönen, fast antik anmutenden Holzschlittens zum gleichen Preis rapide.

Die Waren kommen aus den städtischen Wertstoffhöfen, wo gut erhaltenes künftig wieder an die Sachsenstraße geliefert wird. Viele Artikel stammen aber auch aus privaten Wohnungsauflösungen. Künftig nicht mehr im Angebot sind allerdings Elektroaltgeräte. Grund ist laut Markwardt das kommende EU-Elektrogesetz. In der novellierten Fassung werde verstärkt die Funktionstüchtigkeitsprüfung gebrauchter Geräte vor dem Verkauf gefordert. »Das lohnt gerade auch mit Blick auf den erhöhten Personalbedarf nicht und kann nicht geleistet werden«, argumentiert der Kommunalreferent. Über Möglichkeiten, nicht mehr gebrauchte Elektroaltgeräte und andere Wertstoffe weiter zu geben informieren die AWM aber auf der eigenen Internetseite www.awm-muenchen.de mit dem eigenen Secondhand- und Reparaturführer, Verschenk- und Flohmarktportal.

Neuanfang und Schlussstrich

Die Fröhlichkeit weicht beim Kommunalreferenten allerdings vorübergehend einem sehr ernsten Blick, als Markwardt die Hauptgründe für die seinerzeitige Schließung noch einmal Revue passieren lässt. Der 18. März des Vorjahres weitete den Blick auf unangenehme Entwicklungen. Denn an diesem Tag förderte eine Razzia auf neun der zwölf Münchner Wertstoffhöfe durchaus Bedenkliches zutage. 18 von rund 100 Mitarbeitern der Wertstoffhöfe sollen nach der Anlieferung Elektro-, Haushaltsgeräte und andere Artikel für sich abgezweigt und auf illegalen Wegen weiterverkauft haben. Elf Mitarbeiter hätten laut Markwardt bisher überführt werden können. In der Halle 2 suchte man dagegen nach diesen Artikeln vergebens.

»Bandendiebstahl und gewerbsmäßige Bandenhehlerei« lautete der Vorwurf der Münchner Staatsanwaltschaft. Im Zuge des Skandals schloss das Gebrauchtwarenhaus kurz nach der Razzia seine Pforten. Es waren schließlich die Bürgerinnen und Bürger selbst, die sich mit ihrer vielstimmigen Forderung einer Wiedereröffnung am Ende durchsetzen konnten. Aus dem Skandal hat man in der Führungsebene des Referates dabei klare Lehren gezogen. »Um künftig Diebstähle auf den Wertstoffhöfen und beim Transport zur Halle 2 zu vermeiden, setzt der AWM zahlreiche Maßnahmen um«, verkündete der Referent beim Presse-Pre-Opening.

Alle WertstoffmitarbeiterInnen müssten so künftig Namensschilder tragen, eine verstärkte Arbeitsplatzrotation greife Platz, elektronische Schließanlagen würden installiert und Materialwirtschaft in der Halle zwei verbessert. Während auch die Führungsebene der Betriebe ausgeweitet wird, werden die Bedingungen durch die Mitarbeiter vor Ort nicht eben leichter. »Wir müssen jetzt eben ausbaden, was uns andere eingebrockt haben«, schimpft ein Mitarbeiter am Rande der Presseführung. Nicht beliebt, aber wohl notwendig sind die Neuerungen in der Abfallwirtschaft in diesen Tagen. Der Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter wird indes umfänglicher: An den Wertstoffhöfen abgegebene Gegenstände müssen verpackt und in Transportboxen verbracht werden. Alle Vorgänge werden in einem Lagerbuch penibel registriert. So sieht Kontrolle aus, wenn Vertrauen verletzt ist.

Wiederverwendung und neues Hallenanwesen

»Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht«, fasst Markwardt wieder strahlend die Maxime seines Hauses zusammen. Durch den Verkauf von jährlich rund 170.000 gebrauchten Artikeln würden rund 1.000 Tonnen Abfälle vermieden, rechnen die Abfallwirtschaftsbetriebe vor – angestrebte Tendenz wohl steigend. »Um künftig noch mehr Wertstoffe wieder zu verwenden, plant der AWM ein neues Gebrauchtwarenhaus, das die jetzige Halle 2 in spätestens zwei Jahren ablösen wird«, ist vom Mann an der Spitze der Abfallwirtschaft zu erfahren.

Das neue Anwesen soll Mitarbeitern und Besuchern mehr Komfort bieten und energiesparender sein als die deutlich in die Jahre gekommene Alt-Halle auf dem isarnahen Gelände des Referates. Dort fehlt die Wärmedämmung. »Wir beheizen deshalb vorwiegend die Umgebung und nicht die Halle – das ist kein Dauerzustand«, weiß der zweite Werkleiter Helmut Schmidt um die Notwendigkeit neuer Hallenwege. Weiterer, geplanter Vorteil einer neuen Halle: Die MünchnerInnen sollen ihre Waren künftig direkt anliefern können, dazu ist ein Repair Café geplant.

Auch die Reparatur von Gebrauchtgegenständen soll in der neuen Halle möglich werden. Derzeit suche man »intensiv«, ist vonseiten des Referenten zu erfahren. Allerdings gestalte sich diese Suche schwierig. Zwar sei das Kommunalreferat ja auch das Immobilienreferat der Stadt. »Aber in Zeiten eines hohen Wohnungsdrucks und großer Nachfrage von Flüchtlings­arealen« gestalte sich die Suche nicht eben einfach. Aber man brauche die neue Halle. Schließlich verfolge München ein ehrgeiziges Ziel, so Markwardt: Als erste Millionenstadt eine Recyclingquote von 65 Prozent zu erreichen. Allein der Gedanke an diesen möglichen Erfolg zaubert wieder ein Schmunzeln ins Referenten-Antlitz. Es ist fürwahr ein guter Tag für den Referenten und sein AWM. Man kann ihn auch »gebrauchen«. HH

Artikel vom 27.01.2015
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