Szenisch-musikalische Collage »On Stage«, am 29./30. Juli, in der Occamstraße, Schwabing

Theaterprojekt von jungen Flüchtlingen im Lustspielhaus

»Unsere Münchner Freiheit« heißt das Theaterstück der afrikanischen Jugendlichen, das sie in der kommenden Woche im Lustspielhaus aufführen.	 Foto: Magdalena Wandinger

»Unsere Münchner Freiheit« heißt das Theaterstück der afrikanischen Jugendlichen, das sie in der kommenden Woche im Lustspielhaus aufführen. Foto: Magdalena Wandinger

München · Nun kommt niemand mehr. Niemand, der ihn brutal packt und wegschleift. »Endlich bin ich in Sicherheit, zum ersten Mal in meinem Leben«, sagt William. Der 25-Jährige kam aus Nigeria als Flüchtling hierher, musste seine Familie und Freunde verlassen, um zu überleben.

Und doch, er ist nicht allein. Er hat in München Menschen gefunden, mit denen er dasselbe Schicksal teilt. Und mit diesen Menschen wird in der letzten Juliwoche auf der Bühne stehen. Im Lustspielhaus in Schwabing, Occamstraße 8, wird zu sehen sein, was zwölf junge Flüchtlinge auf die Beine gestellt haben: Eine szenisch-musikalische Collage mit dem Namen »Unsere Münchner Freiheit«. Die Auswahl des Titels hat für alle Teilnehmer eine besondere Bedeutung. Denn erst seit er hier lebt, weiß William, wie sich Freiheit anfühlt.

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Initiiert wurde das Theaterprojekt von »culture4change«, einer gemeinnützigen Unternehmergesellschaft, gegründet im Jahr 2011 von Kirsten Piëch. Es ist nicht das erste Projekt dieser Art. Mit »On Stage« konnten bisher 82 sozial benachteiligte Jugendliche und junge Flüchtlinge, die meist über Jugendhilfeeinrichtungen vermittelt wurden, gefördert werden. »In dem Moment, wo sie auf Bühne steigen, können sie ihre problematischen Geschichten ablegen«, so Piëch. Mehr noch: Die Jugendlichen würden in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt, entdeckten an sich ungeahnte Talente und hätten endlich die Chance, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. »Uns ist es ein großes Anliegen, deren Lebenssituationen auch nachhaltig zu verbessern«, so Piëch weiter. »Niemand wird während der Proben und nach der letzten Aufführung einfach sich selbst überlassen.« Die meisten von ihnen hätten anschließend in eine Schule, an einen Ausbildungsplatz oder eine Praktikumsstelle vermittelt werden können. Auch bei der Suche nach einer Wohnung und Fragen zur Aufenthaltsgenehmigung stehen die Mitarbeiter von »culture4change« zur Seite.

Das Stück, das am Montag, 29. Juli, und am Dienstag, 30. Juli, jeweils um 20.30 Uhr, im Lustspielhaus gezeigt wird, wurde unter der Regie von Laurenz Leky entwickelt. Es erzählt das Märchen »Die Bremer Stadtmusikanten« auf eine noch nie gesehene Weise – denn es ist verwoben mit den persönlichen Geschichten, Wünschen und Träumen der Darsteller. Und verbunden mit deren Botschaft, die lautet: »Wir wollen in München Fuß fassen, unsere Vergangenheit hinter uns lassen und ein ­selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben führen.« Lustspielhaus-Chef Till Hofmann zögerte keine Sekunde, seine Bühne an der Occamstraße für das Projekt zur Verfügung zu stellen. »Wir sind vom Engagement der Macher beeindruckt und begeistert von der Tatsache, im Theater mit traumatisierten Jugendlichen zu arbeiten«, sagt er.

Wenige Tage vor der Premiere, probten die zwölf Teilnehmer, die unter anderem aus Uganda, dem Senegal und Sierra Leone stammen, auf einer Bühne in der Kultfabrik – und sie probten mit einem Einsatz, der, wie Piëch sagt, »unermesslich hoch« sei: »Diese jungen Leuten sind sehr motiviert, sich einzubringen. Sie wissen ihre neue Heimat sehr zu schätzen und hängen sich richtig rein, um Deutsch zu lernen.« Auch William ist täglich stundenlang damit beschäftigt, Vokabeln und Grammatik zu pauken. »Die deutsche Sprache hat einen wundervollen Klang. Ich möchte sie so gut können wie die Menschen, die hier leben, und das möglichst bald«, erzählt er. Die Gastfreundschaft der Münchner habe es ihm leicht gemacht, sich hier schnell heimisch zu fühlen. »Niemand diskriminiert mich, niemand übt Gewalt gegen mich aus. Das ist ein ganz neues Lebensgefühl.«

Der Premiere fiebert William bereits sehr entgegen. Aufgeregt sei er schon. »Aber ich hätte nie geglaubt, dass ich mich das mal trauen werde, mich vor vielen Menschen hinzustellen und von mir zu erzählen«, sagt er. Was so alles in ihm stecke, habe er erst hier erfahren. »Ich habe echtes Glück gehabt.«. Ein Glück, das andere Flüchtlinge nicht hatten. Viele von ihnen, auch das hat William erlebt, seien auf dem Weg in die Freiheit getötet worden.

Karten zu 14 Euro, ermäßigt zu 8 Euro, gibt es telefonisch unter 34 49 74 oder online unter www.lustspielhaus.com. Weitere Infos zum Projekt gibt es unter www.culture4change.de.

Was bedeutet Freiheit für Sie persönlich? Stimmen Sie ab unter www.samstagsblatt.de.

Von Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 26.07.2013
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