Kolumne Albrecht Ackerland im Münchner SamstagBlatt

„Da schau her“ - Albrecht Ackerland über Morde

München · Jetzt wird’s mir in dieser Stadt langsam zu bunt. Können wir bitte mal wieder aufhören, uns gegenseitig umzubringen? Zwei Morde innerhalb weniger Tage sind mir entschieden zu viel.

Und ein dritter lässt bei mir auch immer noch ein sehr ungutes Gefühl zurück, wenn ich an der Corneliusbrücke vorbeiradle, wo einer erstochen wurde, weil er sich über des Bespucken seiner Freundin beschwerte. Ich mag in der Zeitung wieder von Hundstrümmerlärger auf Verkehrsinseln lesen, von Laubbläsern vor Gericht oder von blitzwütigen Polizeibeamten. Ich fühle mich bedroht von der Gewissheit, dass es da mitten unter uns Menschen gibt, die fähig sind, einem anderen das Leben zu nehmen.

Das ist noch lange kein Grund, Angst zu haben – ich bin mir ziemlich sicher, dass weder Sie noch ich je mit einem Messer im Rücken enden, mit einer Kugel oder einem Loch im Kopf. Die Menschen, die ich kenne, die begehen keine Morde, und ich kenne viele. Was mich umtreibt ist die Frage, was einen Menschen, der mal ein nettes Kind war, womöglich selber Kinder hat, zum Mörder macht. Was ist da los in so einem? Es ist ja nicht so, dass nicht jeder von uns manchmal gerne jemanden aus seinem Leben hätte, dass der Ärger über jemand oder etwas so groß ist, dass man... naja – eben trotzdem nicht morden würde.

Ganz besonders schlimm finde ich den Zustand, den wir da nun in der Nähe vom Sechzgerstadion hatten: Da bedroht einer seine Ex-Frau über Monate, zerschlägt ihre Wohnungseinrichtung, obwohl seine eigenen beiden Buben dort leben. Er kündigt sogar gewissermaßen das Schlimmste an. Das Gericht verfügt eine Kontaktsperre, er darf sich seiner ehemaligen Familie auf hundert Meter nicht mehr nähern. Die Behörden wissen, dass der Mann gefährlich ist, aber das reicht nicht, um ihn einsperren zu dürfen – zum Glück haben wir hier ja Gesetze, die einen nicht zu allem zwingen. Schließlich lauert der Mann der 29-jährigen Mutter morgens im Treppenhaus auf und ersticht sie. Ich glaube, es hätte nichts gebracht, einen solchen Durchgeknallten zum Yoga zu zwingen, zu einer Psychotherapie oder zu einem Karatemeister zu schicken, der ihn wieder einnordet. Wie begegnet man also einer solche Tatsache, dass das Schlimmste fast abzusehen ist? Ich glaube, einfach einsperren entspricht zum Glück unserem Rechtsstaat nicht. Doch genau hier sind wir als Gesellschaft und schließlich die Politik gefordert: Ja, was machen wir da?

Artikel vom 20.10.2013
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