Gott wird Mensch

Poing · Die Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Michael Holzner

Der Poinger Pfarrer Michael Holzner aus St. Michael schreibt exklusiv die Weihnachtsbotschaft im Landkreis-Anzeiger.	Foto: Pfarramt St. Michael

Der Poinger Pfarrer Michael Holzner aus St. Michael schreibt exklusiv die Weihnachtsbotschaft im Landkreis-Anzeiger. Foto: Pfarramt St. Michael

Poing · Liebe Leserinnen und Leser, der frühere Bischof von Limburg, Franz Kamphaus, hat vor vielen Jahren einmal ein kleines Büchlein mit dem Titel »Mach’s wie Gott, werde Mensch!« veröffentlicht.

Wenn man aber sieht, wozu der Mensch als solches überhaupt fähig ist, können einem Zweifel kommen, ob es überhaupt erstrebenswert ist, wie ein Mensch zu sein. Denn so grausam und zerstörerisch wie der Mensch ist kein anderes Lebewesen. Als einziges Lebewesen vernichtet er nicht nur seinen eigenen Lebensraum, tötet, foltert, verletzt auf vielfache Weise sich und andere (und nicht nur um selbst zu überleben). Ja, er ist in der Lage, grausame und unvorstellbare Dinge zu tun. Er ist wie ein alter Philosoph einmal gesagt hat: Der Mensch ist des Menschen bester Feind.

Und deshalb will Gott Mensch werden?

Aber es gibt ja auch den anderen Menschen. Den, der hilfsbereit, liebevoll, fürsorglich, für die Umwelt und für die Rechte des anderen Menschen kämpft, bereit ist mehr zu tun, als unbedingt notwendig und noch viele weitere tolle Fähigkeiten hat.

Meint also der Anspruch der Menschwerdung Gottes diese Menschen?

Ich glaube, dass der Mensch so ein Zwitterwesen ist. In jedem stecken unendlich viele gute Möglichkeiten, aber auch ganz viele negative Veranlagungen. Im bayerischen gibt es den Spruch: »Da Mensch is' guad, aber de Leit’ san schlecht.«

Wahrscheinlich ist der Mensch das in sich schwierigste Lebewesen überhaupt. Und es gibt viele Menschen, die leiden nicht nur an Krankheiten, Behinderungen, Verletzungen und anderen Nöten, sondern auch an sich selbst.

Und genau für diese Menschen gilt dieser Anspruch ebenfalls. Gott steht nicht nur an deiner Seite Mensch, sondern du Mensch bist, so wie du bist, unendlich wertvoll und kostbar für Gott. In der Menschwerdung und im Sterben und Tod Jesu Christi zeigt ja Gott diese Liebe zum Menschen ganz deutlich. Der unvollkommene, oft leidende, aber auch Leid verursachende Mensch wird von Gott auf einzigartige Weise geliebt. Die Guten und die weniger Guten werden durch Gott in gleicher Weise nicht nur wahrgenommen, sondern auch als Gegenüber mehr als respektiert von einem Wesen, das größer ist als der Mensch es je sein kann.

Gott wird Mensch, damit wir Menschen selbst zu den Menschen werden, die wir sein könnten. Aber er liebt uns auch, wenn wir nicht vollkommen sind. Er zwingt uns zu gar nichts, aber möchte uns immer zur Seite stehen, beschützen und lieben. Was dieser einmalige Gott von den Menschen hält und vor allem ihnen im Positiven auch alles zutraut, ist unglaublich. Denken wir nur an den Schöpfungsauftrag: Kümmert und sorgt euch Menschen um die von mir geschaffene Erde. Gott gibt die Menschheit, ja jeden Einzelnen niemals auf. Das Wort Menschwerdung zeigt es doch ganz deutlich an. Der Mensch muss nicht der bleiben, der er jetzt ist. Er darf sich verwandeln und verändern. Und vielleicht wird aus dem Menschen dann das gottähnliche Geschöpf, das er sein soll.

Auf jedem Fall wünsche ich Ihnen gerade jetzt vor Weihnachten die Gewissheit von Gott geliebt zu sein und die Erfahrung, was es bedeutet, dass Gott ein Mensch wie Sie werden will.

Ihr Michael Holzner,
Pfarrer in Poing

Artikel vom 23.12.2014
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