Frieden für alle

Perlach · »Gott glaubt an die Menschen – nicht die Menschen an Gott«

Pfarrerin Ursula Schwager entzündet gemeinsam mit den Konfirmanden von St. Paulus die erste Kerze am Adventskranz.	Foto: Rebeca Cabrerizo Keil

Pfarrerin Ursula Schwager entzündet gemeinsam mit den Konfirmanden von St. Paulus die erste Kerze am Adventskranz. Foto: Rebeca Cabrerizo Keil

Perlach · Weihnachten stellt die herrschenden Ansichten auf den Kopf! Ein König ohne Palast, im Stall geboren. Ein Retter ohne Macht, nur Achtung bringt er mit. Ein Mensch, Jesus, kein himmlisches Wesen – und das soll unsere Rettung sein?

»Gott ist nahe!« – diese Weihnachtsbotschaft verrückt nicht nur unsere Ansichten. Sie wendet die tiefsten Sehnsüchte der Menschen: nennen wir es »Glück« oder »das Gute« für sich selbst und die anderen. Wer sehnt sich nicht danach? Ein hohes Ziel. Welche Wege und Mittel bräuchte man, um diese Ziele zu verfolgen? Kein Wunder, dass viele lieber kleinere Brötchen backen. Ein bisschen Frieden im Privaten, hier ein nettes Wort zum Nachbarn, ein liebevolles Geschenk, vielleicht sogar eine Spende für die Armen. Und dann hofft man an Weihnachten beim schön gedeckten Tisch im Kreise der Familie das Gute zu spüren, Frieden, Liebe, dass es schön ist zu leben. Welche Last liegt da auf dem Beisammensein! Die ganze Last der tiefsten Sehnsüchte, für die man noch nicht einmal mehr Worte hat.

Weihnachten ist befreiend. Es erlöst uns davon, ein bisschen Glück in unser Leben zu zaubern. Der Verkündigungsengel posaunt es in höchsten Tönen: »Friede allen Menschen auf Erden!« Drunter geht’s nicht. Weihnachten erinnert an die großen Wünsche und lässt Menschen sehen: Es gibt kein Glück, kein Gutes, wo diese Wünsche nicht mehr zählen. Und wenn heute Abend die Idee des Friedens allen Menschen auf Erden auch in Ihrem Wohnzimmer zur Sprache kommt, dann werden Sie vielleicht lachen, wenn ein Geschenk nicht gut ankommt, das Essen misslingt oder es gar zu einer Meinungsverschiedenheit kommt. Denn alle Geschenke, Gedecke und Lichter bekommen einen anderen Sinn: sie sind nicht selbst das Gute, sondern Zeichen der überschwänglichen Freude: Wir dürfen wünschen, was kein Mensch zu Stande bringt. So wie Maria, die zu den Hirten nicht sagt, ach stimmt, mein Sohn ist der Retter. Sie hört die Botschaft vom Heil für alle Welt und »behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen« (Luk 2, 19).

Wie kann eine Gesellschaft solche Wünsche bewahren? Die tiefen Wünsche befreien zwar aus dem Gefängnis der eigenen Zielsetzungen, aber sie binden auch. Und wie ein Mann im Ohr klopft die Frage an: Woher soll ein Mensch die Kraft nehmen für diese Ideen einzustehen? Und es ist nicht auszudenken, wo das noch hinführt. Doch die Botschaft von Weihnachten ist nicht nur ein Wunsch, sie ist Zusage Gottes: Ihr seid Menschen meines Wohlgefallens. Gott glaubt an die Menschen und traut uns zu: du kannst friedfertig sein, auch wenn du nicht siehst, wie du damit gegen deine Feinde durchkommst; du kannst sanftmütig sein, auch wenn du im Strudel der Gewalt unterzugehen drohst; das Recht, das du in die Welt trägst, ist ein Licht, das nicht verlischt.

Weihnachten wendet unsere Sehnsucht: was unerreichbar hoch erschien, ist auf einmal nahe, ganz nahe. Nicht neben oder vor mir, nichts was ein Mensch erst erreichen muss. Das Gute, das, was allein einen Menschen glücklich macht, ist schon da. Es wird zum Atem des eigenen Lebens. Ursula Schwager M.A. (Pfarrerin in St. Paulus)

Artikel vom 24.12.2013
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