Haar muss den Rotstift im laufenden Haushaltsjahr ansetzen

Haar · »Ebbe statt Flut«

Anstatt kalkulierter 15,5 Millionen Euro Einnahmen sind es tatsächlich nur 8,2 Millionen Euro. Foto: ar

Anstatt kalkulierter 15,5 Millionen Euro Einnahmen sind es tatsächlich nur 8,2 Millionen Euro. Foto: ar

Haar · Wegen des massiven Einbruchs bei den Gewerbesteuern um fast 50 Prozent – kalkuliert hatte die Kommune mit 15,5 Millionen Euro Einnahmen, tatsächlich sind es jetzt 8,2 Millionen Euro – sowie einer unerwarteten Gewerbesteuer-Rückzahlung mussten Verwaltung und Lokalpolitiker jetzt den Rotstift so kräftig wie noch nie ansetzen und neun Millionen Euro im laufenden Haushaltsjahr kürzen. In der Summe sind laut Rathaus-Finanzchef Günter Rudolf die Rückerstattung, die ein örtliches Unternehmen vor Gericht vom Finanzamt erstritten hatte, samt 1,7 Millionen Euro Zinsen enthalten.

Der Gemeinderat biss in den sauren Apfel und beschloss einhellig die bis dato heftigsten Kürzungen. Noch Ende April waren Bürgermeister Helmut Dworzak und seine Fachleute von einem Minus von »lediglich« 7,5 Millionen Euro ausgegangen. So mussten die Einschnitte noch tiefer vorgenommen werden. 5,1 Millionen Euro werden durch ein >Sixer-Pack< erzielt: Laut Etatvorlage »decken Mehreinnahmen aus Vermietung, Erstattungen für Personalkosten und höhere Kfz-Steueranteile rund 330.000 Euro der Mindereinnahmen ab.« Dazu kommen 60.000 Euro nicht erwartete Mehreinnahmen, 1,4 Millionen Euro stammen aus der verminderten Gewerbesteuerumlage, 820.000 Euro aus der geringeren Umlage für den Landkreis München und »Streichung und Zurückstellungen von Vorhaben« schlagen mit 2,5 Millionen Euro zu Buche.

Damit verblieb eine Lücke von knapp 3,9 Millionen Euro. Aus den Rücklagen werden nunmehr 13,1 statt wie geplant 11,2 Millionen Euro entnommen. Zum 31. Dezember liegen dann nur noch 3,1 Millionen Euro auf der hohen Kante. Und die Kreditaufnahme sieht jetzt insgesamt fast 3,2 Millionen Euro vor. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 390 Euro – ein durchaus akzeptabler Wert, denn der Durchschnitt bei vergleichbaren bayerischen Kommunen beträgt 704 Euro. Belastend wirken sich im Etat »zahlreiche Mehrausgaben bei bereits begonnenen Projekten, die nicht vermeidbar waren bzw. sind, aus«, so Rudolf in seinen Erläuterungen. So muss Haar für die Instandsetzung Bahnhofstraße / Kirchenplatz 260.000 Euro mehr aufwenden als angesetzt, für das Straßenbauprojekt Tannenhofsiedlung sind 83.000 Euro nachzufinanzieren. Die Folge: Das Vorhaben Ludwig-Moser-Straße entfällt. »Zunächst einmal zurückgestellt«, so das Gemeindeoberhaupt, wurde der Bau des barrierefreien Zugangs Nord zum S-Bahnhof und die Minigolfanlage im Sportpark. Die Liste der Einsparungen – »wir haben überall gespart, wo es wirklich möglich war«, so Dworzak – und auch Mehrausgaben ist lang (die wesentlichen Posten lesen Sie in der nächsten Ausgabe).

Freiwillige Zuwendungen an Vereine sind bislang nicht betroffen – wohlgemerkt bislang. Künftige Einschnitte ab 2014 sowohl bei den Zuschüssen als auch bei den Ausgaben schließt Rudolf nicht aus. Denn zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur sind in der Zukunft jährliche Einnahmen bei der Gewerbesteuer von etwa zwölf Millionen Euro notwendig. Ob diese Quelle derart sprudelt, ist aus heutiger Sicht zumindest fraglich, zumal die bisherigen Leistungen der Unternehmen ersten Erkenntnissen zu Folge wohl kein einmaliges Zwischentief sind. Der nächste Schritt sei es laut Landratsamt, so Dworzak, über Steuererhöhungen nachzudenken. Derzeit gelten unverändert die Hebesätze 250 bei der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und B für Grundstücke sowie 350 bei der Gewerbesteuer. Dazu der Bürgermeister: »Wir leisten uns bis jetzt eine Grundsteuer, die unter dem Durchschnitt im Landkreis liegt.«

»Andernorts ist von der Flut die Rede, bei uns von der Ebbe, von der Ebbe in der Kasse. Wir sind mit nassen Füßen, mit einem blauen Auge davongekommen«, meinte CSU-Oppositionsführer Thomas Reichel. Seine kritischen Worte wies für die Sozialdemokraten Alexander Zill zurück und mahnte: »Wir sollten uns jetzt nicht gegenseitig zerfleischen.« Grünen-Fraktionschef Mike Seckinger bezeichnete die erarbeitete Lösung als »konsensfähigen Vorschlag«, attestierte für die Vergangenheit und die Gegenwart der Verwaltung und dem Plenum eine »vorsichtige und vorsorgliche Haushaltspolitik.«

ikb

Artikel vom 09.07.2013
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