Doku im Waggon: über das Leid der Zwangsarbeiter

München-Vaterstetten-Ebersberg · Gedenken auf Schienen

Klaus Hugo, zweiter Vorsitzender der Eisenbahnfreunde Vaterstetten, vor der Gedenkstätte Richtung Baldham Dorf, die nun ausgebaut werden soll. 	Foto: Sybille Föll

Klaus Hugo, zweiter Vorsitzender der Eisenbahnfreunde Vaterstetten, vor der Gedenkstätte Richtung Baldham Dorf, die nun ausgebaut werden soll. Foto: Sybille Föll

München-Vaterstetten-Ebersberg · Vier Metallstangen auf einem Acker neben dem Reitsberger Hof bei Vaterstetten markieren die Stelle, an der künftig ein Güterwaggon aus den 1940er-Jahren stehen wird – …

…zum Gedenken an die Zwangsarbeiter, die am Ende des Zweiten Weltkriegs eine Eisenbahnstrecke von Zorneding über Feldkirchen bis München-Daglfing bauen und unter menschenunwürdigen Verhältnissen in solchen Wagen hausen mussten.

Der vor zwei Jahren gegründete Verein „Eisenbahnfreunde Vaterstetten“ hat den Waggon bereits für 2.500 Euro von der Deutschen Bahn gekauft, seit vergangener Woche steht er in Stuttgart bereit zur Abholung. ­Zusammen mit der Kulturhistorischen Sammlung will der Verein darin eine Art Do­ku­ment­ationszent­rum einrichten. Von 1944 bis 1945 dauerten die Arbeiten an der Trasse, die jedoch nie in Betrieb genommen, sondern 1946 wieder zurückgebaut wurde. Sie verlief über die Baldhamer Felder. Daher hatten vor etwa acht Jahren Georg Reitsberger und Claus Ortner von der Kulturhistorischen Sammlung Vaterstetten eine Gedenkstätte am Radweg Richtung Baldham Dorf errichtet.

Das kurze Stück Gleis zwischen Straße und Radweg und die Informationstafel werden jedoch kaum beachtet. Der 14 Meter lange historische Güterwaggon hingegen wird kaum zu übersehen sein. Geplant ist, ihn auf das Ende eines 30 Meter langen Gleises zu setzen, das von der Straße über den Radweg bis auf den Acker von Georg Reitsberger führt, der ihn zu diesem Zweck zur Verfügung stellt. Sobald die Witterung es zulässt, wollen die Eisenbahnfreunde mit dem Bau beginnen. „Die Schienen liegen bereits in Feldkirchen“, so Klaus Hugo, zweiter Vorsitzender der Eisenbahnfreunde und Koordinator des Projekts. Eine Schiene ist normalerweise 20 Meter lang. „Wir werden sie aber teilen, um sie besser transportieren zu können, und sie dann wieder zusammenschweißen“, erklärt Hugo. Ein Meter Schiene wiegt 50 Kilogramm, das bedeutet eine Tonne Gewicht pro Teil. Dank spezieller Tragegurte könne das Gewicht aber gleichmäßig auf die Träger verteilt werden, so dass auch Jugendliche mit anpacken könnten.

Voraussichtlich Anfang Juni könnte dann der Eisenbahnwaggon an Ort und Stelle platziert werden. Die Überführung dürfte ein Spektakel werden: Er wird auf Schienen bis Heimstetten gezogen, von dort geht es mit einem Tieflader über Parsdorf nach Baldham, wo er per Kran auf das Gleis gesetzt wird. Derzeit sind die beiden Vereine damit beschäftigt, das Innenleben des Waggons vorzubereiten. Jugendliche der Eisenbahnfreunde werden ein Modell der Trassenführung nachbauen, es gibt ein Tagebuch der Arbeiter, das bereits übersetzt wurde, und die Recherche nach weiterem Informationsmaterial läuft.

„Wir können jede Unterstützung gebrauchen“, sagt Hugo. Vor allem für die Verlegung des Gleises werden noch tatkräftige Helfer gesucht. Sie werden gebeten, sich per E-Mail unter in fo@eisenbahnfreunde-vaterstetten.de zu melden oder über das Kontaktformular auf der Homepage www.eisenbahn freunde-vaterstetten.de.

Die Errichtung der Gedenkstätte ist nur eine von vielen Aktionen, die 2013 auf dem Programm der Eisenbahnfreunde stehen. Geplant ist außerdem, sich an Ausstellungen zu beteiligen, Vorträge zu organisieren und einen Stammtisch zu gründen, bei dem sich Eisenbahnbegeisterte austauschen können. Derzeit hat der Verein 33 Mitglieder, darunter 21 Jugendliche. Neue Mitglieder sind jederzeit willkommen. Von Sybille Föll

Artikel vom 04.04.2013
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