Pfingsten, Wunder und Wahlkampf

München · Albrecht Ackerland über

München · Meine kleine Party-Recherche der vergangenen Tage hat ergeben: Kein Mensch kann mir erklären, warum, wofür, für wen das Pfingstfest eigentlich so im Kalender steht, ja, sogar Anlass für ganze Schulferien ist. Ob ich nun auf einer Vernissage weilte, beim Kaffeekranzl in der Seniorenresidenz, auf der Studentenparty (Bayerische Kirchengeschichte!) oder beim Alpenvereinsflohmarkt – nirgends wusste kein Mensch, nicht was das soll mit dem Pfingsten. Ich musste also selbst zur Bibel greifen:

„Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.“ Pfingsten ist sozusagen der Geburtstag der christlichen Kirche. Das kann man schon mal wissen. Und schnell kann man auch zur Stelle sein mit Abendlanduntergangsfantasien, denn wenn selbst die Kirchengeschichteanwärter nach dem dritten Glas Rotwein nicht mehr wissen, was dem Pfingstochs seinen Titel gab, dann Abendland undsoweiter. Dabei gibt es dieser Tage ganz andere Unkenntnisse, die schockieren.

Neulich war ich auf dem Land unterwegs und fühlte mich ganz zuhause, also ganz münchnerisch, weil einem alle paar Meter vom Plakat herunter der Ude Christian Bart und Grinsen schenkte. Ich habe mich schon gefreut, dass Plakate nicht sprechen können, weil sonst – jeder – einzelne – Wortteil – betont – gewesen – wäre. So wie der Ude halt redet. Diese Freude tat ich kund, brachte mein Radl zum Stehen und redete ein altes Landweiberl an, das an einem Kruzifix rumnestelte. Sie schaute mich mit großen Augen an. Und ich als armer stolzer Münchner musste hören aus des Weiberls Mund: Ude was? SP wer? Es sind noch ein paar Monate hin bis zur Wahl im Herbst, aber sich das Pfingstwunder als Inspiration zu nehmen, schadete der Bayern-SPD mit ihrem Frontmann sicher nicht. Aber wer weiß – vielleicht redet der Ude ja schon nächste Woche in feinstem Aiwanger-Niederbairisch. Wunder gibt es immer wieder. Die Zeiten jedenfalls passten.

Artikel vom 16.05.2013
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