Mit dem Rücken zur Wand

Erding · Aktionsgruppe kämpft für Asylbewerber im Landkreis

Vom Regen in die Traufe. Viele Asylbewerber kämpfen mit der Ungewissheit!	 Auch die Unterbringung ist in vielen Orten des Landkreises mangelhaft! 	Foto: Marcus Ullrich

Vom Regen in die Traufe. Viele Asylbewerber kämpfen mit der Ungewissheit! Auch die Unterbringung ist in vielen Orten des Landkreises mangelhaft! Foto: Marcus Ullrich

Erding · »Ein Volk, das seine Fremden nicht ehrt, ist dem Untergang geweiht«, sagte Johann Wolfgang von Goethe. Und bei aller Bewunderung für den Geheimrat aus Weimar, wirken selbst seine viel gerühmten Italienreisen gegen das Schicksal einiger Asylbewerber aus Erding wie kalter Kaffee und wenig »faustisch«.

Trotzdem lächelt Kazim Saim (Name geändert) freundlich. Höflich bittet er einen in seine 20 Quadratmeter Unterkunft für zehn Menschen, richtet dem Gast den Stuhl und beginnt seine Geschichte zu erzählen. Kazim Saim stammt aus dem afghanischen Logar, er gehört der Shia an, der zweitgrößten Konfession des Islams. Zusammen mit seinem Vater leitete er eine kleine Handelsfirma. Ein glückliches Leben! Bis die Taliban auch in seinem Heimatort zur religiösen Verfolgung ansetzte. Auf offener Straße wurden Freunde und Bekannte erschossen. Die Flucht in die nächste afghanische Stadt brachte wenig, überall lauerten Zuträger der Taliban.

Deshalb beschloss Saim Afghanistan zu verlassen, um zu überleben und ein neues Leben zu beginnen. Was dann passierte, lässt sich kaum in Worte fassen: »Ich bin über den Iran, die Türkei und Bulgarien nach Deutschland gekommen. Ich wurde von meiner Familie getrennt, musste schwere körperliche Gewalt ertragen und meine Flucht mit 10.000 Dollar finanzieren!« Heute lebt er mit zehn anderen Asylbewerbern hinter dem Korbinian-Aigner-Gymnasium in ehemaligen Schulbaracken. Dass er trotz acht-monatiger Wartezeit auf Bewertung seines Asylantrags und der Wohnungssituation nicht resigniert, liegt an Maria Brand und ihren Mitstreitern von der Aktionsgruppe Asyl im Landkreis Erding.

»Frau Maria ist wie eine zweite Familie für uns, Sie hat uns so unglaublich sehr geholfen«, strahlt Saim. Die Aktionsgruppe, bestehend aus ehrenamtlichen Helfern, unterstützt Asylbewerber bei Anmeldungen zu Ärzten, Behörden sowie Schulen und fördert die Integration der oft traumatisierten Flüchtlinge. »Wir suchen stets Helfer, die uns unterstützen«, erklärt Giorigio Zolyniak-Patuelli. Wer die Gruppe unterstützen möchte, kann sich an das Caritaszentrum Erding (0 81 22/ 9 55 94 16) wenden. Die Wohnungssituation wird sich im Landkreis sogar noch verschärfen, denn die Unterbringung in der Schubertstraße in Erding wird geräumt, ohne dass für Ersatz gesorgt ist und die Gemeinden Wörth und Dorfen erwarten weitere 50 beziehungsweise 40 Asylbewerber.

»Wir können nur an private Hausbesitzer appellieren, private Häuser anzubieten. Momentan ist die Wohnraumversorgung an vielen Stellen untragbar«, findet Maria Brand. Neben vielen Sorgen, sieht die Aktionsgruppe auch viele Erfolge bei der Integration der Asylbewerber. Der Sprachunterricht werde gut angenommen und gerade die Schule sei für jugendliche Flüchtlinge eine Wohltat. Zusätzlich gibt es in Erding für die Asylbewerber einen eigenen Lebensmittelladen. Schreiben Sie uns ihre Meinung zum Thema Asylbewerber im Landkreis an redaktion@wochenanzeiger.de
Goethe war übrigens nie in Erding!

Von Marcus Ullrich

Artikel vom 19.06.2014
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...