Gemütlicher Familienabend

München · Hans Well und die »Wellbappn« begeistern in Milbertshofen

Noch klemmt etwas am Instrument. Doch danach begeisterten die »Wellbappn« das Publikum im Kulturhaus Milbertshofen mit scharfem Spott und musikalischer Perfektion.

Noch klemmt etwas am Instrument. Doch danach begeisterten die »Wellbappn« das Publikum im Kulturhaus Milbertshofen mit scharfem Spott und musikalischer Perfektion.

München · Ein wenig nervös fingert Jonas Well an seinem Bariton herum. Aber irgendetwas klemmt einfach. Das Publikum blickt geduldig auf den Jüngsten der »Wellbappn«, nur von seiner Familienmitgliedern auf der Bühne hagelt es kritische Blicke.

»Mei, Bua, dann nimmst halt a anders Instrument, es liegen ja genug herum«, schimpft der Vater Hans Well. Und der Bua folgt, nimmt seine Trompete und dann fangen die »Wellbappn« an zu spielen. Auch wenn nicht jeder Übergang glückt, manche Strophe einen zweiten Anlauf benötigt oder fünf Minuten hinter der Bühne nach einem Liedtext geforscht wird, das Publikum im Kulturhaus Milbertshofen ist begeistert. Die Zuschauer, die trotz des gleichzeitigen Pokalfinales in den Münchner Norden gekommen waren, wurden von den Wellbappn auf eine Reise in die Tiefen des bayerischen Alltags entführt.

In gewohnter »Biermösl-Blosn-Manier«, nur etwas frischer und eine Spur frecher, deckten die »Wellbappn« die Widersprüche und Doppelzüngigkeit von Politik und Gesellschaft im Freistaat auf. Egal ob Feuerwehr, Schützenverein, Immobilienbranche oder Staatsregierung. Niemand konnte vor dem scharfen Spott des Hans Well sicher sein und die wenigsten haben wohl Grund sich zu beschweren. Wer die »Biermösel Blosn« mochte, der wird die »Wellbappn« lieben. Der eigene Nachwuchs wirkt für Hans Well wie eine Frischzellenkur. Dabei verwenden die »Wellbappn« viele bekannte Stilmittel, wie ein Begrüßungslied mit lokalen Anspielungen, die man von der »Biermösl Blosn« noch kennt. Auch wenn manchmal die Zuspitzung und Aufteilung in gut und schlecht im politischen Bereich ein wenig abgenützt und unzeitgemäß wirkt, die »Wellbappn« überzeugen ihr Publikum. »Genauso ist es. Da haben die scho recht«, raunt es immer wieder durch die Zuschauerreihen. Nur manchmal verrutschen die vier vielleicht in ihren Texten, wie bei einem Lied über die Automobilindustrie, von »bratzad« (derb-kritisch) zu »gscherd« (unpassend-geschmacklos).

Nach der Auflösung der »Biermösl Blosn« setzte Hans Well nach einigen anderen Projekten mit seinen Kindern Sarah, Tabea und Jonas sein künstlerisches Wirken fort. Wer die »Wellbappn« live erleben kann, dem wird eine kostenlose Talentshow geboten, ohne dass er den Fernseher einschalten müsste. Sarah Well, die älteste der Kinder, überzeugt mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz. Niemand im Publikum ist vor ihren herausfordernden Blicken »sicher«. Tabea, die jüngere Schwester, ruhiger und stiller, bezaubert mit nahezu perfektem Gesang und einer enormen musikalischen Frühreife. Jonas Well, manchmal etwas verplant und aufgesetzt wirkend, zieht vor allem beim Trompetenspiele alle in seinen Bann. Um das Bariton muss ich auch niemand Sorgen machen. Nach Aussage von Hans Well habe das gute Stück bereits zwei Weltkriege überlebt.

Wer die »Wellbappn« wieder in Milbertshofen sehen und erleben möchte, dem sei die Veranstaltung »DAS ROTE BAYERN: DIE MÜNCHNER RÄTEREPUBLIK 1918/1919« eine Lesung mit Musik und Liedern von Michael Lerchenberg, Hans Well und den »Wellbappn« am Freitag, 21. November, empfohlen. Marcus Ullrich

Artikel vom 22.05.2014
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