Umfangreiche Ausbildung bereitet auf den Besuch bei Patienten vor

Unverzichtbar für die Münchner Krankenhäuser: Ehrenamt in der Klinikseelsorge

Die Pfarrerinnen Romana Köppen (l.) und Ute Heubeck (r.) mit der Ehrenamtlichen Gabriele Faber vor der Kapelle im Klinikum Bogenhausen, dem »Herzstück des Hauses«. 	Foto: ms

Die Pfarrerinnen Romana Köppen (l.) und Ute Heubeck (r.) mit der Ehrenamtlichen Gabriele Faber vor der Kapelle im Klinikum Bogenhausen, dem »Herzstück des Hauses«. Foto: ms

München · Wenn das Leben plötzlich auf zwei Quadratmeter und ein Krankenhausbett reduziert ist, herausgerissen aus dem vertrauten Alltag, tauchen Fragen und Ängste auf und man zieht Bilanz: »Warum trifft es mich, warum jetzt?« Dann kann es guttun, darüber zu reden.

»Oft frage ich die Schwestern der Station, ob die jemanden wissen, der sich über Besuch freuen würde«, erzählt Gabriele Faber, die seit fünf Jahren einmal wöchentlich als Ehrenamtliche in der Klinikseelsorge des Klinikums Bogenhausen tätig ist. Die 68-Jährige ist eine von 130 evangelischen und katholischen Ehrenamtlichen, die in den Münchner Krankenhäusern in der Seelsorge arbeiten.

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»Die Unterstützung von Ehrenamtlichen in der Klinikseelsorge ist seit vielen Jahren unverzichtbar«, sagt Pfarrerin Romana Köppen von der Klinikseelsorge am Klinikum Bogenhausen. Sie bietet mit ihrer Kollegin Ute Heubeck einen neuen Ausbildungskurs an, der am 23. Januar 2014 startet und 17 Seminarabende und ein Klinik-Praktikum beinhaltet. Bis 31. Oktober 2013 kann man sich bewerben. »Man darf ein Suchender sein, aber eine innere Verbindung zur katholischen oder evangelischen Kirche sollte man schon haben«, sagt Köppen, »die Ehrenamtlichen treten ja im Auftrag der Kirche auf«.

Ablehnung erleben die ehrenamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger, die verschiedenen Stationen außer der Intensivstation zugeteilt sind, selten, weiß die Pfarrerin, im Gegenteil, die Redebereitschaft sei sehr hoch: »In 90 Prozent der Situationen sind wir willkommen, auch bei denen, die mit Kirche ›nichts am Hut‹ haben.« So erinnert sich Gabriele Faber an einen jungen Mann, der vor kurzem meinte: »Ich bin Moslem, aber ich spreche trotzdem gern mit Ihnen.«

Es müsse nicht um kirchliche Fragen gehen, das Wichtigste sei die Situation des Patienten. »Verheerend ist es«, so Köppen, »etwa zu einem Schlaganfallpatienten zu sagen: ›Mein Opa hatte das auch‹. Es geht nur um den Patienten hier«. Auch wer vor kurzem ein Familienmitglied gepflegt hat oder in Trauer ist, für den ist dieses Ehrenamt erstmal nicht so geeignet, meint die 58-Jährige, die seit 25 Jahren als Pfarrerin in der Krankenhausseelsorge arbeitet, davon acht Jahre in Bogenhausen. »Wer sich gerade in einer schwierigen Lebenssituation befindet, den bitten wir, sich zu einem späteren Zeitpunkt für den Kurs zubewerben.«

Wichtigste Voraussetzung für diese Aufgabe, die auch nach der umfassenden Ausbildung von monatlichen Treffen und regelmäßigen Fortbildungen begleitet wird, seien die Bereitschaft dazuzulernen und offene Ohren und Sinne: Was sagt jemand und was meint er eigentlich? Etwa mit dem Satz »Eigentlich geht es mir gut« oder »Meine Söhne arbeiten so viel und können mich nicht besuchen«. »Auch ohne dass der Patient viel sagt, weiß man schon viel«, erklärt Gabriele Faber, zum Beispiel dadurch, was jemand auf dem Nachttisch hat, Kinderbilder oder das Foto vom Hund, viele Blumensträuße oder gar nichts.

Entscheidend sei, zuzuhören und zum Weiterreden einzuladen. Aber: Nie eine Lösung anbieten. »Wir können keine parat haben, wir gehen nur einen Stück des Weges mit«, so Pfarrerin Ute Heubeck. Am Ende des Gesprächs sei es aber die Aufgabe einer guten Seelsorgerin, das Gespräch nochmal zusammenzufassen und »eine Spur zu legen«, sagt die 38-Jährige, etwa mit dem Angebot »Darf ich für Sie eine Kerze anzünden in der Kapelle« oder »Ich würde noch ein Gebet sprechen« oder einen Segen, den auch die Ehrenamtlichen spenden dürfen.
»Viele haben eine Sehnsucht nach Lebenshoffnung und nehmen das Angebot sehr gerne an«, so Romana Köppen. »Es darf aber nicht aufgesetzt sein und läuft sehr individuell ab. Mancher wünscht sich beim Segen die Hand auf die Stirn gelegt zu bekommen. Das geschieht alles auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten.

»Vor meinem ersten Patientenbesuch hatte ich großes Herzklopfen, man weiß ja nicht, was einen hinter der Tür erwartet«, erzählt Gabriele Faber. »Wir haben geübt, wie man sich dem Patienten nähert und ihn begrüßt«. Das richtige Maß von Nähe und Distanz will gelernt sein: Die Seelsorger setzen sich zum Beispiel nie aufs Bett.

Die ehrenamtliche Klinikseelsorge, die es in München seit gut 30 Jahren gibt und die Elemente der »Pastoral Care« aus den USA übernommen hat, sei kein Ersatz für die Psychologen im Haus, eher eine Ergänzung um eine spirituelle Seite, erklärt Romana Köppen. Auch von den Ärzten erfahren die Seelsorger Wertschätzung: »Da spüren wir Entlastung und Dankbarkeit«.
Gabriele Faber, die im Ruhestand nach einer sinnvollen Aufgabe gesucht hat und der bei diesem Ehrenamt die Teamarbeit besonders gefällt, kommt einmal die Woche zum Dienst. Dabei führt sie vier bis fünf, maximal bis zu acht Gespräche, »je nachdem wie viel Kraft ich habe«. Meist trifft sie die Patienten nur einmal, die in der Regel drei bis fünf Tage in der Klinik verbringen. »Die schlimmsten Situationen sind die, bei denen ich wenig Kontakt zu den Patienten bekomme, etwa weil sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, zu sprechen, obwohl ihnen was auf dem Herzen liegt«. Von Michaela Schmid

Üben Sie ein Ehrenamt aus oder würden gern? Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de.

Infos zum Ausbildungskurs

Für den Ausbildungskurs 2014 der Evangelischen Seelsorge am Klinikum Bogenhausen kann man sich bis 31. Oktober bewerben: Weitere Infos gibt es bei Romana Köppen und Ute Heubeck, die den Kurs leiten, Tel. 0 89/92 70-24 12, E-Mail romana.koeppen@klinikum-muenchen.de. Die gesamte Ausbildung – einschließlich der Kosten für drei Seminartage – kostet eine Kursgebühr von 100 Euro.

Artikel vom 27.09.2013
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