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Otterfing · Archehof erweckt Brennerei wieder zum Leben

In gemeinsamer Mission zur Rettung von Obst: Georg Schlickenrieder (r.) hat auf dem Archehof eine Bio-Schnapsbrennerei eröffnet. Gemeinsam mit Brennmeister Christian Schmidt wacht er über die Qualität.	Foto: Pietsch

In gemeinsamer Mission zur Rettung von Obst: Georg Schlickenrieder (r.) hat auf dem Archehof eine Bio-Schnapsbrennerei eröffnet. Gemeinsam mit Brennmeister Christian Schmidt wacht er über die Qualität. Foto: Pietsch

Otterfing · Die Mission heißt: Obstrettung. Vor Frost, Wespen, Lausbuben, Kuchen und anderen Gefahren. Die Methode: Schnaps daraus brennen. Mit der Einweihung ihrer Bio-Schnapsbrennerei fügten Georg »Gedschi« Schlickenrieder und seine Frau Anja am vergangenen Samstag dem bunten Portfolio ihres Biobauernhofes »Archehof« ein neues Mosaiksteinchen hinzu.

Noch vor einigen Jahren wollte Schlickenrieder eigentlich in die Weinproduktion einsteigen, doch die hofeigenen Reben wollten angesichts des windigen Klimas in Otterfing nicht so recht wachsen. Andere Obstgehölze wuchsen umso besser und was lag da näher, als sich statt am Wein am Schnaps zu versuchen. »Das Schnapsbrennen hatte in Otterfing eigentlich Tradition«, weiß Schlickenrieder, doch mit der Aufgabe vieler landwirtschaftlicher Betriebe verfielen vor zwei oder drei Generationen auch die Brennrechte der Höfe. Mit der gleichen Begeisterung, mit der sich die Schlickenrieders dem Erhalt alter Nutztierrassen verschrieben haben, stürzten sie sich deshalb in die neue Herausforderung.

Sie wollten das alte Wissen um die Schnapsbrennerei wieder mit Leben erfüllen und einen ganz besonderen Otterfinger Schnaps brennen. Ob Zwetschge, Schlehe, Apfel, Birne, Himbeere oder Vogelbeere – in die Destille kommt nur unbehandeltes Obst vom eigenen Hof oder aus dem eigenen Wald, verdünnt wird mit Otterfinger Wasser. Um einen Liter Birnenschnaps zu brennen, werden rund 20 Kilogramm Birnen benötigt, erklärt Brennmeister Christian Schmidt. Für einen Liter Vogelbeerschnaps sind es sogar 50 Kilogramm Beeren. »In den Schnaps kommen keine künstlichen Aromastoffe«, betont Schlickenrieder, »unser Schnaps hat deshalb keinen weichen Geschmack, sondern es ist ein für unsere Region ganz typischer Schnaps«, berichtet Schlickenrieder.

Angesichts dessen ist es verständlich, dass die Meinung der vielen Gäste bei der Einweihung geteilt war. Nach ausführlichen Selbstversuchen reichten die Urteile von kritischem Kopfschütteln bis zu begeistertem Zungenschnalzen und seeligem Lächeln. Eine lange Schlange bildete sich auch vor der Destille, wo Brennmeister Schmidt den eingefüllten Trauben einen glasklaren, 80-prozentigen Schnaps entlockte und geduldig alle Fragen der Probierwilligen beantwortete.

Doch angesichts der benötigten Obstmengen bleibt Schnaps vom Archehof eine Rarität. »Unser Schnaps ist so wenig und so wertvoll, den muss man mit Verstand genießen«, mahnt Schlickenrieder die Gäste bei der Eröffnung der Brennerei und bestätigt damit die Worte der beiden Pfarrer, die zur Einweihung die Segensworte sprachen. »Es ist wie mit vielen Gaben Gottes: Man kann sie missbrauchen oder zum Guten verwenden«, philosophierte Pastorin Beate Saalmüller-Bernstein. Sie habe sich lange überlegt, ob sie zur Einweihung einer Brennerei kommen sollte, doch »vom Gedschi kann man lernen, was ein Mensch tun kann, um die Schöpfung zu erhalten und zu bewahren«, lobt sie den Hausherrn. Er habe schon öfter auf diesem Gebiet wahre Pionierarbeit geleistet, zollte sie ihm Respekt.

Sie bezog sich dabei auf das gesamte Konzept des Archehofes, der sich als ein zu NaturLand gehörender Biohof auch dem Erhalt alter Haustierrassen verschrieben hat. Rund 50 Rinder der Rassen Murnau-Werdenfelser und Angler alter Zuchtrichtung, etwa 40 bunte Bentheimer-Schweine, 50 braune und schwarze Bergschafe, sowie Hühner verschiedenster alter Rassen halten die Schlickenrieders auf dem Hof. Neben Milch produzieren sie auch Fleisch und Wolle nach strengsten Biorichtlinien. »Wir haben einen geschlossenen Betriebskreislauf«, betont Schlickenrieder: Heu, Cobs, Futtergetreide, Stroh, alles Futter wird auf dem eigenen Hof produziert. Die Kühe und Schafe stehen ganzjährig auf einer riesigen Weide, die Schweine haben Gartengang, die Hühner sind überall unterwegs. Das Konzept ist rund, überall ist die Begeisterung und Liebe fürs Detail zu erkennen, mit der die Schlickenrieders ihren Hof bewirtschaften. Doch fertig sind sie noch lange nicht, das kündigte Gedschi Schlickenrieder an, als ihm Diakon Hans Daxenberger ein Kreuz zur Einweihung der Brennerei versprach: »Für jedes neue Kreuz baue ich etwas. Ich nehme das als Auftrag.« Andrea Pietsch

Artikel vom 19.11.2013
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