Extremsportlerin und Leiterin des Hospiz- und Palliativberatungsdienstes

Ottobrunn · Schwerstkranke mit Würde begleiten

Leiterin Barbara Mallmann und ihr Team unterstützt Schwerstkranke.	Foto: MO

Leiterin Barbara Mallmann und ihr Team unterstützt Schwerstkranke. Foto: MO

Ottobrunn · Barbara Mallmann ist in zwei ganz unterschiedlichen Bereichen aktiv: als Leiterin des ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienstes in Ottobrunn und als Extremsportlerin, wo sie Ende November bei den Welt- und Europameisterschaften über 100 Kilometer in Katar als zweitbeste deutsche Frau abschnitt und insgesamt den 30. Platz errang.

MO: Wie kamen Sie darauf, sich ausgerechnet Extrem-Marathon als Sportart auszusuchen?

Barbara Mallmann: Mit 23 Jahren war ich schwerstkrank. Ich hatte Asthma und lag auf der Intensivstation. In der Reha habe ich mit dem Laufen angefangen – das hat mir gut getan. Seitdem laufe ich täglich und habe die Entfernung langsam ausgebaut. 2002 bin ich zum ersten Mal 100 Kilometer gelaufen. Das Laufen hat mich gesund gemacht; es ist jedes Mal ein Geschenk.

MO: Was für ein Gefühl ist es, wenn Sie einen Marathon laufen?

Barbara Mallmann: Am kritischsten ist die Strecke zwischen dem 55. und dem 85. Kilometer. Da ist der Körper schon müde, aber es ist noch so weit. Da versuche ich, mein Ziel im Auge zu behalten und den einen oder anderen Läufer zu überholen. Eine große Motivation ist auch, dass ich seit 2006 für die Deutsche Nationalmannschaft starte.

MO: Was bedeutet Ihnen das Laufen?

Barbara Mallmann: Laufen ist leicht und gesund – ein guter Ausgleich zur Arbeit. Ich bin so dankbar für das Laufen, dass ich es auch anderen beibringen möchte. Deshalb bieten mein Mann und ich inzwischen Laufurlaube in der Türkei und Andalusien an.

MO: Nun zu Ihrem Engagement beim Hospiz- und Palliativberatungsdienst: Seit wann leiten Sie den Hospizdienst und wie kam es dazu?

Barbara Mallmann: Mein Mann und ich hatten eine Fernbeziehung; ich in Nordrheinwestfalen, er in Süddeutschland. Das wollten wir nicht mehr. Ich habe mich beworben und 2008 meine Stelle hier begonnen. Ich habe noch keine Minute bereut, dass ich nach Ottobrunn gekommen bin.

MO: Wie würden Sie die Arbeit des Hospizdienstes beschreiben?

Barbara Mallmann: Wir möchten jedem Schwerstkranken Halt und Unterstützung geben. Wir wollen seine Situation erträglich machen. Es ist uns wichtig zu fragen: Was geht? – und nicht: Was geht nicht mehr? Wir fragen uns: Was möchte der Kranke? Die Würde des Einzelnen ist uns wichtig. Unsere ehrenamtlichen Hospizbegleiter übernehmen das Begleiten der Kranken, um die Familien zu entlasten. Sie kommen zum Beispiel nach Hause, damit der Angehörige einkaufen gehen kann.

MO: Was ist Ihre Motivation?

Barbara Mallmann: Wie ich vorhin geschildert habe, war ich selbst schwerstkrank; ich hatte den Tod vor Augen. Aber es gab immer Menschen, die mich durchgetragen haben. Ein Vorbild ist für mich der Chefarzt damals auf der Intensivstation. Er sagte: »Ich weiß zwar medizinisch nicht mehr weiter, aber ich kann mich zu Ihnen ans Bett setzen.« Und das tat er - drei Stunden lang. Das möchte ich weitergeben. Der Glaube ist für mich eine wichtige Motivation: Wenn wir einander helfen, zeigen wir einander Gott. Und wenn ich verzweifelt bin, weiß ich, da ist jemand, der mich hält.

MO: Wie erleben Sie das Sterben eines Kranken?

Barbara Mallmann: Wir begleiten die Menschen auf dem letzten Lebensweg. Ich bin recht oft dabei, wenn jemand stirbt. Für mich ist es etwas Großes: da ist Ruhe, da ist nichts mehr wichtig, nur noch Sein und Lassen.

MO: Gibt es ein besonderes Erlebnis, das Sie mit einem ihrer Schützlinge hatten?

Barbara Mallmann: Eine Frau wollte ihr Haus noch einmal sehen. Fotos und Videos genügten ihr nicht. Sie sagte: »Ich möchte in mein Heim gehen, bevor ich heim gehe.« Wir sind dann mit dem Krankentransport dorthin gefahren und haben sie mit der Trage durchs Haus transportiert. Zwei Tage später ist sie gestorben.

Und mir fällt noch ein älterer Mann ein, der früher auf einer »Harley-Davidson« gefahren ist. Ein ehrenamtlicher Hospizbegleiter fuhr auch eine Harley. So kam es, dass der Hospizbegleiter mit dem alten Mann jeden Samstag eine kleine Tour auf der Harley machte. MO

Artikel vom 17.12.2014
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