Bürgerbegehren gescheitert

Haar · Auch künftig entscheidet der Gemeinderat von Fall zu Fall bei Bauprojekte

Die Abstimmungsergebnisse aus den Wahllokalen werden im Foyer des Rathauses abgeliefert und registriert.	Foto: ikb

Die Abstimmungsergebnisse aus den Wahllokalen werden im Foyer des Rathauses abgeliefert und registriert. Foto: ikb

Haar · Die wegen rechtlichen Beanstandungen – Aushang eines Informationshinweises in den Wahlkabinen – durch das Landratsamt München verfügte Wiederholung des Bürgerbegehrens ist gescheitert.

Ziel der Bürgerinitiative (BI) »Mia san Haar« war es, dass Neubauten – auch bei bereits im Verfahren befindlichen Vorhaben – in der Gemeinde künftig auf eine maximale Höhe von 19 Meter begrenzt werden.

20 Prozent von 15.274 Wahlberechtigten, also 3055 Stimmen, genannt Quorum – das war die magische Zahl, die es für die Durchsetzung des Ansinnens zu erreichen galt. 3700 Bürger gaben am vergangenen Sonntag – sie wurden 2014 bereits zum sechsten Mal an die Urnen gerufen – ihr Votum ab. Die Wahlbeteiligung lag somit bei 24,2 Prozent. Für das Begehren sprachen sich 2023 Bürger (54,8 Prozent) aus, 1666 Haarer (45,2 Prozent) lehnten die Idee ab, elf Stimmen waren ungültig. Das Quorum wurde also nicht erreicht, das Bürgerbegehren war damit mangels Interesses erneut durchgefallen. Beim ersten Urnengang am 27. Juli waren von den 15.238 Wahlberechtigten noch 31,8 Prozent in die Abstimmungslokale gekommen. 2521 Personen (59,3 Prozent) hatten die Anregung von »Mia san Haar« befürwortet. 2377 Personen (62,9 Prozent) hatten für die Beibehaltung des Ist-Zustands votiert. Das Fazit: Es bleibt alles beim Alten in der Kommune. Der Gemeinderat entscheidet künftig wie bisher von Fall zu Fall bei Bauprojekten, kann überdies nach Mehrheitsbeschluss zu einem Vorhaben eine Bürgerversammlung einberufen.

Zum Hintergrund: Die Initiative zur baulichen Höhenbegrenzung, unterstützt von der CSU, hatte viel Staub aufgewirbelt, hatte erbitterte Konfrontationen zwischen Befürwortern und Ablehnern ausgelöst, hatte das lokalpolitische Klima in der Gemeinde geradezu vergiftet. Anlass ist ein geplanter 15-stöckiger, fast 47 Meter hoher Turm – das zweite Hochhaus entlang der B 304 innerhalb des Ortsgebiets, etwa 150 Meter von einem 60 Meter hohen Bürogebäude entfernt – mit 64 Wohnungen sowie Läden samt angrenzenden Gebäuden mit 35 Wohneinheiten auf zwei benachbarten Grundstücken an der Ecke Münchener Straße / Jagdfeldring. Im vergangenen November hatte Rot-Grün gegen Schwarz im Gemeinderat das Projekt gut geheißen, hatte die jetzige Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) erklärt: »Wir drücken dem Projekt alle Daumen. Das Ganze wird ein architektonisch hochwertiges Ensemble.«

Müller kommentierte die aktuelle Entscheidung: »Das Quorum wurde klar verfehlt. Es zeigt, dass man mit emotionaler Stimmungsmache in Haar keinen Blumentopf gewinnen kann. Die Wahlbeteiligung von 24 Prozent ist ein klarer Auftrag an den Gemeinderat, für schwierige Themen eine Lösung zu finden. Lassen Sie uns einen Schlussstrich ziehen und im Gemeinderat nach vorne blicken.« Als bedauerlich bezeichnete sie es, dass »der Gedanke der Bürgerbeteiligung« durch die Streitereien »schweren Schaden« genommen habe.

Grünen-Fraktionssprecher Mike Seckinger meinte: »Wir sind vom Ergebnis nicht überrascht. Ich hoffe sehr, dass im Gemeinderat jetzt wieder ein konstruktiver Stil zurückkehrt, die Sachpolitik im Vordergrund steht.« Thomas Fäth (SPD) wertete das Resultat als Beleg dafür, dass der umstrittene Aushang letztlich keinen Einfluss auf den Wahlausgang gehabt habe.

Auf Seiten der Christsozialen und der BI gab es nach der Ergebnispräsentation betretene Gesichter. Dietrich Keymer, CSU-Fraktionschef im Ortsparlament, betonte, dass die »Mehrheit der Abstimmenden die BI in Zeiten sinkender Wahlbeteiligungen unterstützt hat«. Er sah sich erneut als »zweiter Sieger«. Keymer rügte die Bürgermeisterin, dass sie und nicht die vom Gemeinderat bestellte Abstimmungsleiterin das Ergebnis bekannt gegeben hat, dass man im Rathaus nicht in der Lage sei, »die Dinge sauber zu trennen.« BI-Vertreter Florian Polster, der sich erst auf mehrmalige Aufforderung der Pressevertreter namentlich vorgestellt hatte, kritisierte wortreich und aggressiv, dass es in Haar nicht möglich sei, eine Wahl korrekt durchzuführen, wie die jetzige Wiederholung belege.

Eine anberaumte Pressekonferenz im Besprechungsraum der Gemeindechefin hatte Müller dann mit der Zahlenbekanntgabe im Foyer des Rathauses verbunden – bei Anwesenheit von etwa 60 Personen. Ein Fehler, wie sich in Folge herausstellte: Die Statements wurden teils gegenseitig kommentiert, wurden teils durch Beschuldigungen und Zwischenrufe unterbrochen. Einmal mehr ein Beweis, wie sich inzwischen die Fronten der politischen Lager verhärtet haben. Ob sich’s bald bessert? ikb

Artikel vom 25.11.2014
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