Neues Konzept

Grünwalder Burg steht jetzt allen Besuchern offen

Die Experten der Archäologischen Staatssammlung München mit dem Grünwalder Bürgermeister Jan Neusiedl (r.) im Burghof: Dr. Matthias Will, Dr. Arno Rettner und der Ltd. Direktor Prof. Dr. Rupert Gebhard (v. l.)	Foto: bus

Die Experten der Archäologischen Staatssammlung München mit dem Grünwalder Bürgermeister Jan Neusiedl (r.) im Burghof: Dr. Matthias Will, Dr. Arno Rettner und der Ltd. Direktor Prof. Dr. Rupert Gebhard (v. l.) Foto: bus

Grünwald · Archäologen der Münchner Staatssammlung haben gemeinsam mit Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) und zahlreichen anderen Ehrengästen kürzlich die neu gestalteten Ausstellungsräume der Grünwalder Burg eröffnet.

Bei Abendsonnenschein lud der Burghof mit Gauklern, Rittern und einem Dudelsackbläser zum Verweilen ein. Er ist ab sofort ohne Eintritt öffentlich zugänglich. Im kleinen Museumscafé kann man sich für einen Bummel stärken. Sehenswert ist die neue Dauerausstellung »Burgen in Bayern«. Im Mittelalter war ganz Bayern eine Burgenlandschaft mit über 5.000 Befestigungen, die der Grünwalder Anlage ähnelten. Sie standen teilweise auch auf dem heutigen Stadtgebiet Münchens.

Dies zeigt eine interaktive Leuchtanzeige im ersten Ausstellungsraum. Von den zehn Burgen, die in den späteren Stadtvierteln wie Schwabing, Sendling, Oberföhring oder Pasing standen, sind heute nur die Blutenburg und der Alte Hof erhalten. Schon vor 1.500 waren sie erobert oder unnütz geworden. Spätere Herzöge bevorzugten Lustschlösser und Residenzen. Neben Informationen zu den Schlössern im Besonderen und über das Isartal und die Römerzeit im Allgemeinen beherrscht den ersten Ausstellungsraum ein großes Grünwalder Burgmodell.

Auf diese Anlage ist Jan Neusiedl zu Recht stolz. Die Gemeinde hat die originalgetreue Nachbildung mit 30.000 Euro gefördert. Auch die Neugestaltung der Burgräume im Westflügel wurde inklusive der Bauleistungen von Grünwald übernommen. »Dafür haben wir 2009 rund 14.300 Euro investiert«, sagt Grünwalds Rathauschef und weiter: »Hinzu kam ein Zuschuss für die neue museumspädagogische Einrichtung in der Burg von bis zu 120.000 Euro. Die Gemeinde hat nun im Gegenzug das vertragliche Recht, kostenfrei den Ostflügel und den Burghof zu nutzen. Hier wird unser Burgfest, Fronleichnam, ein Sommernachtsfest und eine Sankt Martinsfeier stattfinden.« Wie bisher wird in der Burg über verschiedene Nutzungen und die prominenten Besitzer und Burg-Enthusiasten lange nach den adeligen Erbauern informiert.

Zunächst war die aus der Mode gekommene, unbewohnte Anlage seit 1601 und bis 1878 ein Munitionslager. Man lagerte hier rund 200 Tonnen Schwarzpulver, die streng bewacht werden mussten. Gleichzeitig befand sich im Burggemäuer von 1697 bis 1800 ein Sondergefängnis für Adelige. Es soll eng, feucht, übelriechend und düster gewesen sein. Die unzugängliche Burg imponierte Ludwig von Schwanthaler (1782 – 1848) schon als Kind.

Der spätere Erschaffer der Bavariastatue streifte gerne durchs Isartal und schwärmte für die alten Rittersleute. Als Erwachsener lebt er diese Leidenschaft weiter aus und errichtete schließlich auf der anderen Seite der Isar die Burg Schwaneck. Der Bildhauer Paul Zeiller erwarb die Burg 1878, betrieb hier ein florierendes Wachsfigurenkabinett und richtete legendäre Kostümfest aus. Karl Valentin war mit der Familie befreundet und nutzte die Wachsfiguren als Requisiten. Die Grünwalder Burg diente auch ihm als Inspirationsquelle. Bis heute bekannt ist sein Lied von den »Oid’n Rittersleit« und das Theaterstück »Ritter Unkenstein«, das er auch verfilmen wollte. Das neue Ausstellungskonzept zeigt hierzu Exponate, lenkt aber bewusst den Blick auf die ehemaligen Adeligen und die historische Nutzung. Der neu gestaltete Bereich ist besonders kindgerecht aufgemacht. Drehtafeln zeigen, was es im Mittelalter schon gab und welche heutigen Gebrauchsgegenstände und Alltäglichkeiten wie beispielsweise Schokolade, noch völlig unbekannt waren. Wer möchte, kann Minnegesängen lauschen oder sich selbst als Burgherr, -frau oder adelige Kinder verkleiden.

Langeweile, Kälte und Ungeziefer

»Wir wollen hier den Alltag auf der Burg zeigen«, erklärt Dr. Matthias Will, Konservator der Archäologischen Staatssammlung bei der Eröffnungsführung. »Eine Burg wie diese, das sehen sie hier auf der Tafel, hatte oft nur zehn bis 25 Bewohner. Da war die Familie des Burgherrn, etwa sechs Bedienstete, und ebenso viele Bewaffnete zur Verteidigung und vielleicht noch einmal sechs Bewohner der Vorburg.« Der Alltag war von landwirtschaftlicher Arbeit geprägt, denn die Ernährung musste sichergestellt werden. Auch das wird in der Ausstellung anschaulich erzählt. Man kann selbst Mehl mahlen und einen Pflug bewegen. »Weil Überfälle aber in Wirklichkeit nicht so häufig waren, hatten die Burgherren vor allem gegen drei Übel zu kämpfen: Langeweile, Kälte und Ungeziefer«, erklärt Will scherzhaft. Auch der Burgenbau und weitere Details rund um das Leben im Mittelalter werden in den neuen Ausstellungsräumen thematisiert.

Wer sich in den mühsamen Burgalltag versetzen will, kann das Museum für 2,50 Euro (Erwachsene) bis Allerheiligen Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr besichtigen. Die Turmbesichtigung kostet 1 Euro. Die Tram 25 fährt bis fast vor die Burg, Endstation Derbolfinger Platz. Auf der Burg werden Familientage und Sonntagsführungen stattfinden. Informationen zu Events und Vermietung unter Tel. 6 41 32 18. In Zusammenarbeit mit der Museumspädagogik München kann man auch Kindergeburtstage hier ausrichten. Mehr dazu telefonisch unter Tel. 12 13 23 23 - 24. bus

Artikel vom 13.05.2014
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