»Zwischen-Stopp« mit Ani

Giesing · Romanautor und fesselnden Impressario zu Gast

Friedrich Ani verzückte beim »Zwischen-Stopp« am Giesinger Bahnhof nicht nur Moderatorin Ruth Eder mit seinem Erzähltalent.	Foto: Hettich

Friedrich Ani verzückte beim »Zwischen-Stopp« am Giesinger Bahnhof nicht nur Moderatorin Ruth Eder mit seinem Erzähltalent. Foto: Hettich

Giesing · Lallend, schimpfend und heftig schnaubend sitzt Friedrich Ani an diesem Abend auf der Bühne der »Gepäckhalle« des Kulturzentrums am Giesinger Bahnhof.

Doch der Erfolgsautor ist keineswegs betrunken. Auf Einladung der Moderatorin und Journalistin Ruth Eder legt der Schöpfer der bekannten Romane um Vermisstenfahnder Tabor Süden einen »Zwischen-Stopp« im eigenen Karrée und im Rahmen der gleichnamigen Talkreihe ein. Den opulent-witzigen Auftakt bildet Anis Lesung der Kurzgeschichte »Der verwirte Trainer« aus seinem aktuellen Shortstory-Band »Unterhaltung«. Unterhalten fühlen sich auch die rund 50 Talk-Gäste auf beste Art.

Denn der Überzeugungs-Giesinger Ani liest seine Geschichten nicht nur, er zelebriert das Rezitieren fast schon mit der Aura eines klassischen Theaterhelden. Der 1959 in Kochel am See geborene Friedrich Ani zeigt Wortwitz nicht nur in seinen Romanen, Erzählungen und Drehbüchern, sondern besonders auch im Zwiegespräch mit Ruth Eder. Seit langem wohnt der bekennende Obergiesinger in München. Hier findet er als wahrer Vielschreiber die Muse für sein höchst vielseitiges Werk. Seine bekannteste Figur ist der Münchner Vermisstenfahnder Tabor Süden, der zwischen zwei Buchdeckeln zunächst als Kommissar der Vermisstenstelle der Münchner Kripo, später als Privatfahnder nach verschwundenen Personen sucht. »Wie kommt man auf den Namen Tabor Süden?« wollte Moderatorin Eder wissen.

Es sei sein eigenes frühes Pseudonym, gab Ani zurück, das er im Alter von 13 Jahren im Rahmen seiner literarischen Anfänge erfunden habe. Es ist nicht die einzige autobiographische Facette in der sehr plastischen Charakterzeichnung seines Romanhelden. »Wohnt Süden denn wirklich nahe seiner Stammkneipe am Scharfreiterplatz?« kam eine Frage aus dem Off der Zuschauer. »Genau dort«, versicherte Ani. Anders als sein offensiv suchender Fahnder agiert indes der Autor. »Ich lasse die Figuren zu mir kommen, beobachte und warte ab«, erklärt der Erfolgsautor. Die Stärke seiner Romane liegt in der Authentizität seiner Figuren, in der Nähe der fiktiven, aber stets realistisch anmutenden Handlungsstränge zu den eigenen Lebenswelten und Nachbarschaften des Autors. Zwei deutsche Krimipreise haben dem äußerlich lässig-legeren Schreibtäter seine Werke eingebracht, die mit geradezu preußischer Akkuratesse recherchiert scheinen und sprachlich vielgestaltig präsentiert werden.

Der frühere Journalist und Gerichtsreporter verfasst neben seinen ganz speziell anmutenden Kriminalromanen auch Kurzgeschichten und Lyrik sowie Drehbücher für Film und Fernsehen. »Ich fange morgens an und schreibe acht Stunden«, beantwortete der fleißige Gast die Frage der Gastgeberin nach dem regelmäßigen Pensum. In dieser Zeit geht er nach eigenem Bekunden nicht ans Telefon, fertigt eine Vielzahl an Notizen auf Block, Schreibmaschine und Laptop. »Ich finde das Notieren auf Zetteln schön, man kann sie danach so leicht wieder wegwerfen«, bekundet der Kulturbeflissene schmunzelnd. Nach getaner Arbeit am Schreibtisch geht es regelmäßig noch in die Kneipe.

»Mit netten Leuten reden, neue Eindrücke gewinnen«, sei das Credo. Er schaut den Menschen auch beim Feierabend-Bier kräftig »aufs Maul«, wie der Bayer sagt. Das Ergebnis solcher Feldstudien präsentiert sich der stets wachsenden Schar geneigter bis enthusiasmierter Leser in den griffig-sämigen Werken Anis. »Warum schreiben sie denn eigentlich keine Komödien?« wollte Ruth Eder wissen. »Komödienextrakte sind in meinen Arbeiten immer wieder zu finden – es merkt nur keiner«, so die Antwort. In diesem Punkt irrte der eloquente Gast. Denn in seinen humoristischen, fast schon valentinesken Lesesequenzen produzierte er in Giesing Lacher in Serie an diesem gelungenen Abend. H. Hettich

Artikel vom 01.05.2014
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