Ebersberger Stadtratskandidaten diskutieren

Ebersberg · Soziale Not bekämpfen

Elisabeth Platzer, Toni Ried, Claudia Pfrang, Rosemarie Will und Martin Schedo diskutierten das Thema »Soziale Not – auch in Ebersberg« (von links). 	Foto: sf

Elisabeth Platzer, Toni Ried, Claudia Pfrang, Rosemarie Will und Martin Schedo diskutierten das Thema »Soziale Not – auch in Ebersberg« (von links). Foto: sf

Ebersberg · Wo begegnet man sozialer Not in Ebersberg? Welche Herausforderungen und Handlungsfelder ergeben sich aus der Situation der Kinder und Familien, Migranten und Senioren?

Diesen und anderen Fragen stellten sich am vergangenen Dienstag vier Ebersberger Stadtratskandidaten bei einer Podiumsdiskussion im Alten Kino. Martin Schedo (CSU), Elisabeth Platzer (SPD), Toni Ried (FW), und Rosemarie Will (Bündnis 90/Die Grünen). Die FDP war krankheitsbedingt nicht vertreten. Eingeladen hatte der Arbeitskreis »Sprungtuch« für caritative und soziale Angelegenheiten des Pfarrgemeinderates St. Sebastian, der es sich zum Ziel gemacht hat, »Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, in den Mittelpunkt zu rücken«, wie Moderatorin Claudia Pfrang, Geschäftsführerin des Katholischen Kreisbildungswerks (KBW) und Mitglied der Kirchengemeinde, eingangs erklärte. Der Diskussion war Ende Januar ein Hearing zu dem Thema im Ebersberger Rathaus vorausgegangen, bei dem vier Experten aus verschiedenen Einrichtungen darstellten, wo Handlungsbedarf besteht.

An vorderster Front stehen Kinder und Familien. Laut Pfrang können in den kirchlichen Betreuungseinrichtungen acht bis zehn Prozent der Eltern die Gebühren nicht bezahlen. Bei 20 bis 25 Prozent der Hortkinder seien soziale Nöte – sowohl psychische als auch finanzielle – zu spüren. »Ich bin froh, dass dieses Thema endlich an die Öffentlichkeit gebracht wird«, sagte Elisabeth Platzer, vor wenigen Jahren sei dies in der Verwaltung noch fast ein Tabu gewesen. Martin Schedo schlug vor, den bestehenden Sozialfonds der Stadt für solche Fälle aufzustocken. Doch Platzer und ­ihrer Grünen-Kollegin Rosemarie Will ist es wichtiger, Hortplätze und damit eine qualifiziertere Betreuung auszubauen, »denn darauf sind gerade Kinder aus sozial schwachen Familien angewiesen«, so Platzer.

Die Problematik setzt sich bei den Jugendlichen fort: Depressionen, Verwahrlosung und Perspektivlosigkeit könnten die Gründe dafür sein, dass es immer mehr sogenannte »verlorene« Heranwachsende gibt, die Selbstmord begehen, Süchten verfallen oder sich in virtuelle Computerwelten zurückziehen, wie Peter Hölzer, stellvertretender Leiter des Amtes für Familie und Kultur, auf dem Hearing schilderte. Platzer kann das aus ihrer Erfahrung als Anwältin für Scheidungs- und Familienrecht nur bestätigen. »Die Ursachen liegen im Elternhaus. Wichtig ist, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen, zum Beispiel in der Schule, und einzugreifen.« Auch Schedo kennt aus seiner Arbeit als Polizist das Problem. »Man muss ihnen neue Ziele geben, sie zum Beispiel im Verein einbinden«, sagte der Vorsitzende des TSV Ebersberg. Platzer plädierte dafür, ein Netzwerk aufzubauen, in dem Stadt und Jugendpflege eng zusammen arbeiten und auch eine Erziehungsberatung eingebunden ist. Will ist der Ansicht, dass die Stadt allein die nötige Hilfe nicht bieten kann, hier seien alle aufgefordert, hinzuschauen und mitzuarbeiten. Für Toni Ried hingegen ist »Netzwerk« ein schönes Modewort und Aufmerksamkeit sei wichtig, »aber wir sollten nach außen klar signalisieren, wer wofür zuständig ist«, betonte der stellvertretende Bürgermeister.

Soziale Not gibt es jedoch auch in der älteren Generation, wie Ludwig Mittermeier, Kreisgeschäftsführer der Caritas, im Hearing erläuterte, wird die Zahl der über 65-Jährigen in der Stadt Ebersberg bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent höher sein als jetzt. Lösungen für den steigenden Pflegebedarf müssten her. Will setzt bei diesem Thema auf den neu gegründeten Seniorenbeirat, der im März seine Arbeit aufnehmen will. Zudem ist ihr Wunsch, dass Wohngenossenschaften wie SALVE in der Zukunft Standard sind. Die Stadt könne hier aber nur unterstützend tätig werden. Eine Anregung bekamen die Stadträte aus dem Publikum: bei jedem Auftrag, den die Stadt vergibt, das Tariftreuegesetz des Deutschen Gewerkschaftsbundes anzuwenden, das heißt, die Mindestlöhne müssen eingehalten werden.

Von Sybille Föll

Artikel vom 28.02.2014
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