Barrierefreies Ottobrunn

Selbsterfahrung

Welche Hürden sich für Personen im Rollstuhl auftun, haben die Teilnehmer der Fortbildung am eigenen Leib erfahren. Foto: MO

Welche Hürden sich für Personen im Rollstuhl auftun, haben die Teilnehmer der Fortbildung am eigenen Leib erfahren. Foto: MO

Ottobrunn · Für die Gemeinde Ottobrunn ist Barrierefreiheit kein leeres Schlagwort. Seit Jahren unterstützen Gemeindeverwaltung und Gemeinderat die Vorschläge des Arbeitskreises (AK) Barrierefreies Ottobrunn, um Mitbürgern mit eingeschränkter Mobilität die Beweglichkeit im öffentlichen Raum zu erleichtern. Dennoch betraten die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, darunter auch Bürgermeister Thomas Loderer, sowie von Architekturbüros, mit denen die Gemeinde aktuell zusammenarbeitet, bei einem Fortbildungskurs mit dem Titel »Selbsterfahrung der Barrierefreiheit in der Gemeinde Ottobrunn« gleichsam Neuland.

Ziel der Veranstaltung, die auf Initiative von Heidi Lungmus, eines Mitglieds des AK Barrierefreies Ottobrunn, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde umgesetzt wurde, war es, die Teilnehmer – vorwiegend Bautechniker und Mitarbeiter des Wolf-Ferrari-Hauses – die Probleme von Rollstuhlfahrern am eigenen Leib im Rollstuhl »erfahren« zu lassen. Die acht Teams aus je einem Rollstuhlfahrer und einem Begleiter, der nur bei Aufforderung helfen sollte, hatten einen Parcours zu bewältigen, der an verschiedenen Orten für Alltagsverrichtungen vorbeiführte. Zu den Aufgaben gehörten zum Beispiel ein Behördengang zum Pass-Amt, ein Einkauf in einem Lebensmittelmarkt, das Aufsuchen der Behinderten-Toilette, aber auch der Besuch des Biergartens oder eine kleine Spazierfahrt im Rosengarten hinter dem Wolf-Ferrari-Haus. Den Kursteilnehmern wurde schnell klar: Was für Nicht-Rollstuhlfahrer eine leichte Übung ist, kann für jemanden, der im Rollstuhl sitzt, zum Leidensweg werden. Am Denkmalsplatz hinter dem Rathaus gibt es zwar eine kleine Rampe; aber sie ist zu steil, so dass ein Umweg nötig wird. Die lange Schräge am Biergarten erfordert sehr viel Kraft und das Vorwärtskommen im Kies ist gar unmöglich, ebenso das Unterfahren eines der großen Holztische. Als geradezu erholsam empfanden die Teilnehmer den Plattenweg »Unter den Lauben«.

Erfreulicherweise gibt es seit einiger Zeit an den Eingängen zum Wolf-Ferrari-Haus und zum Rathaus automatische Türen; aber andere Türen sind schwer zu öffnen. Selbst eine scheinbar niedrige Schwelle ist fürs Vorankommen oft zu hoch. Geht es vielleicht rückwärts? »Ernüchternd«, meinte eine Teilnehmerin. Kaum einem war bewusst gewesen, wie anstrengend Kopfsteinpflaster sein kann. Bei der Diskussion wurde hervorgehoben, dass beim Bau der Ortsmitte zwar an verschiedenen Stellen an Barrierefreiheit gedacht wurde und dass an manchen Orten mit Erfolg nachgebessert wurde. Trotzdem gibt es noch Schwachpunkte. Zum Beispiel das Behinderten-WC im Rathaus, bei dem sich wegen der Raumenge die Tür nicht schließen lässt. Hier wurde noch während der Fortbildung eine baulich leicht zu realisierende Veränderung erarbeitet. Der gute Wille ist da, doch manchmal fehlt es noch am richtigen Blick für die Schwierigkeiten, die sich für Mobilitätseingeschränkte auftun können. Deshalb, so waren sich die Kursteilnehmer einig, ist es wichtig, bei Baumaßnahmen für Fragen der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum Betroffene einzubeziehen – wie es in Ottobrunn seit einiger Zeit geschieht.

Renate Wiehle / Heidi Lungmus

Artikel vom 04.09.2013
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