Die Finger wie neu

Restaurierung: Parsdorfs Kirche St. Nikolaus vor Verfall gerettet

Der Restaurator und Konservator Robert Weininger bei letzten Arbeiten in der Parsdorfer Kirche. 	Foto: Sybille Föll

Der Restaurator und Konservator Robert Weininger bei letzten Arbeiten in der Parsdorfer Kirche. Foto: Sybille Föll

Parsdorf · Die Gläubigen in Parsdorf können bald wieder ihr Gotteshaus betreten. Die im November vergangenen Jahres begonnenen Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten im Innenraum der Kirche St. Nikolaus sind abgeschlossen.

Derzeit wird nur noch die Beleuchtung erneuert und im September der Rundweg um die Kirche hergerichtet. Voraussichtlich Ende September oder Anfang Oktober findet die offizielle Wiedereröffnung statt.

Große Veränderungen werden die Gottesdienstbesucher jedoch nicht erkennen können. Denn laut dem Konservator und Restaurator Robert Weininger bedeutet Konservierung, den Bestand zu erhalten. Außerdem werde durch eine Anpassung des Raumklimas der Verfall der Ausstattung aufgehalten – beziehungsweise versuche man, ihn nicht so schnell voranschreiten zu lassen, »so dass sich zum Beispiel kein Schimmel bildet«, erklärt der Konservator. Die Heizung wurde so eingestellt, dass die Temperatur im Winter nicht unter 10 Grad sinkt. Ein wenig Handwerk gehört zur Konservierung aber auch dazu. Die Oberflächen des Inventars, wie beispielsweise der imposante barocke Hochaltar aus dem Jahr 1680 mit dem Heiligen Nikolaus als Hauptfigur sowie die Seitenaltäre im Langhaus, das kunstvoll geschnitzte Orgelprospekt aus dem Frührokoko, die Fresken an der Empore und die zahlreichen Heiligenfiguren wurden zunächst gereinigt und an einigen wenigen Stellen festigten Weininger und sein Team Holz und abgeplatzte Farbschichten. Außerdem haben die Fachleute überprüft, ob Holzschädlinge aktiv sind, aber das war nicht der Fall. Sie wurden bereits vor zehn Jahren erfolgreich bekämpft.

Laut erzbischöflichem Ordinariat werden solche Erhaltungsmaßnahmen an kirchlichen Kulturdenkmälern, zu denen die spätgotische Kirche St. Nikolaus gehört, etwa alle 30 Jahre durchgeführt. Die letzten Konservierungsarbeiten in Parsdorf waren in den 1970er-Jahren. Bei einer Inspektion vor über zehn Jahren stellte sich jedoch heraus, dass in dem Gotteshaus, dessen Bau auf das Jahr 1457 zurückgeht, einiges im Argen lag. Am Dachstuhl waren Balken verfault, das Dach war undicht, der Turmaufstieg musste gesperrt werden, weil die Leiter marode war. »Die Eichenbohlen im Glockenturm waren so angefault, dass die Glocken abgestellt werden mussten«, erzählt der damalige Kirchenpfleger Karl Müller. Seit zehn Jahren wird die Kirche daher komplett saniert, die Konservierung ist die letzte Maßnahme.

Restauriert wurde im Innenraum nur sehr wenig. Die fehlende Zacke im Strahlenkranz über dem Hauptaltar wurde ersetzt, ebenso der ein oder andere abgebrochene Finger an den Heiligen-Figuren. Einige von ihnen haben auch ihren Platz gewechselt: Die Immaculata, eine Marienstatue, die auf eine den Erdball umwindende Schlange tritt, hat wieder ihren – vermutlich – ursprünglichen Platz im südlichen Seitenaltar eingenommen. Die spätgotische Madonna wanderte zurück auf den Wandpfeiler. Die Johannesfiguren, die an der nördlichen Wand standen, befinden sich jetzt wieder im Johannesaltar. Ob es tatsächlich die ursprünglichen Standorte waren, ist nicht sicher. In der Kostenaufstellung für eine Restaurierung der Seitenaltäre im Jahr 1846 werden die Figuren nur erwähnt. Die Situierung der Marienfigur ist laut Müller jetzt nach einer historischen Fotografie aus dem Jahr 1908 erfolgt.

Wie alt die Kirche ist, weiß auch niemand so genau. 1998 wurde das 525-jährige Jubiläum gefeiert, da das Jahr 1473 als Entstehungsjahr galt – bis die Vaterstettener Kunsthistorikerin Brigitte Schliewen auf einem Schlussstein der Rippenbögen im Chor die gotischen Zahlen 1457 entzifferte. Daraufhin feierte die Kirche 2007 nochmals Jubiläum – diesmal das 550. Schriftlich erwähnt wird eine Kirche in Parsdorf aber schon 1315 und so vermuten Historiker, dass der mittelalterliche Bau 1457 durch den Chor mit dem Netzgewölbe und dem Satteldach ergänzt wurde. Erst zweieinhalb Jahrhunderte später wurde das Langhaus gebaut, am 11. September 1723 fand die Einweihung statt. So wird die Wiedereröffnungsfeier auch gleichzeitig das 290. Geburtstagsfest für diesen Teil der Kirche. Sybille Föll

Artikel vom 13.08.2013
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