Anna hebt ab

»Freunde der Antonow« aus Ismaning starten in die Saison

Paul Hoffmann von den »Freunden der Antonow« aus Ismaning fliegt die Antonow AN2, das frühere Standard-Absetzflugzeug der NVA der DDR. Die Rauchwolke beim Start ist unvermeidlich.	Fotos: kw

Paul Hoffmann von den »Freunden der Antonow« aus Ismaning fliegt die Antonow AN2, das frühere Standard-Absetzflugzeug der NVA der DDR. Die Rauchwolke beim Start ist unvermeidlich. Fotos: kw

Ismaning/Oberschleißheim · Sascha Hoffmann, Sohn des Chefpiloten Paul Hoffmann, baut sich neben dem Fahrwerk auf: »So fliege ich nicht!« Ein Rad war etwas platter als das andere.

Vater Paul Hoffmann kratzt sich am Kopf: »Da ist tatsächlich zu wenig Luft drin.« Bordingenieur Dieter Steinbicker versucht, das Problem tiefer zu hängen: So viel sei das doch nicht. Adrian Blank von der Flugwerft Oberschleißheim, der das Team um Paul Hoffmann unterstützt, glaubt auch eher an eine Unebenheit im Asphaltbelag des Rollfeldes.

Doch der Pilot ist der Chef. Er ist für die Sicherheit verantwortlich, und so wird eben die Pressluftflasche herangerollt, der Reifendruck etwas erhöht. Die Sicherheit hat bei einem Oldtimer die gleiche Priorität wie bei einem Jumbo-Jet der Lufthansa. Diese würde es nie wagen, ihre Passagiere in eine Antonow AN2, Baujahr 1947 zu stecken. Aber die »Freunde der Antonow«, wie sich der Verein mit Sitz in Ismaning nennt, pflegen ihre »Anna« mit viel Liebe, setzen sie auf Flugplatzfesten für Rundflüge ein. Und weil das so ist, gelten die gleichen Sicherheitsrichtlinien wie für Airliner. Ein Auto muss alle zwei Jahre zum TÜV, die Maschine, die auf dem Rollfeld der Flugwerft in Oberschleißheim steht, sogar jedes Jahr. Die sogenannte »Jahresnachprüfung« muss in einer Fachwerkstatt stattfinden, und die ist, weil die Maschine einst nur im Bereich des Warschauer Paktes geflogen ist, in den neuen Bundesländern angesiedelt – in Kamenz bei Dresden.

Und es gibt eine Menge Arbeit: Weil der Oldtimer keine Hydraulik hat und alle Ruder, alle Trimm-Klappen, die Vorflügel, und alles, was irgendwie beweglich ist, über Seilzüge bewegt werden müssen, schauen die Prüfer sich gerade diese Seile genau an. »Scheuerstellen gehen gar nicht«, bemerkt Dieter Steinbicker. »Und wenn ein Seil beschädigt ist, muss das sofort raus.« Weitere Nachprüfungen sind alle 100, alle 200, und alle 600 Flugstunden vorgeschrieben – natürlich mit steigender Intensität. Jetzt beginnt gerade wieder die Saison: Flugplatzfeste, Flugtage, Oldtimertreffen. Paul Hoffmann und seine Crew sind gerade dabei, ihren Liebling (»30 Liter Hubraum, 1000 PS, kerniger Motorklang«) flugfertig zu machen, und der Reporter durfte dabei sein. Öl muss nachgefüllt werden. Der Motor ist ganz neu, braucht ein bestimmtes Öl, und davon nicht zu knapp: 38 Liter sind das absolute Minimum, geflogen wird nie unter 50 Liter.

Adrian Blank hockt oben auf der Motorhaube vor der Cockpitverglasung und lässt eine Dose nach der anderen hinein laufen, bis Paul Hoffmann zufrieden ist. »Das ist ein sehr sauberer Motor«, versichert Dieter Steinbicker. Weil sich bei der Standzeit Öl in den unten liegenden Zylindern absetzt, das beim Anlassen mit verbrannt werden könnte, muss die Luftschraube, die bei Piloten »Latte« heißt, von Hand mindestens 21-mal gedreht werden, damit das Öl in einen darunter stehenden Kanister laufen kann. »Eine AN2 ohne Öl ist wie eine Kneipe ohne Bier« philosophiert Blank und wischt liebevoll die Ölflecken auf der silbernen Flugzeughaut weg. An dem Wort von der Sauberkeit konnten allerdings Zweifel aufkommen, als der gewaltige Sternmotor lebendig wird: Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ist die Rauchwolke, die die alte »Anna« ausstößt, imposant, hüllt das Flugzeug erst einmal in einen dichten Nebel – der sich dann allerdings tatsächlich wieder verliert.

Paul Hoffmann drückt den Gashebel nach vorn: Startleistung. Die neue Saison für die Antonow AN2 kann damit beginnen. kw

Artikel vom 10.06.2014
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