Kulturverein Zorneding-Baldham holt die Kunst »aufs Land«

Zorneding/Baldham · 50 Jahre Kultur

Die neu gewählten Vorstandsmitglieder des Kulturvereins Zorneding-Baldham, der heuer 50-jähriges Bestehen feiert. 	Foto: privat

Die neu gewählten Vorstandsmitglieder des Kulturvereins Zorneding-Baldham, der heuer 50-jähriges Bestehen feiert. Foto: privat

Zorneding/Baldham · Der Kulturverein Zorneding-Baldham feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass findet am Samstag, 27. April, ein Festakt mit Konzert des Symphonieorchesters im Zornedinger Martinstadl statt.

Zu diesem Ereignis werden drei der Mitglieder nicht mehr als Vorstand teilnehmen: Gerda Then-Bergh, Wolfram Tippe und Karl-Ludwig Judt. Letzterer war seit 2005 Hauptverantwortlicher in dem gleichberechtigten Vorstandsteam. Aus privaten Gründen stellte er sich bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Mittwoch nicht mehr zur Wahl. Künftig besteht der Vorstand aus den bisherigen Mitgliedern Heide Schneider, Ilse Kuderna, Yasmin Mellinghoff, Hans Wasserer, Georg Wessling, Andreas Müller (Schatzmeister) und Helmut Stocker. Das Team teilt die anfallenden Führungsaufgaben unter sich auf. Für Stocker, der bisher als Rechnungsprüfer agierte, wurde Claudia Schreiner hinzugewählt. »Wir sehen die Zukunft des Vereins sehr positiv«, sagt Heide Schneider – auch wenn das Landratsamt im vergangenen Jahr seine Förderkriterien geändert hat und das Warten auf die beantragten Zuschüsse jedes Mal eine Zitterpartie ist. »Kammermusik- und Ebersberger Klavierzyklus laufen hervorragend, das macht uns Mut«, so Schneider.

Von Anbeginn hatte der Kulturverein immer wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Trotzdem hat etwa Martin Burgmayer, Mitglied der ersten Stunde und jahrelanger Kassier, darauf gesetzt, dass es für den Verein weitergeht: »Vertrau auf Doktor Marc und lass ihn walten, er wird den Kulturverein schon erhalten«, war Burgmayers Credo. Der Arzt Bernhard Marc gründete den Verein am 24. Januar 1963 aus Leidenschaft zur Kultur. Als »Kolonnenarzt« bei der Rotkreuzgemeinschaft Zorneding, bei der auch Burgmayer aktiv war, hatte er versucht, den Sanitätern nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch sein Kulturverständnis weiterzugeben. »Dafür bin ich ihm heute sehr dankbar, er hat mein Leben bereichert«, sagt der heute 85-Jährige. Doch um damals Kultur genießen zu können, musste man nach München fahren. So kam Marc die Idee, durch einen Verein die Künstler aufs Land zu holen. 62 Mitglieder konnten am Gründungstag gezählt werden, am Ende des Jahres waren es schon 146. Im Saal vom Gasthof zur Post fand im Mai 1963 die erste große Festveranstaltung unter dem Motto »150 Jahre Richard Wagner« statt. Doch nicht nur Musik wurde geboten. »Das Programm war so vielfältig, das kann sich kaum jemand vorstellen«, schwärmt Burgmayer. Kurz nach der Mondlandung 1969 sei sogar jemand aus Pasadena/Kalifornien gekommen, der über diesen geschichtsträchtigen Schritt für die Menschheit in Zorneding berichtete. Prominente ­Gäste im Laufe der Jahre waren außerdem Luis Trenker, Otto von Habsburg sowie die Komponisten Carl Orff und Werner Egk.

Hartnäckig zum Ziel

Ein Konzert des Symphonie-Orchesters Graunke am Dreikönigstag des Jahres 1968 in der Sieghartsburg in Ebersberg wurde zu einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Flop. »Der Saal war nur zu einem Drittel gefüllt und das Defizit dementsprechend hoch«, schreibt Heinz Küspert, Nachfolger von Marc, in der aktuell erschienenen Chronik des Vereins. Doch der Doktor gab nicht auf, rührte die Werbetrommel, gründete 1969 ein »Kuratorium zur Förderung kultureller Veranstaltungen im Landkreis Ebersberg« mit 15 namhaften Persönlichkeiten, darunter Bürgermeister der umliegenden Gemeinden und Bankenvertreter. Den Vorsitz übernahm Landrat Remigius Streibl. 1973 erhielt Bernhard Marc anlässlich seines 65. Geburtstages das Bundesverdienstkreuz für sein jahrzehntelanges kulturelles Wirken im Landkreis Ebersberg, zwei Jahre später starb er.

Sein Nachfolger Heinz Küspert hatte es ebenfalls nicht leicht. Es gab immer mehr kulturelle Veranstaltungen in der Umgebung, das Interesse schwand, und 1982 drohte das Aus für den Verein. Küspert entwickelte ein neues Konzept und gestaltete in enger Zusammenarbeit mit dem Vaterstettener Konzertagenten Adolf Kuderna das Programm für einen Kammermusikzyklus, der am 17. Oktober 1982 mit dem Hagen-Quartett eröffnet wurde. Bis heute ist diese Reihe erfolgreich, ebenso wie der Ebersberger Klavierzyklus, der zehn Jahre später entstand. 2003 übernahm Oliver Triendl die Programmgestaltung des Kammermusikzyklus. Triendl ist Pianist und bis heute künstlerischer Leiter des Vereins.

Das Symphonieorchester, Herzstück des Vereins und Bestreiter vieler Konzerte, wurde am 8. März 1974 gegründet. Erster Leiter war Hans Walter Kämpfel: Er war Opernchef in Zürich, Generalmusikdirektor in Aachen und Bremen, wirkte an der Staatsoper in Hamburg und hatte als Gastdirigent Orchester in Europa und im fernen Osten geleitet – und nun sollte er ein Laienorchester in seiner Heimatgemeinde Zorneding führen. Im Mai 1974 erfolgte das erste Konzert mit Werken von Beethoven und Haydn. 2004 übergab er aus gesundheitlichen Gründen sein Orchester in die Hände von Andreas Pascal Heinzmann, der beispielsweise das Ensemble Ambassade der Wiener Symphoniker und das Bruckner Orchester Linz dirigierte.

Unter seiner Leitung spielt das Orchester beim Festakt am Samstag, 27. April, eingangs die Ouvertüre zu Mozarts »Die Hochzeit des Figaro«. Mit dem langjährigen Weggefährten des Orchesters, Tobias Stork am Klavier, folgt das Klavierkonzert d-Moll von Johann Sebastian Bach. Den Abschluss bildet Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 3 Es-Dur, die »Eroica«.

Zweiter Termin am 28. April

Das Konzert wird am Sonntag, 28. April, unter Mitwirkung des dortigen Schulorchesters in der Aula des Gymnasiums Kirchseeon nochmals aufgeführt. Zu beiden Konzerten, die jeweils um 19 Uhr beginnen, haben Schüler freien Eintritt, Erwachsene zahlen in Kirchseeon 15 Euro, Karten für den Festakt gibt es zu 18, 15 und 12 Euro. Kartenbestellungen nimmt Heide Schneider unter Tel. 0 81 06/2 21 54 oder per E-Mail unter heide.schneider@casa-di-heide.de entgegen. Anlässlich des Jubiläums hat Natascha Niemeyer-Wasserer eine Vereinschronik erstellt, die bei den Konzerten kostenlos erhältlich ist. Anschließend kann sie für 5 Euro beim Verein gekauft werden. Sybille Föll

Artikel vom 16.04.2013
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